Vorträge | Jahrbuch 2003
Landnutzung in den mennonitischen Kolonien im Chaco
unter dem Blickwinkel der Forst- und Umweltgesetze in Paraguay
Rosali Goerzen (1)
Einführung:
Die Produzenten der mennonitischen Kolonien im zentralen
Chaco befinden sich zur Zeit in einem Anpassungsprozess, in dem die gut
bewährten Produktionstechniken mit den Forderungen der in Paraguay
gültigen Forst- und Umweltgesetze abgestimmt werden. Diesem Prozess haftet
zum Teil etwas Zwanghaftes an, da die Forderungen in Gesetzesform
festgelegt sind. Der Prozess wird auch als „von außen auferlegt"
empfunden, weil die Gesetze ohne Mitwirkung der Chaco-Mennoniten
formuliert wurden. Die Gesetze sollten das Bewusstsein für den
Umweltschutz landesweit fördern und auch konkrete Vorbeugungsmaßnahmen für
nicht rückgängig zu machende Umweltschäden festlegen. Die Formalisierung
der Gesetze führt die Investitionsprojekte in Paraguay durch verschiedene
administrative Phasen, die von den arbeitseifrigen und schaffensfreudigen
Mennoniten als „Bremsstufen" aufgefasst werden. Projekte, die das
Landschaftsbild verändern und die Bodenoberfläche antasten, und
Wegebauprojekte sind am stärksten davon betroffen. Mit weniger Problemen
haben die „Urbanisierungsprojekte" zu rechnen, denn in Paraguay wird
weiterhin nach Finanzbedarf der Landbesitzer durch Aufteilung Land
parzelliert und besiedelt. So kann z.B. eine Fabrik außerhalb der Stadt in
kurzer Zeit, je nach Urbanisierungsdynamik, ein neues Stadtzentrum bilden.
Das wichtigste und grundlegendste Gesetz zur Umweltgestaltung und
Reglementierung der Landnutzung wurde nämlich nicht genehmigt, das
Raumordnungsgesetz (Ordenamiento territorial). Trotzdem wird weiter
investiert und gearbeitet, besonders in den mennonitischen Kolonien im
Chaco.
Mit viel Idealismus fordern die staatlichen Forst- und
Umweltsekretariate heute umweltschonende Maßnahmen bei jedem Investitions-
bzw. Rodungsprojekt. Die Reaktionen der Chaco-Mennoniten auf diese
Forderungen sind sehr verschieden.
Dem wirtschaftlichen Erfolg der mennonitischen Kolonien
werden heute oftmals die „Umweltschäden" gegenüber gestellt. Dies
geschieht nicht unbedingt öffentlich, aber es wird hin und wieder in
Austauschseminaren und Treffpunkten mit staatlichen und privaten
Teilnehmern erwähnt und in verschiedenen Berichten auch zu Papier
gebracht. In der staatlichen Forstabteilung und im Umweltsekretariat wird
behauptet, dass das Modell der mennonitischen Produzenten durch
Erweiterung der Weideflächen mit Rodungen des Busches nicht unbegrenzt
weitergeführt werden kann. Die Tüchtigkeit, der Fleiß und das
Erfolgsdenken der Produzenten wird als zu aggressiv für die fragile
Chacoumwelt angesehen.
Andererseits wird die Umsetzung der chaco-angepassten
Bauernschlauheit bewundert, die eine Wasserwirtschaft für Mensch und Tier
aufgebaut hat und einen wirtschaftlichen Produktionszyklus aufrecht
erhält, der jetzt schon mehr als 70 Jahre anhält.
Die folgenden Ausführungen werden aufzeigen, dass die
Mennoniten schon vor der Zeit der Inkraftsetzung der Forst- und
Umweltgesetze mit Problemen in diesem Bereich zu tun hatten, und dass sie
damit aus eigener Kraft nicht fertig wurden.
A. Die Satellitenbilder - stumme Zeugnisse der
70-jährigen Landnutzung
Das Satellitenbild der mennonitischen Siedlungen im
zentralen Chaco Paraguays zeigt einen großen, hellen Flecken, der sich mit
unregelmäßigen Grenzen deutlich vom restlichen Chacobusch abgrenzt.
