Vorträge | Jahrbuch 2001
Die Rolle des Mennonitischen Zentralkomitees (MCC) in den Konflikten der
Mennonitenkolonien in Paraguay
Peter P. Klassen
(1)
Die Entstehung des MCC
Das Mennonitische Zentralkomitee ist in Nordamerika in direktem Zusammenhang mit den Russlandmennoniten
gegründet worden, und gerade für sie hat es rückblickend über viele Jahrzehnte auch die größte Bedeutung gehabt. Nach dem
Ersten Weltkrieg folgte für diese mennonitische Gruppe eine Krise nach der andern, und jedesmal war es das MCC, das sich
helfend, beratend und steuernd für sie einsetzte.
Noch tobte der Bürgerkrieg in Russland, noch rauchten die Trümmer der von den Banden zerstörten Dörfer, da
versammelten sich Ende 1919 Vertreter aus vielen Dörfern in Rückenau in der Kolonie Molotschna. Man suchte nach einem Ausweg aus
der verzweifelten und hoffnungslosen Lage und dachte an Auswanderung. Nach einigen Beratungen wurde eine
Studienkommission" gewählt mit dem Auftrag, nach Europa und Nordamerika zu reisen, um alle Möglichkeiten zu untersuchen. Dazu
gehörten A. A. Friesen, B. H. Unruh und C. H. Warkentin. Diese Männer kamen zu Beginn des Jahres 1920 über die Krim und
Konstantinopel nach Europa, um Beziehungen zu den Mennoniten in der Schweiz, Holland und Deutschland aufzunehmen. Im Juni
reisten Sie nach New York und stellten die Verbindung zu den Mennoniten in den Vereinigten Staaten und Kanada her. Dann
reiste Unruh zurück nach Deutschland zu seinen Verwandten in der Gegend von Karlsruhe, wo er dann eine feste Position
bezog.
(2)
Angeregt durch die Berichte der Studienkommission versammelten sich am 27. Juli 1920 Vertreter aller mennonitischen
Hilfsorganisationen Nordamerikas in Elkhart, Indiana, um nach Möglichkeiten für eine wirksame Hilfe für die Glaubensgenossen
in Russland zu suchen. Hier beschlossen die Delegierten, ein Mennonitisches Zentralkomitee zu gründen (Mennonite
Central Committee - MCC), und es trat sofort in Aktion.
Der Bürgerkrieg in Russland war noch nicht beendet und der Ausgang ungewiss, da machten sich schon die ersten Helfer
auf den Weg: Arthur Slagel, Clayton Kratz und Orie O. Miller. Sie kamen bis Konstantinopel und hofften, mit Hilfe des Roten
Kreuzes und amerikanischer diplomatischer Vertretungen in das Krisengebiet zu kommen.
Miller und Kratz fuhren weiter nach Sewastopol. Die Weiße Armee unter Wrangel war gerade im Vormarsch, so dass die
beiden bis Halbstadt in der Molotschna kamen. Von hier aus erreichten sie noch Alexandrowsk bei Chortitza. Sie nahmen
sofort Verbindung zu den mennonitischen Organisationen auf, doch da begann schon der Rückzug der Weißen. Miller fuhr
zurück nach Sewastopol, Kratz wollte nach Halbstadt.
Auf dem Weg dorthin ist er spurlos verschollen. Wahrscheinlich ist er in den Strudel der vorrückenden Roten gekommen.
Dieser erste Vorstoß des MCC war zwar gescheitert, doch in unermüdlichem Einsatz über die diplomatischen Vertretungen
und vielen mühsamen Verhandlungen gelang es den entsandten Vertretern in den folgenden Jahren, eine sehr wirksame Hilfe in
die Sowjetunion zu bringen. Tausende Mennoniten und andere wurden in der Hungersnot, die dem Bürgerkrieg folgte, gerettet.
Das MCC blieb bestehen. Es war zur anerkannten Zentrale der mennonitischen Gemeinden Nordamerikas geworden, und sehr
bald ergaben sich neue Aufgaben.
(3)
Es ist nichts Außergewöhnliches, wenn es bei einer so groß angelegten Hilfsorganisation, an der über Jahre viele
Menschen beteiligt sind, zu Meinungsverschiedenheiten und Reibungen kommt. Verschiedene Interessen treffen aufeinander,
Parteibildungen sind nicht immer zu vermeiden, um Ziele zu erreichen, muss auch Druck ausgeübt werden, Beziehungen zu
anderen, nicht selten politischen Organisationen werden notwendig, und Menschliches und Allzumenschliches spielten in so
einem Organismus dann oft auch eine Rolle mit.
Das war auch im MCC und in seiner Tätigkeit nicht zu vermeiden. Obwohl alles In the Name of Christ" getan werden
sollte, obwohl nur karitativer Zweck das Tun bestimmen sollte, wurde das, was getan wurde, manchmal unterschiedlich
aufgefasst, und dann folgten Spannungen, die wieder nach Lösungen verlangten.
Ein MCC-Vertreter sagte auf einer öffentlichen Versammlung in Fernheim - es könnte 1948 nach der großen Hilfsaktion für
die Flüchtlinge in Deutschland gewesen sein - : Wenn man eine dargebotene Hand ablehnt, dann könnte man das noch
verstehen, aber wenn man sie auch noch beißt, das schmerzt sehr". Die Empfänger der Hilfe waren mit der Art und Weise, wie sie
ihnen vermittelt werden sollte, nicht einverstanden gewesen, und es war zu Auseinandersetzungen gekommen.
In dieser Darstellung soll der Versuch gemacht werden, objektiv über die Aktionen des MCC in Zusammenhang mit
den Russlandmennoniten, vornehmlich mit den Gruppen, die durch seine Vermittlung nach Paraguay kamen, zu berichten.
Dabei geht es vor allem um den Einfluss und die Nachwirkungen, die diese Aktionen für die Entwicklung der Mennonitenkolonien
in Paraguay hatten.
Die Flucht 1929 und die Entscheidung für Paraguay
Die Wirksamkeit der Studienkommission führte in den Jahren 1923 bis 1926 dazu, dass etwa 20 000 Mennoniten, vor allem
aus Südrussland, die Sowjetunion verließen und nach Kanada
auswanderten.
(4) Der größere Teil blieb auch nach den
schweren Schicksalsschlägen noch in der lieb gewordenen Heimat in der Hoffnung, dass es wieder besser werden würde. Der Plan
der Neuen Ökonomischen Politik" (NEP) der Sowjetregierung, die vor allem dem Bauerntum eine Atempause gewährte,
schien diese Erwartung zu erfüllen. Dann folgte 1928 der erste Fünfjahresplan Stalins, und bereits im Lauf des Jahre 1929 wurde
klar, dass die Kollektivierung und Entkulakisierung das weitere Leben der Landbevölkerung der Sowjetunion bestimmen würde.
Die Folge davon war der spontane Aufbruch von etwa 14 000 deutschstämmigen Bauern aus allen Teilen Russlands im
Oktober und November 1929 in der Hoffnung, dass ihnen die Ausreise gewährt würde, die meisten von ihnen Mennoniten. Von
diesen kamen dann knapp 6000 nach
Deutschland.
(5)
Für die in den Flüchtlingslagern Hammerstein, Prenzlau und Mölln untergebrachten Flüchtlinge musste dann fieberhaft
nach einer Möglichkeit für die Weiterbeförderung gesucht werden, denn es war von vorne herein klar, dass sie nicht in
Deutschland bleiben konnten. Deutschland hatte nach vielen diplomatischen Verhandlungen nur Asyl gewährt. Die Studienkommission
war immer noch am Werk, B. H. Unruh in Deutschland, die anderen in Kanada, und auch das MCC war informiert und beauftragt.