Dazu folgende Karten:
Satellitenbild
des Gran Chaco von 1993
Luftaufnahme
eines Teiles der Kol. Fernheim von 1968
Die neueren Aufnahmen von 1997, 1999 und 2002 zeigen
eine Erweiterung dieses Fleckens. Dieses Bildmaterial zeigt unverblümt die
Früchte der mennonitischen Arbeitsamkeit im Laufe der Jahre.
Welche Geschichte beinhaltet bzw. erzählt der große
Flecken? Anhand eines zeitlichen Ablaufes soll in den nächsten Seiten eine
Sammlung von Daten aneinander gereiht werden, die größtenteils aus der
Kolonie Fernheim stammen und keineswegs alle Einzelheiten zum Thema
abdecken werden. Einblicke zum Thema Landnutzung geben die Daten aus
Berichten des Mennoblatts, von Informationsblättern, Protokollen, Gesetzen
und öffentliche Berichten.
a. Die Landnutzung im Existenzkampf bis zur
Konsolidierung der Kolonie (1930 - 1972)
Die Bildung dieses Fleckens begann beim offenen
Bittergras-Kampland, welches als erstes Nutzungsland für die Siedler
eingeteilt wurde. Die Dörfer wurden nach dem Vorbild in Russland
zweireihig angelegt. Die Hofstellen wurden durch Los auf die Familien
verteilt. Jeder Hof hatte je nach Größe des Kampes ca. 5 ha Ackerland. Das
Buschland hielt man vorerst für unbrauchbar. Man lebte in Zelten und übte
den Umgang mit wilden Ochsen und wilden Kühen, die man von Casado
übernommen hatte. Es herrschte Mangel an Lebensmitteln. Die Kühe gaben die
Milch nur nach dem Ansaugen der Kälber ab. Mit einer Tagesproduktion von 1
bis 1,5 lt Milch pro Tag musste eine Familie sich glücklich schätzen.
Brunnen mussten gegraben werden, um Trinkwasser für Mensch und Vieh zu
haben. Die großen und kleinen Bäume und Sträucher wurden mit Handgeräten
beseitigt. Der Boden musste traditionsgemäß „pflugrein" gemacht werden.
Dörferlandschaften entstanden mit baumfreien Straßen, Höfen, Gärten und
Feldern. Den Arbeitseifer kennzeichnete das Motto: „Wir müssen uns den
Verhältnissen anpassen und mit den vorhandenen Kulturen vorwärts kommen"
(P. Klassen, 50 Jahre Fernheim). Man sammelte also eigene Grunderfahrungen
mit Baumwolle, Erdnüssen, Bohnen, Mandioka, Süßkartoffeln, Mais und
Wassermelonen, beobachtete das Chacoklima und die fremde
Chaco-Pflanzenwelt. Aus Dankbarkeit für die Errettung aus Russland
„akzeptierte" man die Chacoumwelt mit allen ihren Widerwärtigkeiten. Man
wohnte in einem Lande des Friedens, wo man seines Glaubens leben konnte.
1931 wurde im Zentrum der Kolonie mit dem Bau des
Industriewerkes begonnen. Hier wurden folgende Dienstleistungen angeboten:
Bauholz sägen mit einer primitiven Kreissäge, später mit einer Gattersäge,
Ölpressen der Erdnüsse und Kafir mahlen. Man nutzte die Hölzer der
Chaco-Baumarten wie Paloblanco, Paratodo, Urundey, gelben und roten
Quebracho, Algarrobo, Tintbaum. Das gesägte Holz wurde in Form von
Brettern, Latten und Balken für den Brunnen-, Haus-, Möbel- und Wagenbau
eingesetzt. Die Kooperative funktionierte als ein Handelskomitee mit einem
Konsumladen. Dieses Komitee übernahm die Koordinierung der Heranschaffung
der notwendigen Lebensmittel und verwaltete auch das wichtige Kapital der
Bauern: Arbeitszeit im gemeinschaftlichen Einsatz zum Aufbau der
Kooperative und anderer gemeinschaftlicher Einrichtungen. Anfänglich ging
es um das Heranholen der Produkte und Waren von der Endstation, später
auch um den Bau von Krankenhaus, Industriewerk, Kooperative. In den
Dörfern wurden in Gemeinschaftsarbeit Zäune gezogen, Straßen gereinigt,
Schulhäuser gebaut, Brunnen gegraben und Vieh gehütet. Für den Betrieb der
Dampfmaschine wurde das Holz von den Bauern aufgekauft.