Doch es war sehr schwierig, und das diplomatische Gerangel, das schon die Ausreise aus der Sowjetunion so erschwert
hatte, fand nun seine Fortsetzung. Wohin mit den
Flüchtlingen?
(6) Kanada, das eigentliche Ziel aller, erschwerte die
Einwanderung durch strikte Bedingungen, so dass nur wenige die Gesundheitskontrolle bestanden. Kanada ist zugeschlossen und
der Schlüssel abgebrochen", hieß es enttäuscht in den Lagern. Zudem lag die Notwendigkeit vor, eine Lösung für die ganze
Gruppe mit allen Alten und Kranken zu finden, und dafür gab es in Kanada und auch in andern in Betracht gezogenen Ländern
keine Möglichkeit.
Da öffnete sich ein Ausweg. Die Hanseatische Kolonisationsgesellschaft", ein deutsches Siedlungsunternehmen in
Hamburg, hatte die deutsche Regierung schon im November 1929 auf die Möglichkeit hingewiesen, dass sie bereit wäre, ihr
Siedlungsgebiet in Santa Catarina, Brasilien, für geflüchtete Deutschrussen zu öffnen. Das Angebot war günstig, und als alle Flüchtlinge
aus Moskau in Deutschland waren, drängte die Regierung B. H. Unruh, diese Lösung für das Problem zu akzeptieren. Auch
Unruh sah hier eine Möglichkeit, doch die Sache hatte einen Haken. In Brasilien galt die allgemeine Wehrpflicht, und es gab
kein Privilegium.
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Unruh saß zwischen zwei Stühlen, und das bereitete ihm schlaflose Nächte. Einerseits drängte die deutsche Regierung,
und andererseits wusste er, dass das MCC die Frage der Wehrlosigkeit in die Waagschale werfen würde. Und so kam es auch.
Die Verhandlungen mit der HKG waren angelaufen, von den Flüchtlingen meldeten sich viele für Brasilien, und ein
erster Transport von 179 Personen verließ bereits am 16. Januar 1930 Hamburg. Da traf ein Telegramm von Harold S. Bender aus
den USA ein, das eindeutig die Stellung des MCC bekundete: ...send lutherans to Brazil, but not mennonites...".
Unruh verstand und war verzweifelt. Ich fürchte", schrieb er an Bender, dass die deutsche Regierung uns den Stuhl vor die
Tür setzt, wenn wir mit halb ausgetragenen Projekten ihre Aktion (Brasilien) unterbrechen..." .
Er hatte recht. Die deutsche Regierung war tatsächlich unwillig; denn noch gab es keinen anderen Ausweg für die
Flüchtlinge als Brasilien. Inzwischen hatte das MCC aber Paraguay stark ins Blickfeld gerückt. Dort siedelten bereits Mennoniten im
Chaco, dort gab es seit 1921 ein Privilegium, das die Befreiung vom Wehrdienst sicherte. Die paraguayische Regierung telegrafierte,
als Unruh hundert Mark für ein Telegramm bei der paraguayischen Botschaft hinterlegte, dass alle Mennoniten willkommen
seien. Gemeint war der Chaco als Siedlungsgebiet.
Im Februar 1930 kam Bender nach Deutschland, und er bereiste mit Unruh die Flüchtlingslager, um für Paraguay zu werben.
Das verursachte viel Unruhe; denn manche Familien, die sich schon für Brasilien entschieden hatten, meldeten sich nun für
Paraguay. Schließlich gab auch die deutsche Regierung ihr Einverständnis für diesen neuen Plan und auch die Zustimmung,
die Reisekosten bis zum Einwanderungshafen zu übernehmen, wie sie es auch für Brasilien zugesagt hatte.
Unter dem Einfluss des MCC kamen so im Lauf des Jahres 1930 1572 Personen nach Paraguay, und sie gründeten hier
die Kolonie Fernheim. Nach Brasilien gingen 1244 Personen. Etwa 1000 hatten die Möglichkeit gefunden, nach Kanada zu
kommen.
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In der vom MCC bewerkstelligten Gründung der Mennonitenkolonie Fernheim klafft ein merkwürdiger Zwiespalt, den damals
- 1930 - aber wohl kaum jemand als solchen empfunden hat. Es ging einerseits um die Wehrlosigkeit und wohl auch um
das konsequente täuferische Leitmotiv", das Harold S. Bender selbst so eindringlich in die Täufertheologie eingebracht
hatte: Konsequente Absonderung vom Staat und von der Welt, konsequente Hinwendung zur reinen Glaubensgemeinde im Sinn
der ersten Täufer des 16. Jahrhunderts.
Andererseits zogen die mennonitischen Flüchtlinge unter dem starken Einfluss des MCC, vor allem Benders, in den Chaco
mit dem festen Ziel, hier noch einmal eine selbstverwaltete Kolonie wie in Russland zu gründen, und Harold S. Bender gab
seinen Segen dazu. In den ersten Septembertagen des Jahres 1930 - die Flüchtlingsgruppen aus Deutschland waren bereits
zum größten Teil im paraguayischen Chaco eingetroffen - gab Bender auf der Mennonitischen Welthilfskonferenz in Danzig
einen ausführlichen Bericht über die Situation, die sich ergeben hatte, und über die weiteren Pläne: Uns schwebt ein
zukünftiger
Mennonitenstaat vor", führte er aus, wo, wenn möglich, sämtliche russische Mennoniten in unbeschränkter Freiheit ihr
Leben und ihre Kultur neu gründen und weiterentwickeln
können".
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Es scheint Bender nicht bewusst geworden zu sein, dass dieser Mennonitenstaat" dann alles das bewerkstelligen musste,
was für das Täufertum nach seiner Theologie so gefährlich war, nämlich alle Funktionen eines Staates zu übernehmen, und
gerade das MCC war es dann später auch, das in die Komplikationen eines solchen Staates verwickelt wurde.
Eine Kooperative im Chaco
Man muss sich vorstellen, dass die Flüchtlinge aus Moskau im Dezember 1929 nach Deutschland kamen und dass schon am
15. März 1930 die erste Gruppe die Reise nach Paraguay antrat. Diese überstürzte Maßnahme war eine Folge der Notsituation,
die das MCC zu lösen versuchte, weil es Brasilien nicht akzeptieren wollte. Am 11. Dezember 1929 waren Vertreter des MCC
in Chicago zusammengekommen, um über die Weiterbeförderung der Flüchtlinge in Deutschland zu beraten, und die
Versammlung beauftragte eine Studienkommission (M. H. Kratz, H. S. Bender und P. C. Hiebert) mit der Aufgabe, eine Lösung zu suchen.
Am 25. Januar schon, also nur einen guten Monat später, lag das Resultat ihrer Bemühungen vor.
Das MCC hatte Beziehungen zur Corporación Paraguaya" aufgenommen, die schon die Einwanderung der Mennoniten
aus Kanada nach Paraguay und alle damit zusammenhängenden Transaktionen bewerkstelligt hatte. Das MCC hatte zu ihr,
wie Bender auf der Konferenz in Danzig betonte, volles Vertrauen. Die Corporación vermittelte den Landkauf im Chaco, und
Bender betonte, dass nicht das MCC den Kaufvertrag mit der Corporación abgeschlossen habe, sondern jeder Familienvater mit
seiner Unterschrift, auf je 40 Hektar Land zum Preis von 20 Dollar pro Hektar. Die ganze Siedlungsgemeinschaft haftete geschlossen
für den Landkauf.
Jede Familie, die nun auf ihrem Land im Chaco angesiedelt war, hatte die Reisekosten, die Kosten für die erste Ausrüstung,
die Kosten für das Land und für die Verpflegung in der ersten Zeit in einem Paket als Schuld übernommen. Alles lag als
gemeinsame Hypothek auf dem Land. Insgesamt waren es 1500 Dollar pro Familie, für damalige Begriffe eine große Summe. Das MCC
hatte für alles die Garantie übernommen.
Das ganze Siedlungsprojekt war der Corporación Paraguaya übergeben worden. Sie sollte das Land aussuchen, die
Dorfplätze festlegen, Wege durch den Busch schlagen, für jedes Dorf zwei Süßwasserbrunnen graben, in jedem Dorf ein Gemeindehaus
für die erste Unterkunft bauen, jedes Dorf mit eingezäunter Weide versehen, für jede Familie einen Acre Land reinigen und
pflügen und für jede Familie zwei Ochsen und zwei Kühe
zähmen.
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Als die erste Gruppe am 16. April 1930 auf dem Corporationskamp" (heute Trebol) ankam, fand sie dort einen Brunnen
und einen halbfertigen Lagerraum vor. Das war alles, was an Vorbereitungen getroffen worden war. Die von der Corporación
beauftragten Herren, zuerst Langer und dann Noren, erwiesen sich als korrupt und für jede weitere Aktivität nur hinderlich. In
dieser zusätzlichen Not war der vom MCC beauftragte Nordamerikaner G. G. Hiebert das Rettungsseil. Er leitete das ganze
Unbehagen der Siedler weiter nach Akron, dem Sitz des MCC in Nordamerika, und am 12. Mai 1930 drahtete Bender: Seid getrost,
Komitee schützt Euch, wird alles verbessern, unabhängige Kooperative soll aufgerichtet werden", und P. C. Hiebert tröstete:
Eure Kämpfe sind unsere Kämpfe; Euer Schmerz ist unser Schmerz; Eure Freude und Euer Erfolg sind unsere Freude und
unser Erfolg". Im Januar 1931 schrieb Bender: Die Kolonie soll selbständig werden und eigene Geschäfte führen... Das MCC wird
das notwendige Kapital zur Verfügung
stellen".
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Die Aktion konnte anlaufen. Auf einer Delegiertensitzung am 13. Mai 1931 auf dem Korporationskamp wurde zuerst einmal
ein Handelskomitee" gegründet, das den Auftrag erhielt, jegliche Handels- und Absatzoperationen zu vollziehen". Zwei
Vertreter fuhren zusammen mit G. G. Hiebert nach Asunción, um den ersten Einkauf zu machen. Hiebert schickte an Miller in den USA
ein Telegramm: Um einer Panik vorzubeugen, schickt sofort 5000.- Dollar". Das Geld kam, und man konnte darangehen,
eine Genossenschaft zu gründen.
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Das MCC schickte Orie O. Miller in den Chaco, um zu beraten und zu helfen. Er schrieb darüber viele Jahre später im
Gospel Herald" (Mai 1946): Ich wußte 1931 nichts von einer Kooperative, doch an einem Nachmittag gründete ich mit einigen
Führern eine Kooperative, die heute als Fernheimer Kooperative bekannt ist. Und wenn ich jetzt auf die 15 Jahre zurückschaue, bin
ich davon überzeugt, dass sie nicht durchgehalten hätten, wenn sie es nicht in christlichem Geist gemacht
hätten".
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Diese aus der Not mit der Hilfe des MCC geborene Genossenschaft stand dann später Modell für die kooperativen
Zusammenschlüsse auch in den anderen Mennonitenkolonien Paraguays.
Sein oder Nichtsein
Über die Härte des Existenzkampfes der ersten beiden Siedlungen im Chaco, Menno und Fernheim, in den ersten Jahren
der Ansiedlung kann man sich heute kaum eine Vorstellung machen. Die Kolonie Menno war in dem Sinn etwas günstiger dran,
dass die Einwanderer aus Kanada meist etwas Kapital mitgebracht hatten. Zudem waren die Motive für ihre Wahl des Chaco
andere gewesen als die der Fernheimer.
In Fernheim, wo die Siedler völlig verarmt und ohne irgendwelche Mittel angekommen waren, führte die Härte der Lage von
einer Krise in die andere, die sich dann in Abwanderungsbewegungen niederschlugen. Einen ersten Umsiedlungsversuch in
das östliche Paraguay unterband das MCC. Auf eine Umfrage des ersten Kolonieamtes in allen Dörfern im Oktober 1930
beschloss es, die Delegierten Gerhard Isaak und Kornelius Lagemann nach Ostparaguay zu schicken, um nach besseren
Siedlungsmöglichkeiten zu suchen. Im Februar 1931 machten sie ihre Studienreise. Als die beiden Männer nach einem Monat
zurückkehrten, war bereits klar, dass es keine Umsiedlung geben würde. Das MCC hatte erklärt, dass es keine zweite Ansiedlung
finanzieren könne. G. G. Hiebert, der MCC-Vertreter in Fernheim, bezeichnete Langemann, der an dem Umsiedlungsplan festhalten wollte,
als Aufwiegler und Kommunist.
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In den Jahren bis 1936 war die Abwanderung latent, doch es bröckelte ständig. 1936 kam eine Rückwanderungsbewegung
in Gang, die Heinrich Hajo Schröder in Deutschland angeregt hatte. Sein Traum war, eine Friesenkolonie zu gründen, und
bald hatten sich in Fernheim 60 Familien gemeldet. Warnungen von Professor Unruh und der deutschen Botschaft machten
dem Traum dann bald ein Ende.
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In einem Brief des Oberschulzen Jakob Siemens an Walter Quiring vom 5. 10. 1937 werden für die Jahre von 1931 bis 1937
fünfzig Familien angegeben, die die Kolonie verließen. Das Eigenartige daran war, dass diese Familien eigentlich gar nicht
hätten abwandern dürfen. Dass es nicht mehr waren, lag einmal an dem Mangel an Mitteln für so ein Unternehmen, zum andern
aber auch an strikten Beschränkungen, die die Kolonieverwaltung auferlegen musste.
Das größte Hindernis war die vierfache Schuld, für die jeder Familienvater seine Unterschrift gegeben hatte. Die
Hafenbehörde in Puerto Casado hatte Anweisung, niemandem eine Schiffskarte zu verkaufen, der nicht eine schriftliche Erlaubnis vom
Kolonieamt hatte. Diese Situation steigerte den internen Druck und verursachte Spannungen, die sich im Lauf der Jahre
steigerten. Bis 1937 war noch nicht ein Dollar der Schulden zurückgezahlt worden, da die schwachen Ernten kaum zur Deckung
des Unterhalts der Familie genügten.
Das MCC war als Garant für die Schulden gehalten, auf Rückzahlung zu drücken. Das wollte es aber nicht mit den
Einzelnen austragen, sondern nur über die Genossenschaft, was gleichbedeutend mit der Kolonieleitung war. Inzwischen hatte
man festgestellt, dass der Landpreis von 20.- Dollar wucherisch hoch gewesen sei. Alles, die Armut, die drückende Schuld, die
man für ungebührlich hoch hielt, und das Gebundensein an seinen Hof erzeugte allmählich Unzufriedenheit und Unwillen, und
die richteten sich zunächst gegen das Kolonieamt und die Kooperative, die die Schuld eintreiben sollten, und schließlich
auch gegen das MCC, in dem man den eigentlichen Gläubiger sah.