1933 und 1934 waren die Regenmengen gut, und die
Baumwollerträge ließen Hoffnungen auf bessere Zeiten keimen. 200 Pferde
wurden zur Erleichterung der Bewirtschaftung des Landes gekauft.
Der Fleiß und die Arbeitsbereitschaft der
Mennoniten-Siedler wurde 1934 vom Ministerio de Economía in Paraguay
beschrieben: „...Hütten im Herzen des Chaco ...; ...man sieht sie, Hand am
Pfluge Furchen ziehend als Sendboten des Fortschritts fruchtbare Erde für
die Wirtschaft des Landes erschließen. Edle Früchte sprießen aus ihren
Äckern!"
„Diese Pioniere hatten nicht viel Sinn für die Natur und
ihre Schönheit. Man hat eher den Eindruck, dass sie einen Feind bekämpften
und erst zufrieden waren, wenn der letzte Baum gefallen war und an seiner
Stelle Kulturpflanzen, wenn auch oft kümmerlich, in Reih und Glied
standen"
(2). „In manchen
Dörfern gab es den Beschluss, in Gärten und auf den Straßen auch die
vereinzelt stehen gebliebenen prachtvollen Urundey- und Quebrachobäume zu
fällen, weil sie ein beliebter Sammelplatz für die schädlichen Papageien
und Stärlinge sind. Der erzielte Gewinn scheint jedoch in keinem
Verhältnis zu dem Verlust zu stehen. Auffallend ist die ausserordentliche
wirtschaftliche Tatkraft der Kolonisten mit einer stumpfen
Gleichgültigkeit gegen landschaftliche Schönheit"
(3). „Die Siedler empfanden die Natur als
bedrohender Feind und oft ging man radikal gegen die Vegetation vor"
(4).
1937 übernahm die Kooperative die Landtitel vom MCC und
die heutigen Friesländer siedelten nach Ostparaguay um. Die Hofgrößen
wurden von 40 auf 100 ha erweitert. „In einzelnen Dörfern lagen 1937 schon
große Dünen, die die Straßen sperrten, Obstbaumpflanzungen und Zäune bis
zur halben Höhe verschüttet und sich vor den Häusern gestaut hatten".
(5)
Zwischen 1938 und 1944 wurde die Molkerei eingerichtet,
das Palosantogeschäft wurde in Gang gesetzt, eine Geschäftsfiliale in
Mcal. Estigarribia gegründet und die Viehstation auf Laguna Porá
übernommen. 1940 wurde eine größere Dampfmaschine und ein Dynamo in
Betrieb gesetzt.
1944 wurden das Dorf Landskrone und 1946 die Dörfer
Hohenau und Blumental südlich von Filadelfia auf größeren Kämpen
gegründet. Von 1945 bis 1949 wurde eine Entkernungsanlage für Baumwolle in
Betrieb gesetzt. 1947 wurden die ersten langfristigen Kredite von der
paraguayischen Staatsbank gewährt. Als Garantie standen die schon
erworbenen Ländereien und der Viehbestand.
Bis hierher war die Landnutzung mit ihren Eingriffen in
die Natur auf die Bittergraskämpe beschränkt geblieben. Diese Sandkämpe
dienten als erste Ackerflächen, weil nur das Bittergras entfernt werden
musste, um zu pflügen und Saat einzustreuen. Mit dem Beginn der
Mechanisierung in der Landwirtschaft erweiterte sich die Landnutzung auf
die schluff- und tonhaltigen Buschböden des sogenannten Buschlandes.