Die schweren Wirtschaftsjahre 1935 und 1936 steigerten diese Spannungen. Die Zahl der Abwanderungswilligen wurde
immer größer. Sie organisierten sich, suchten Land in Ostparaguay und kauften schließlich einen Landkomplex bei Rosario.
Das MCC war strikt gegen jede Abwanderungsbewegung. Zu viel war in dieses Siedlungsunternehmen bereits
investiert worden. Um doch noch eine Lösung für die Siedlung herbeizuführen und ihre Existenz zu retten, schickte es ihren Vertreter
Orie O. Miller Anfang 1937 in den Chaco. Er konnte ein Angebot machen. Einer der Hauptaktionäre der Corporación Paraguaya
war gestorben, und die Erben drängten auf eine schnelle Lösung der Landangelegenheit im Chaco. Das MCC war bereit, den
ganzen Landkomplex zu kaufen, und es bot ihn der Kolonie für einen Dollar pro Hektar an. Das entsprach auch dem reellen Landpreis
im Chaco in jener Zeit. Die Corporación Paraguaya hatte ihn willkürlich hochgetrieben, um Geschäfte zu machen, und das
MCC hatte ihn gutgläubig
angenommen.
(16) Jeder Fernheimer Bürger könnte nun 100 Hektar kaufen, bei 15 Jahresraten für 150 Dollar.
Jeder Siedler konnte sich nun neu für den Kauf entscheiden. Wer abwandern wollte, konnte abwandern. Die Reise-
und Verpflegungsschuld konnten die Abwanderer gegen Unterzeichnung eines Schuldscheins in ihre neue Siedlung mitnehmen.
Doch die Spannung war damit nicht gelöst. Die Vertreter des MCC waren der Meinung, dass die Mennoniten in
Paraguay zusammen bleiben sollten. Außerdem bestand die Auffassung, dass die Privilegien nur für den Chaco galten. Nach Miller
kam P. C. Hiebert im Juli 1937 in den Chaco, um den Versuch zu machen, durch die neue Landregelung alle zu bewegen, im Chaco
zu bleiben. In einem Entgegenkommen zum allgemeinen Wohl" machte er das Angebot, auf dem MCC-Komplex neue
Dörfer anzulegen, da die alten ohnehin zu stark belegt waren. Tatsächlich reduzierte dieses Angebot die Zahl der
Abwanderungswilligen von 206 auf 178 Familien.
Doch die Haltung des MCC und die Tätigkeit von P. C. Hiebert, obwohl von gutem Willen beseelt, hatten die Kluft in
Fernheim zwischen den Abwanderern" und den Bleibenden", wie sie sich nannten, noch vertieft. Es war sehr stark zu
ideologischen Deutungen gekommen. P. C. Hiebert brachte diesen Widerstreit, der die Kolonie so tief gespalten hatte, in einem späteren
Bericht zum Ausdruck:
Bald zeigten sich zwei ziemlich deutlich abgegrenzte Gruppen in der Kolonie: Der eine Teil, welcher Gottes Hand in
der ganzen Sache erkannte und glaubte, dass Gott ihnen dieses Land als Asyl angewiesen und sie auf wunderbare
Weise und mit mächtiger Hand aus dem Land der Roten in dieses Land geführt habe. . . , dagegen eine zweite Gruppe,
welche vielleicht weniger auf die Führungen Gottes und auf die ihnen hier gewährten Vorrechte blickte. Sie konnte sich
von Anfang an schwer in die Verhältnisse schicken. Ein Geist der Unruhe, ein Widerwille gegen die allzu strenge
und beschränkende Ordnungsverfassung in der Kolonie, ja gegen die bestehende zentralisierte Autorität hat sich
am lautesten als Abwanderungsmotiv gezeigt. Solches ist wohl der Geist, der sich in der ganzen Welt in diesen Tagen
kund gibt und am grellsten und schärfsten in dem russischen Kommunismus Ausdruck gefunden
hat".(17)
Die Abwanderer fassten dies als schwere Beleidigung auf, und sie nahmen viel Bitterkeit mit in ihre neue Siedlung
Friesland, gegen das MCC und auch gegen Fernheim, die nur sehr langsam abgeklungen ist. Als Harold S. Bender im Januar 1938
nach Friesland kam, ließ er sich hier von dem damaligen Oberschulzen Rempel über die eigentlichen Gründe der
Abwanderung aufklären, und er gab darüber Bericht. Nicht die wirtschaftliche Lage oder das Klima seien es gewesen, sondern die
Unzufriedenheit mit der Kooperative und der Verwaltung in Fernheim. Das MCC hätte sich aber eindeutig auf die Seite der
Bleibenden" gestellt. Wenn die Verhandlungen wegen des Landkaufs einen ehrenvollen Rückzug zugelassen hätten", schrieb Bender,
wäre die ganze Abwanderung noch
zusammengebrochen".
(18)
Am 13. Juli 1938 kam es dann zu einem endgültigen
Landvertrag zwischen dem MCC und Fernheim, nach dem Fernheim
unter günstigen Bedingungen den ganzen Landkomplex übernahm. In dem Vertrag hieß es in Punkt 6: Da die Wahrung des
Mennonitentums ein wesentliches Moment in diesem Vertrag ist, verpflichten sich beide Seiten (MCC und Kolonie), die
Kolonie Fernheim als reinste mennonitische Kolonie mit mennonitischen Grundsätzen aufzubauen und als solche zu
erhalten".
(19)
Es scheint so, dass das MCC hier an den von Bender in Danzig vorgetragenen Traum vom Mennonitenstaat" anknüpfte,
wobei mennonitische Grundsätze und kommunale Selbstverwaltung nicht als Gegensätze empfunden wurden. Niemand hat
damals wahrscheinlich geahnt, wie groß das Spannungsfeld werden sollte, das gerade dieser Landvertrag in sich barg.
Die deutsch-völkische Zeit
Über den Einfluss des Dritten Reiches und der völkischen Idee unter den Mennoniten in Südamerika liegen viel
Aktenmaterial und einige einschlägige Veröffentlichungen vor. Immer ist dabei auch vom MCC die Rede, das von seiner Position her
Einfluss auf die Entwicklung vor allem in der Kolonie Fernheim nahm.
Dafür lagen triftige Gründe vor, und es trafen einige Umstände zusammen. Der Fortbestand der Kolonie Fernheim lag, wie
schon während der Auswanderung der Friesländer, nicht zuletzt auch wegen der unerledigten Schuldenzahlung stark im Interesse
des MCC. In Verbindung mit dem oben erwähnten Landvertrag" war das Interesse des MCC an einer gesunden Entwicklung
der Kolonie Fernheim mit mennonitischen Grundsätzen", wie es hieß, sehr stark. Ein Beispiel: Die Kolonie bekam 1940 in Dr.
John R. Schmidt durch Vermittlung des MCC zum ersten Mal seit ihrer Gründung einen Arzt, der sich systematisch für das
Gesundheitswesen einsetzte.
Hinzu kamen andere zeitbedingte Ursachen, die die Beziehungen des MCC zur Kolonie Fernheim aktivierten. Viele der
nordamerikanischen Mennoniten waren nach dem Ausbruch des Krieges auch wirtschaftlich schnell erstarkt. Sie hatten dann erst
die Depression der dreißiger Jahre richtig überwunden. Das hatte auch das MCC, das von den Spenden der Gemeinden
abhängig war, finanzkräftiger und damit einflussreicher gemacht.
Immer stärker ins Gewicht fiel dann die ideologische Konfrontation, die sich aus dem Aufstieg des Dritten Reiches ergab.
Sie zeigte sich zuerst in Auseinandersetzungen des MCC mit den Mennoniten in Deutschland, vor allem mit seinem engen
Mitarbeiter Professor Benjamin H. Unruh. Die Mennoniten dort sahen in Hitler den Retter des Reiches und das Bollwerk gegen
den gefürchteten Kommunismus, während man in Nordamerika immer stärker die politische Bedrohung erkannte. Auf das
Dreieck der seit der Gründung Fernheims bestehenden Beziehungen Deutschland - Nordamerika - Paraguay blieb das nicht
ohne Einfluss.
Alles zusammen führte mit dem Ausbruch und Fortgang des Zweiten Weltkrieges allmählich auch zu einer Verstärkung
der personellen Präsenz des MCC in Paraguay, beseelt von dem Willen, Einfluss zu nehmen und die Lage der Mennoniten im
Chaco zu verbessern und zu festigen.
Eine der Triebkäfte, die hinter dieser verstärkten Aktivität des MCC in Paraguay steckte, war auch die seit 1939 immer
schwerer ins Gewicht fallende Parteienbildung in Fernheim, über die das MCC laufend informiert wurde. Unter dem Einfluss von Dr.
Fritz Kliewer, der im Mai 1939 mit seiner Frau von seinem Studium in Deutschland zurückgekehrt war, nahm die Bewegung, nach
dem Krieg heim ins Reich" kehren zu wollen, schnell an Umfang zu. Immer noch trieb die wirtschaftliche Not die Siedler an,
nach einem Ausweg zu suchen. Nach dem Protokoll einer Sitzung des Volksbundes in Fernheim vom 26. Mai 1940 hatten bis
dahin rund 240 Familienväter und selbständige Personen das Einbürgerungsgesuch gestellt und damit bekundet, ...sich in die
Volksgemeinschaft des Dritten Reiches
einzuordnen".
(20) Das waren etwa 80 % der Bevölkerung der Kolonie. Die Situation war,
was den Bestand der Kolonie betraf, also noch bedrohlicher als die von 1937 bei der Abwanderung der Friesländer.
Den Völkischen", wie sich die Anhänger dieser Bewegung nannten, stellte sich in langsam stärker werdendem Maße
eine Gruppe von Bewohnern Fernheims entgegen, die an dem traditionellen Mennonitentum, verbunden mit dem Willen, im Chaco
zu bleiben, festhalten wollte. Da eines ihrer Hauptargumente gegen die Völkischen das bedrohte Prinzip der Wehrlosigkeit und
das damit in Gefahr gebrachte Privilegium waren, nannten sie sich die Wehrlosen".
Das MCC schaltete sich ein und nahm sehr bald eindeutig Partei für die Wehrlosen, zum einen, weil es diese Gruppe in
ihrer Stellung zum traditionellen Mennonitentum stärken wollte, zum andern, um die Existenz der Kolonie zu sichern. Ein Brief vom
15. Juli 1940, unterschrieben von P. C. Hiebert, A. Warkentin, Orie O. Miller und Harold S. Bender, brachte das deutlich
zum Ausdruck. Er war an den Oberschulzen, seinen Stellvertreter, an alle Schulzen, den Vorsitzenden der KfK, den Ältesten
der Mennonitengmeinde, den Leiter der Brüdergemeinde und den Leiter der Allianzgemeinde gerichtet. Es heißt dort unter
Berufung auf den Landvertrag" von 1938:
Wir sind durch zuverlässige Berichte über die zeitweiligen Umstände in Fernheim... beunruhigt worden... Ein Teil
der Bürger soll mit den obwaltenden Verhältnissen unzufrieden sein und an eine Rückwanderung nach
Deutschland denken... Wir hören auch, dass Männer in hoher Stellung den Rat geben, die Schulden an das MCC nicht zu
bezahlen, angeblich, um Gelder für die Rückreise nach Deutschland zu sparen. Am meisten beunruhigt uns der Bericht,
dass einzelne, auch in einflussreicher Stellung, gegen die Wehrlosigkeit Stellung genommen haben und dass dies sogar
in der Zentralschule geschehen sein soll, obwohl sämtliche Mennonitengemeinden Fernheims die Wehrlosigkeit
als Lehre der Heiligen Schrift und als ein köstliches Erbe der Väter anerkannt haben... Darum erwarten wir, dass
die bürgerlichen und geistlichen Leiter der Kolonie... gegen alle Bestrebungen Stellung nehmen, welche die
mennonitisch-christlichen Glaubensgrundsätze schwächen und die Stellung der Kolonie als Wahlheimat gefährden. Wir
haben vernommen, dass die den Fernheimern gegebenen Privilegien in Gefahr stehen. Höchste Regierungsstellen
beobachten aufmerksam die Vorgänge in Fernheim... Es ist uns berichtet worden, dass das Vorgehen von Lehrer Dr.
Kliewer Besorgnis über unsere mennonitischen Prinzipien und Unstimmigkeit in der Kolonie verursacht hat. Wenn das
richtig ist, bitten wir dringend, dass Dr. Kliewer als Mann von Bildung und Ehre...sich an den mit der Kolonie
gemachten Vertrag (den Landvertrag) halte... Die Lehrer sind nur Diener der Kolonie, nicht Führer".
Das Schreiben wurde, wie von den Absendern gewünscht, auf einer Kolonieversammlung am 22. Juli 1940 verlesen
und diskutiert. Im Protokoll steht:
Nachdem die einzelnen Punkte eingehend durchgenommen sind, wobei es verschiedene Meinungsäußerungen
gab, wird zusammenfassend gewünscht, dass wir als zwei verschieden denkende Gruppen versuchen könnten, uns
gegenseitig zu tragen und zu dulden. Dieser Wunsch wird durch Abstimmung als Beschluß angenommen".
Es ist bekannt, dass sich die Spannungen in der Kolonie trotz des bekundeten guten Willens im Lauf der Jahre steigerten. Zu
den ideologischen Meinungsverschiedenheiten kamen gesellschaftliche und wirtschaftliche, die sehr tief im Wesen einer
Mennonitenkolonie verankert waren, und gerade sie wurden dann zum Auslöser der Ausschreitungen am 11. März 1944.
Das MCC blieb während der ganzen Zeit in engem Kontakt mit der Kolonie Fernheim, und es war über alle Ereignisse
gut informiert, was eine umfangreiche Korrespondenz von offizieller und privater Seite
beweist.
(21) Es war in der Lage, seinen Arbeiterstab in Paraguay zu erweitern und schließlich in Asunción eine Zentrale zu gründen, aus der später das
Mennonitenheim entstand.
Die Entwicklung der Kriegslage begünstigte auch die Position der MCC-Arbeiter, die Staatsbürger der USA waren.
Paraguay hatte 1943 unter dem Druck der USA seine diplomatischen Beziehungen zu den Achsenmächten abgebrochen. Wenn
die meisten der MCC-Arbeiter sich auch dagegen wehrten, mit in die politische Verantwortung einbezogen zu werden, war es für
sie doch schwierig, sich vollkommen herauszuhalten. Die Entwicklung des Krieges beurteilten sie selbstverständlich vom
Standpunkt der Alliierten aus, womit sie mit dem größten Teil der Bürger Fernheims, die auf den Sieg Deutschlands hofften,
kollidierten.