1947 wurde die Versuchsstation in Zusammenarbeit mit dem
MCC gegründet. Sie sollte Mittel und Wege finden, um die vielen
Produktionsprobleme der Siedler zu lösen. Sie wurde auf Kampland
aufgebaut. Ziel für die Zukunft blieb die Bepflanzung des Buschlandes mit
Weidegräsern. Die ersten Versuche mit Pflanzenschutzmitteln gegen Ameisen
und Heuschrecken wurden hier durchgeführt. Die Gründung dieser Station
dürfte der Anfang einer planmäßig organisierten Beratung auf dem Land- und
Viehwirtschaftssektor gewesen sein, obzwar sie anfänglich bei vielen
Bauern nur ein freundliches Lächeln hervorrief.
1949 war „das Windtreiben und die Kraftlosigkeit des
Bodens" für Menno Klassen (Versuchsstation) schon ein Beratungsthema. Er
beschrieb damit ein Grundproblem der Kampböden. 1952 wurden Versuche mit
Maschinen im Erdnussanbau durchgeführt, wodurch diese Kultur an Fläche
zunahm.
1953 kam der Bulldozer von Harry Harder USA, im Chaco
zum Einsatz. Gleich im nächsten Jahr traf mit Vern Buller der zweite
Bulldozer ein. Beide Bulldozer wurden hauptsächlich im Wegebau eingesetzt.
Diese Bulldozer zeigten, wie man den Chacobusch „besiegen" konnte und
ließen neue Hoffnung aufkommen.
1955 wurde das 25-jährige Jubiläum gefeiert und die
Landesregierung erkannte, dass die Kolonie die Wüste des Chaco in einen
Garten verwandelt hatte.
Das 1956 eingeführte Büffelgras verwandelte den
gerodeten, lehmigen Buschboden in Weideflächen für die Rinder. Somit wurde
der Chaco-Garten erheblich vergrößert.
Im Mai 1956 liest man im Mennoblatt von Lehrer Heinrich
Ratzlaff, der aus Gesprächen mit den Bauern den Bedarf an größeren Flächen
betonte: „Uns stört der Busch, wir müssen Raum schaffen. Wir brauchen
Maschinen, um bei dem ersten Frühlingsregen recht viel in die Erde bringen
zu können, nicht 10, sondern 50, ja 100 ha müssen wir beackern. Wir
brauchen neue Kulturen, ...wir brauchen Dauerpflanzungen. Wir brauchen
neue Gräser für unser Vieh usw. usw".
Im Dezember 1956 meldete sich im Mennoblatt die
vorausschauende Stimme von E. Oehring (Versuchsstation) zum Windschutz für
die Felder. „Man beabsichtigt ja, mit den neugekauften Maschinen die
Anbauflächen zu vergrößern. Dabei wird das Problem auftauchen, dass man
diese größeren Flächen durch Windschutzstreifen gegen die Nord- und
Südstürme schützen muss, um die Gewalt dieser Stürme zu brechen. ...Die
Schutzstreifen müssen von Ost nach West angelegt werden".
Der Wert des Buschbodens wurde durch das Weidepotenzial
des Büffelgrases erkannt. So wurde der Buschboden für die Dorfsiedler 1960
vermessen und zugeteilt. Dann begannen die ersten mechanisierten und
großflächigen Rodungen des Chacobusches. Weideflächen mit Büffelgras
wurden angelegt, der Futteranbau mit Sorghum wurde erweitert, die Weiden
wurden eingezäunt. Das Büffelgras (Cenchrus ciliaris L.) wurde aufgrund
seiner Trocken- und Frostresistenz die wichtigste Kulturpflanze, und
breitete sich wie ein Flächenbrand aus. Kredite förderten die ersehnte
Erweiterung der Produktionsfläche und die Mechanisierung der Produktion.
So erlebten die kleinen Siedlungspunkte der ersten Jahre
eine flächendeckende Ausbreitung auch außerhalb der zum Teil offenen
Sandkämpe. Die Bildung und Gestaltung des großen Fleckens hatte
angefangen.