Willard H. Smith, der im März 1944 als erster den Posten eines MCC-Direktors in Asunción antrat, berichtete später, dass
die MCC-Vertreter schon zwei Tage nach ihrer Ankunft in die US-Gesandtschaft gerufen wurden, um Anweisungen entgegenzunehmen.
Smith versprach dort, die Lage in Fernheim zu untersuchen und der Gesandtschaft dann zu
berichten.
(22) Berichte von MCC-Vertretern über die Lage in Fernheim für ihre Zentrale in den USA wurden vom US-Geheimdienst
abgefangen und ausgewertet. In diesen Berichten wurden alle Vorgänge in der Kolonie mit Nennung von Namen geschildert, so dass
die Gesandtschaft in Asunción gut informiert
war.
(23)
Die im März 1944 kulminierenden Spannungen in Fernheim waren, nach dem Ablauf der Ereignisse zu urteilen, eigentlich
eine Auseinandersetzung zwischen Genossenschaft und
Privathandel.
(24) Es war aber bei der Verzahnung der Ereignisse mit
dem Gesamtgeschehen in der völkischen Zeit, wo noch Spannungen zwischen Kliewer und einer Gruppe von jungen
Männern hinzukamen, schwierig, die Vorgänge am 11. März isoliert zu betrachten. Schwierig war es auch deshalb, weil die meisten
jener Bürger, die sich für die Genossenschaft und das Kolonieamt einsetzten, gleichzeitig auch zur völkischen Gruppe
gehörten. Schon damals und auch nachher in der Geschichtsschreibung herrschte die starke Tendenz vor, die Ausschreitungen
als Höhepunkt der völkischen Tätigkeit zu sehen. In diesem Sinn hatten sich auch die Vertreter des MCC eingeschaltet.
Am 21. Mai 1944 traf eine Delegation von Vertretern der amerikanischen Gesandtschaft in Begleitung von Vertretern der
paraguayischen Miltitärbehörde aus López de Filipis (heute Mcal Estigarribia) in Filadelfia ein und überbrachte den
Ausweisungsbefehl für Julius Legiehn, den Oberschulzen und Dr. Fritz Kliewer, den Leiter der Zentralschule. Sie stiegen bei den
amerikanischen Ärzten ab, von wo aus sie ihre Mission ausführten.
Dieser Vorgang stand unmittelbar in Verbindung mit den Geschehnissen im März. Dr. Gerhard S. Klassen, seit einigen
Monaten ein vom MCC entsandter Zahnarzt in der Kolonie, hatte auf der Koloniesitzung am 14. März, die den Vorgängen am 11.
folgte, kategorisch gefordert, dass die beiden oben genannten Männer die Kolonie verlassen sollten und betont, dass er seine
Forderung im Namen des MCC und seiner Regierung
stelle.
(25) Die beiden vom MCC vermittelten amerikanischen Ärzte in
Filadelfia waren in der Nacht vom 11. zum 12. März von den durch den Übergriff betroffenen Personen um Hilfe gebeten worden. Sie
hatten sich noch in derselben Nacht eingeschaltet, und Dr. Klassen hatte darauf das Militär von Isla Poí gerufen.
Dieser Eingriff von außen her, durch den zwei Familien in die Verbannung geschickt wurden, löste in der Kolonie
Betroffenheit auf der einen Seite und zum Teil auch Genugtuung bei den andern aus. Es ist verständlich, dass dieser Vorgang
unmittelbar darauf und auch später bei jeder Geschichtsschreibung zu Interpretationen über die Rolle des MCC Anlass gab. Immerhin
war von einem MCC-Vertreter Militär in die Kolonie gerufen worden, und auch die Einschaltung einer politischen Macht hatte
er veranlasst.
Die unmittelbar durch diesen politischen Eingriff Betroffenen verteidigten sich in Briefen an das MCC. Beide, Kliewer
und Legiehn, waren von den amerikanischen Ärzten beschuldigt worden, die Ausschreitungen ausgelöst zu haben. Beide
betonten nun, dass sie mit den Vorgängen am 11. März nichts zu tun hätten, und sie verurteilten die tätlichen Ausschreitungen.
Fritz Kliewer schrieb am 10. Oktober 1944 an das MCC: Dr. Klassen und Dr. Schmidt, die Vertreter des MCC, haben mich mit
den Vorfällen am 11. März belastet und daraufhin meine Ausweisung aus der Kolonie verlangt... Es handelte sich dabei aber
um persönliche und wirtschaftliche Dinge, die Abram Martens (ein Privathändler) und seine Anhänger mit der Verwaltung
der Kooperative austrugen". In seinem Brief an die gleiche Adresse vom 10. Juli 1944 heißt es: Das MCC hat immer behauptet,
dass es eine unpolitische Organisation sei. Dieses Prinzip haben die MCC-Vertreter in Fernheim mißachtet, indem sie sich
ganz bewußt in den Dienst einer politischen Macht stellten". Auf einer Abschiedskonferenz des Lehrervereins am 18. März, auf
der Kliewer den Vorwurf des MCC in gleicher Weise zurückgewiesen hatte wie in seinen Briefen, fügte er hinzu: Vom
pädagogischen und gesetzlichen Standpunkt müssen die Ereignisse vom Sonnabend, dem 11. März, verurteilt werden".
Julius Legiehn schrieb an Orie O. Miller am 11. Juli 1944:
Ich weiß, dass Sie an der Tatsache nichts ändern können. Wir wissen heute ganz genau, dass unsere
Ausweisung nicht durch die paraguayischen Behörden verursacht wurde, wie dies gerne gewisse Leute in Fernheim und auch
einige Vertreter des MCC wahrhaben möchten; unsere Ausweisung geschah auf Druck der amerikanischen
Gesandtschaft, und dieser wieder wurde das Material von Dr. Klassen zugeleitet, der MCC-Arbeiter ist... Dr. Klassen hat längere
Zeit nach einem Vorwand gesucht, Dr. Kliewer und mich aus Fernheim zu entfernen. Die Vorfälle am 11. März waren ihm
dafür ein willkommener Anlaß".
Gerhard Ratzlaff schrieb 1974 in seiner Thesis nach dem Hinweis, dass die MCC-Arbeiter, bevor sie in die Kolonie kamen,
die amerikanische Botschaft passieren mussten: Absichtlich oder unabsichtlich wurden sie so in die politische Maschinerie
ihres Staates verwickelt", und in Bezug auf Dr. Klassen: Er war beauftragt, Dr. Kliewer aus der Kolonie zu
entfernen".
(26)
Dagegen wurde das gleiche Geschehen von der damals bereits stark gewordenen Gegenseite allgemein so interpretiert, dass
die Vorgänge am 11. und 12. März 1944 die Kulmination der völkischen Bewegung in der Kolonie gewesen sei, und in diesem
Sinn empfand man das Vorgehen des MCC als eine Hilfe in der schwierigen Lage. Dr. Gerhard S. Klassen selbst schrieb in einem
ersten Bericht nach den Vorfällen an das MCC am 17. März 1944: Allgemein wurde eingesehen, dass dies die schmutzige Arbeit
des Voksbundes war". Er schreibt, dass eine Reihe von bedeutenden Männern in der Kolonie zu ihm gekommen seien, um sich
für das, war er getan habe, zu bedanken. Sie waren der Meinung, dass er dadurch, dass er das Militär rief, Schlimmeres
verhütet habe.
Genugtuung äußerte auch Willard H. Smith, der erste MCC-Direktor in Paraguay. Am 27. März 1944, bald nach seiner Ankunft
in Asunción, hatte er dem MCC in Nordamerika berichtet: ...die Gesandtschaft weiß, dass das MCC tut was es kann, um
den Nazimus in der Kolonie zu bekämpfen". Er machte im April 1944 einen ersten Besuch in Fernheim. Darüber schrieb er
nachher: Wir standen vor der Frage, wie wir den Naziführer bewegen könnten, die Kolonie zu verlassen; denn so lange er blieb, war er
ein störenden Faktor. Diese Frage löste sich für uns bald von selbst, als die paraguayische Regierung, die von den Unruhen
in Fernheim wußte, die Nazi-Führer, den Leiter der Schule und das zivile Oberhaupt, aufforderte, die Kolonie zu
verlassen".
(27) Am 29. Mai 1944 schrieb er an die MCC-Zentrale in Akron: Wir sind gespannt, wie die Reaktion in der Kolonie sein wird, da
nun auch Legiehn gehen mußte. Wir hoffen und beten zu Gott, dass alles so geregelt werden könnte, dass seine Sache nicht leidet".
Die obige Interpretation der Vorgänge fand ihre Bestätigung dann auch in dem Buch von John D. Unruh In the Name of
Christ" 1952. Er schreibt in Bezug auf Fritz Kliewer:
Als Resultat seiner Agitation kam es zu einer ernstlichen Trennung in der Kolonie, die im Sommer 1944 in
einen offenen Konflikt auslief... Während der schlimmsten Unruhen, wo zu befürchten war, dass dieser Putsch die
ganze Kolonie in ein typisches Nazi-System stürzen würde, informierte Dr. G. S. Klassen das Militärkommando in Camacho
(er braucht den ursprünglichen Namen des Ortes Mcal Estigarribia, wahrscheinlich auch in Verwechslung mit der
späteren Aktion durch die amerikanische Gesandtschaft), welches durch eine Polizeiaktion der Kliewer-Bewegung und
dem ganzen Nazi-Bund ein Ende
machte".(28)
Vom MCC in Akron selbst, das in dieser Zeit sicher sehr vielseitige Informationen erhalten hat, ist immer größte
Zurückhaltung gewahrt worden. P. C. Hiebert schrieb am 15. Oktober 1944 an den Ältesten Jakob Isaak in Fernheim:
Was dort in diesem Frühjahr Trauriges vorgekommen ist, bedauern wir mit Euch, und so weit man es bereut,
vergibt und vergißt unser Herr, und darum auch wir. - Wo etliche unserer Vertreter nicht Licht gewesen in ihrem Wandel
unter Euch, das bedauern wir tief. Wie Ihr uns als Komitee habt kennen gelernt, so denken und stehen wir unverwandt
für alles, was das Geistliche fördert und gegen alles, was dasselbe hindern oder schädigen könnte".
Eine weitere Stellungnahme des MCC zu den Vorgängen im März 1944 in Fernheim ist nicht auffindbar.
Als Letzter hat sich John D. Thiesen in seinem Buch Mennonite & Nazi", das 1999 erschien, mit all diesen Fragen in
einer anerkennenswerten Ausführlichkeit und Sachlichkeit auseinandergesetzt. Dabei hat er auch die Rolle des MCC in dem
Fernheimer Konflikt untersucht, und er kommt zu dem Resultat, dass die Vorwürfe, das MCC habe sich während des Krieges
als politisches Werkzeug brauchen lassen, nicht stimme. Dr. Gerhard S. Klassen, der immer als Hauptakteur genannt wird, habe
im März 1944 in eigener Regie
gehandelt.
(29)
Auf den Hinweis, dass sich Dr. Klassen bei seiner Forderung zur Ausweisung der führenden Männer der Kolonie auf
der Bürgerversammlung am 14. März 1944 auf das MCC und seine Regierung berufen habe, schrieb Thiesen in einem Brief vom
16. Juni 1999, dass Klassen wahrscheinlich gelogen habe, um Eindruck zu machen. Alles andere, das Eingreifen der
US-Gesandtschaft mit den Folgen, sei dann erst nach den Ereignissen im März 1944 angelaufen. Mehr könne er aus den Akten nicht
ableiten. Er fügt hinzu, dass es nach seiner Meinung eine Selbstüberschätzung sei, zu meinen, dass die USA, die Krieg mit den
mächtigsten Staaten der Welt führten, sich so sehr für eine kleine Kolonie im Hinterwald des Chaco interessiert hätten.
Alles hinterlässt jedoch den Anschein, dass jene Konflikte, die für Einzelne doch sehr tiefgreifend waren, noch nicht
endgültig geklärt sind. Vielleicht bleibt dies auch eine der vielen ungeklärten Fragen mehr in der Geschichte.
Das MCC hat sich dann nach dem Abklingen der Spannungen in Fernheim und nach der Beendigung des Krieges mit
großer Intensität, seinem eigentlichen Auftrag folgend, eingesetzt. Dabei ging es neben der materiellen und beratenden Hilfe für
die wirtschaftliche Stabilisierung in gewissem Sinn auch um eine Umerziehung durch die Vermittlung von Lehrern aus
Nordamerika für die Zentralschule in Filadelfia und von Predigern für die Gemeinden.
Das war in den nun folgenden Jahren auch nicht so schwierig, weil einer der Hauptgründe für das Anwachsen der
völkischen Bewegung, nämlich die Rückkehr nach Deutschland, durch das Ende des Krieges gegenstandslos geworden war.
Allerdings begann dann sehr bald, in den fünfziger und sechziger Jahren, die große Abwanderung nach Kanada und die
Rückwanderung nach Deutschland, die trotz der Bemühungen des MCC, die wirtschaftliche Lage in den Siedlungen stabilisieren zu helfen,
nur sehr langsam abklang.
Neuland und Volendam
Auch in der für Paraguay letzten Phase der MCC-Tätigkeit war es nicht zu vermeiden, dass sich der christliche Hilfsdienst
auch mit Politik oder besser vielleicht mit Diplomatie verbinden musste. Das jedenfalls wurde bei der groß angelegten Hilfsaktion
des MCC nach dem Sieg der Alliierten über Deutschland für die aus dem Osten geflüchteten Mennoniten deutlich.
Zwei Beispiele: Peter J. Dyck erzählte in Filadelfia 1948 während eines Vortrags über die Tätigkeit für die Flüchtlinge in
Deutschland folgende Episode, um die Schwierigkeiten aufzuzeigen, die sich ihnen als MCC-Arbeiter oft entgegenstellten: Die
gesammelten Flüchtlinge mussten in irgendeiner Stadt untergebracht werden. Das war nur mit Hilfe der amerikanischen
Besatzungsarmee möglich. Das Militär ließ Wohnungen räumen, damit die Flüchtlinge einziehen konnten. Händeringend baten uns
die Bewohner", erzählte Dyck, ihnen doch ihre Wohnung zu lassen, aber was sollten wir tun"?