1961 war die Ruta Transchaco als Schönwetterstraße bis
Filadelfia fertig. Milchprodukte und Eier wurden auf den Markt in Asunción
gebracht.
Dem Bau der Ruta Transchaco war eine
wirtschaftlich-soziale Studie von amerikanischen Fachleuten
vorausgegangen, die das Produktionspotenzial des paraguayischen Chaco
hervorhob und die Bedeutung der Straße betonte. Die Studie machte die
umstrittene Feststellung, dass die mennonitischen Siedlungen im
fruchtbarsten Teil des zentralen Chaco liegen. Diese Feststellung betrifft
ganz bestimmt den Regosol-Kampboden, welcher von den Mennoniten bis dahin
für die Siedlungsplätze der Dörfer und für den Ackerbau benutzt wurde.
Diese Bodenart ist einmalig im zentralen, paraguayischen Chaco zu finden,
wie es die Bodenkarte vom MAG-BGR, vom Dez 1999 zeigt. Es war jedoch nicht
der besondere Mennoniten-Spürsinn, der diesen Boden als potenzielles
Siedlungsland definierte, sondern Fred Engen und die Tobaindianer im
Mai/Juni 1920 bei der Begegnung mit den Lengua-Indianern. Es war jene
Aktion, die im Telegramm zusammengefasst wurde: „Ich habe das verheißene
Land gefunden". Ein Jahr später wurde die Aussage von den Delegierten der
kanadischen Mennoniten bestätigt. Es schien ein Gebiet zu sein, in dem es
möglich sein würde, im Zeichen des Friedens auch die Entwicklung eines
materiellen Wohlstandes zu erreichen.
Der Erdnussanbau stieg seit 1960 auf über 1.000 ha.
Durch die Mechanisierung und die kostengünstige Ernte wurde immer mehr in
diesen Sektor investiert. Drei neue Dörfer wurden gegründet: Neuwiese im
Westen, Valencia und Molino im Süden. Die eifrigen Bauern hatten jedoch
bald Probleme mit der Monokultur im Erdnussanbau, und die Auswirkungen der
Winderosion kam ins Gerede.
1967 wurde in der Landesverfassung festgelegt, dass der
Staat die Naturressourcen schützen und die Grundlagen für die
Nutzungsordnungen gesetzlich regeln werde.
1968 fotografierten die Amerikaner den Chaco mit
schwarz-weiß Fotos. Die Fotos zeigen die gradlinig eingezäunten Felder in
den Dörfern auf Kampboden, meistens ohne jeglichen Schonstreifen.
Paraíso-Bäume wurden zu jener Zeit an den Dorfstraßen gepflanzt, aber
nicht als Windschutz für die Felder. Große Obstgärten wurden hinter den
Wohnhäusern und vor dem ersten Feld gepflegt. Zwischen den Kämpen und
Dörfern sieht man den Busch. Die Vermessungsschneisen von 1960 durchziehen
den Busch. Die „3 Jeep breiten" Wege aus Vern Bullers Zeit sind klar zu
erkennen.
Im August des Jahres 1968 schickte Agr. Robert Unruh
einen Artikel ans Mennoblatt mit dem Vermerk, dass dieser in mancher
Hinsicht zutreffend für die Chacosituation sei. (In der schweren Dürrezeit
1967 gingen Rinder aus Weide- und Wassermangel ein oder mussten
notverkauft werden.) Er glaubte, „...dass es auch bei uns an einer
Revolution der Landwirtschaft fehlt, besonders bei der Viehzucht und ihrer
Pflege". Der Beitrag aus der „Freien Presse" beschreibt die
jahrzehntelange Holzausbeute der wertvollen Arten des La
Pampa-Territoriums in Argentinien. „Alles übrige wurde an Ort und Stelle
verbrannt. Die Gegend verwandelte sich in eine Wüste, weil niemand sich
die Mühe nahm, neue Bäume zu pflanzen. Landwirte zogen aus. Westwinde
trieben die ausgetrocknete Humusschicht in das nahe Meer. Um dieses zu
ändern, sind ein neues Verantwortungsgefühl und eine neue Einsicht
begleitet mit Krediten notwendig...". Der Artikel sollte Gedanken anregen.