Eine andere Episode, die sich ergab, als die Ausreisegenehmigung für die Flüchtlinge nach Paraguay von der
Militärverwaltung der Alliierten erteilt werden sollte, erzählt Peter Derksen, ehemaliger Oberschulze von Neuland:
Alle mußten von einer politischen Kommission, zu der auch Russen gehörten, geprüft werden. Sehr vorsichtig
und indirekt machten die MCC-Vertreter darauf aufmerksam, dass wir Russland nicht freiwillig verlassen hätten,
sondern von den Deutschen gewaltsam verschleppt worden seien, dass wir in Deutschland nicht verpflegt und auch
nicht eingebürgert worden seien, dass niemand von uns bei der deutschen Wehrmacht, geschweige denn bei der SS
gewesen sei... Wir haben alle Fragen so beantwortet, wie es zur Auswanderung notwendig war. Alle wußten, dass es
Lügen waren, und doch ging es
reibungslos..."(30)
Doch am eindrucksvollsten bleibt wohl der von Peter und Elfrieda Dyck selbst geschilderte Vorgang bei der Ausreise
der Berliner Gruppe durch den Sowjetsektor nach Bremen, wo sie das wartende Schiff Volendam" besteigen konnte. Er ist
ein Wunder Gottes genannt worden, und das bleibt er auch, wenn man erfährt, mit welcher Zähigkeit und mit welch
diplomatischem Geschick Dyck mit dem in Berlin kommandierenden amerikanischen General Clay und dieser wieder mit dem russischen
Marschall Sokolowski verhandelte, um das Unternehmen Mennonit" möglich zu machen. Am 1. Februar 1947 fuhr der Zug mit
den Flüchtlingen ungehindert durch den sowjetischen Sektor nach
Bremen.
(31)
Doch auch mit den Geretteten gab es unvorhergesehene Probleme. Als die erste Gruppe der Flüchtlinge auf dem Weg
nach Paraguay in Buenos Aires in einem Lager warten musste, weil in Paraguay ein Bürgerkrieg ausgebrochen war, wurde
die Stimmung unter den Wartenden immer schlechter. Das Gerücht verbreitete sich schnell, dass sie vom MCC zwangsweise in
die Grüne Hölle" des Chaco gebracht werden sollten. Als die Weiterfahrt dann möglich wurde, meuterten 135 Personen. Trotz
aller Überzeugungsversuche, auch mit dem Hinweis, in welch prekäre Lage sie, die aus höchster Not Geretteten, das MCC
brächten, waren sie nicht zu überzeugen. Sie blieben in Buenos
Aires.
(32)
Auch der weitere Verlauf der Ansiedlung dieser Flüchtlinge verlief nicht reibungslos. Das MCC wollte alle, wohl dem
Grundsatz Benders vom Mennonitenstaat im Chaco getreu, in den Chaco bringen. Doch die Einwanderer hatten die schlechte
Stimmung vom Lager in Buenos Aires mit nach Asunción gebracht. C. A. DeFehr, einer der Betreuer vom MCC, musste
schließlich zugeben, dass niemand gegen seinen Willen in den Chaco gebracht werden würde. So kam es zur Gründung von zwei
neuen Kolonien in Paraguay, Neuland im Chaco und Volendam in Ostparaguay. Hier wie in Buenos Aires konnte die Lage durch
eine einsichtsvolle Großmütigkeit von Seiten der Verantwortlichen des MCC entschärft werden.
Das MCC blieb auch weiter noch über Jahre ein bestimmender Faktor in der Entwicklung der Mennonitenkolonien in
Paraguay, vor allem für die neuen Kolonien. Die Vermittlung des 1-Million-Dollar-Kredites vom Punkt-4-Programm" der USA 1957 war
eine der letzten großen
Hilfsaktionen.
(33) Mit der Gründung des Gemeindekomitees, die vom MCC angeregt wurde, übernahmen
die Mennoniten in Paraguay einen wesentlichen Teil der vom MCC getragenen karitativen Einrichtungen, Beispiel die
Leprastation. Dann zog es sich mehr und mehr zurück, um sich andern Gruppen zuzuwenden, die in größerer Not waren.
Schlussgedanken
Diese Ausführungen zeigen, dass es auch für Christen mit den entschiedensten Grundsätzen sehr oft nicht einfach ist,
die Lösung der Lebensfragen nur nach der Bergpredigt zu finden. Bezogen auf die Mennonitenkolonien in Paraguay ergaben
sich für die Vertreter des MCC zusätzlich Konflikte, die aus einer sehr spezifischen Situation des
Kolonisationsmennonitentums resultierten. Sie haben deren Ursachen damals wahrscheinlich oft selber kaum gemerkt.
Von ihrem Grundkonzept und Gemeindeverständnis her beurteilten die nordamerikanischen Mennoniten ihre russischen
und später die paraguayischen Glaubensgeschwister von der Glaubensgemeinde nach täuferischen Grundsätzen her.
Tatsächlich aber waren diese Gruppen, für die sie sich einsetzten, auch eine ethnische Sippengemeinschaft geworden, eine totale
Gesellschaft mit Getauften und Ungetauften, mit Heiligen und Sündern", wie E. K. Francis es
formulierte
(34), auch mit der
Verantwortung für Ordnung, Recht und Gerechtigkeit. Dies alles hatte Bender mit seinem Konzept vom Mennonitenstaat in Paraguay
noch verstärkt und sanktioniert.
Das MCC hatte es hier mit einer Gesellschaft von Menschen zu tun, die ihre Lebenssituation auch auf bürgerlicher,
wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Ebene regeln musste, wobei sich dann immer wieder verschiedene Interessengruppen
auseinander zu setzten hatten. Die MCC-Vertreter gerieten dabei nicht selten mitten hinein in diese Reibungen, und sie sahen sich
dann gezwungen, auch mit oft sehr menschlichen Mitteln Partei zu ergreifen. Kein Wunder, dass das Urteil über sie dann längst
nicht immer einmütig war, wie die obige geschichtliche Untersuchung beweist.
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Fussnoten:
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|
|
Toews, 1971, S. 41.
|
|
Toews, 1971, S. 42 ff.
|
|
Epp, 1962, S. 202.
|
|
Klassen 1988, S. 75 ff.
|
|
Klassen, 1988, S. 81 ff.
|
|
Klassen, 1995, S. 58 ff.
|
|
Quiring 1938, S. 115.
|
|
Bender, H.S. in Neff, 1930, S. 121 ff.
|
|
Quiring, 1936, S. 18.
|
|
Alle Korrespondenz im Archiv Fernheim.
|
|
Wiens und Klassen, 1955, S. 49.
|
|
Fretz, 1962, S. 154.
|
|
Quiring, 1936, S. 152 f - und Langemann, K., Bericht über die Kundschaftsreise 1931", maschinenschriftlich, (Archiv Fernheim).
|
|
Schröder, 1936, S. 31 ff.
|
|
Hildebrandt, 1945, S. 321.
|
|
Hiebert, 1937, S. 64.
|
|
Bender H. S., Report 1938 (Archiv Fernheim).
|
|
Vertrag im Archiv Fernheim.
|
|
Postma, 1948, S. 81.
|
|
Korrespondenz im Archiv der Kolonie Fernheim.
|
|
Smith, 1950, S. 81 f.
|
|
Ablichtungen von Dokumenten aus dem National Archives, Washington, D.C." im Archiv Fernheim.
|
|
Siehe Klassen, 1990, S. 105 ff.
|
|
Protokoll der Koloniesitzung am 14. März 1944, Archiv Fernheim.
|
|
Ratzlaff, 1974, S. 226.
|
|
Smith, 1950, 81 f.
|
|
Unruh, 1952, S. 223.
|
|
Thiesen, 1999, 211 ff.
|
|
Derksen, 1983, S. 21.
|
|
Dyck, 1994, S. 132.
|
|
Dyck, 1994, S. 160.
|
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|
Francis in: Hershberger, 1963, S. 264.
|