Es folgten dann im Mennoblatt später zwei Artikel zu diesem
Gedankenanstoß.
Im November 1968 schrieb J. Ekkert bedenklich und
vorausschauend über Buschroden im Mennoblatt Nr. 21:
„Die versandeten und verbrannten Böden, die ein
Spielball des Windes geworden sind, drohen auch uns, wenn nicht
rechtzeitig eine entsprechende Planung einsetzt... Und andererseits ist
es notwendig, in den schon bestehenden Rodungen und unter Kultur
genommenen Feldern Vorkehrungen zu treffen, um das Land gegen Sonne und
Wind zu schützen....Planloses, rücksichtsloses Roden der bestehenden
Wälder und ständiges Säen und Ernten, ohne jemals dem Boden etwas
wiederzugeben, das heißt Raubbau und führt zu Erosion des Bodens durch
Sonne und Wind ... Mancher mag denken, dass meine Befürchtungen voreilig
sind; der Chacobusch ist so groß, da können wir noch ohne Bedenken
drauflos walzen. Noch ist viel Busch, das stimmt. Aber zeitige Planung
ist viel leichter durchzuführen als dann, wenn die Situation zu
schnellem Handeln drängt.Verdorbenes ist in diesem Falle kaum gut zu
machen. Sachkundige können uns sagen, wieviel Prozent Buschland stehen
bleiben muss, um in den klimatischen Erscheinungen negative Störungen
vorzubeugen....Eine wirkungsvolle Neuaufforstung scheint mir vorläufig
unmöglich ... Es ist daher ein viel kürzerer Weg zum Ziel, wenn wir von
Anfang an bei Buschrodungen für Weideland die meisten Bäume stehen
lassen....in Menno wurde die Feststellung gemacht, dass die Kühe mehr
Milch geben, wenn sie auf Weide mit vielen Bäumen stehen, im Gegensatz
zu solcher Weide, wo keine Bäume stehen....Auch Fleischlieferung wird
dann größer sein, wenn das Rind Schatten und Weide aneinander finden
kann. Den ganzen Tag der Hitze ausgesetzt zu sein, kostet ungemein viel
Energie...Bäume stehen lassen kostet mehr beim Roden... Das aber ist
einmalig. Den Nutzen aber hat der Eigentümer des Landes zeitlebens. Es
ist auch vorteilhafter, die Weidefläche der Länge nach in
Ost-Westrichtung anzulegen und häufig Waldstreifen stehen zu lassen, die
den Nordwind bremsen... Viel ist gewonnen, wenn wir das Land, das wir
jährlich bebauen, so gut wie möglich gegen Sonnenbrand und Sturm
verteidigen oder schützen. Gefährdet gegen Sonnenbrand sind besonders
die abgeernteten Erdnussfelder, die von jedem Unkraut frei sind...Für
Bermudagras haben wir Bestimmungen, dass der Besitzer dafür
verantwortlich ist, dass des Nachbars Garten nicht mit seinem Nachwuchs
verunreinigt wird. Für Treibsand wäre eine solche Bestimmung genau so
berechtigt..."
Im Dezember 1968 schreibt Franz Wiens im Artikel „Unsere
Felder":
„...Bezüglich des Waldrodens hatte mancher schon
allerlei schwere Gedanken...Darum ist es an der Zeit aufzumerken, wohin
wir mit unserer tollwütigen Roderei kommen und Vorsorge treffen...Wenn
wir in Abständen von 500 m Baumreihen pflanzten, auch quer über unsere
Felder, ...scheint sehr notwendig zu sein. Zudem sind unsere bald 40
Jahre beackerten Kämpe vielerorts stark versandet. Auf diesen durch
Raubbau ausgesaugten Feldern würde nur noch Sisal gedeihen, denn das
vielbeschimpfte Malvakraut wächst ja noch ganz prächtig darauf, nutzt
aber niemandem".
Unter der Spalte „Der landwirtschaftliche Berater"
erschien im Mennoblatt, Januar 1970, Nr. 2 der Artikel „Wasserprobleme im
Chaco" von Dieter Lamprecht. Unter Punkt 1.3 wird das Thema vom Windschutz
ausgeführt.
„...In allen drei Kolonien ist in den vergangenen Jahren eine starke
Zunahme der gerodeten Buschflächen zu verzeichnen. Dies wird nicht ohne
nachteilige Folgen für die Land- und Wasserwirtschaft bleiben, wenn
nicht Maßnahmen für einen Windschutz ergriffen werden. Durch den
ungehinderten Windangriff kommt es zu erheblicher Austrocknung der
obersten Bodenschicht und Erosionsschäden... Die Rodungen dürfen also in
dem bisherigen Tempo nur dann weitergeführt werden, wenn gleichzeitig
Maßnahmen für einen Windschutz ergriffen werden (Anpflanzen und/oder
Stehenlassen von Buschstreifen als Windschutz)".
Das Problem mit dem Windschutz schien zu der Zeit ein
Diskussionsthema zu sein. Die Umweltfaktoren Wind, Wasser, Busch, Boden
waren ins Gerede gekommen.
Am 7. April 1971 wurde auf der Sitzung des Fernheimer
Kolonierates in Punkt 3 über Buschstreifen bei der Rodung Folgendes im
Protokoll vermerkt: „Um die Pflanzungen und die Viehweiden mehr gegen die
Sandstürme und eventuell auch gegen Feuergefahr zu schützen, einigt der
Kolonierat sich, in Zukunft beim Buschroden auf jede 400 - 500 m einen
Buschstreifen von 30 m Breite und zwar in Ost-West-Richtung als Windschutz
stehen zu lassen. Der Oberschulze hat diesbezüglich auch die Verbindung
mit den beiden Nachbarkolonien aufgenommen, ob wir darin einheitlich
vorgehen könnten und wollten". Die Rundschrift an die Dorfschulzen erging
am 13. April 1971.
Wurde diese Verordnung von den Bürgern eingehalten? Ein
Jahr später, am 4. April 1972 wurde auf der Sitzung des Kolonierates in
Punkt 11 vermerkt: „Diese Verordnung wird beim Buschroden nicht
eingehalten, was aber unbedingt erforderlich ist... Man glaubt, dass die
Bulldozerbesitzer bzw. die -arbeiter dafür verantwortlich gemacht werden
sollten und nur unter dieser Voraussetzung Busch roden. Der Oberschulze
wird diesbezüglich mit den Bulldozerunternehmern sprechen". In einer
Rundschrift in der Kolonie: „...die Dorfschulzen gebeten werden, bei der
Durchführung dieser Verordnung behilflich zu sein". Eine Rundschrift
erging am 6. April 1972: „...wo dieser Beschluss nicht Beachtung findet,
behalten wir uns das Recht vor, bewilligte Rodekredite zurückzuziehen, und
das aus dem Grunde, weil es um eine sehr wichtige Schutzmaßnahme, die im
allgemeinen Interesse liegt, geht". Die Aktivitäten im großen Chaco-Garten
sind nicht so leicht zu kontrollieren.
b) Die Landnutzung mit mechanisierter
Produktionstechnik (1972 bis heute)
In den siebziger Jahren gab es Möglichkeiten für
langfristige Kredite, die durch den Banco Nacional de Fomento vermittelt
wurden. Der einzelne Landwirt konnte seine Vieh- und Milchwirtschaft
ausbauen und der Ackerbau wurde mechanisiert. Traktor und Kraftwagen
verdrängten die Pferde. Kleinbetriebe mit wenig Land für Ackerbau hatten
bessere Überlebenschancen durch die Kombination von Milch- und
Fleischproduktion. Die Mechanisierung der Futterproduktion setzte ein.
Viele Betriebe stellten auf Melkmaschinen um. Der BID-Kredit begleitete
die Förderung der Milchproduktion. Rodungen wurden mit Krediten
finanziert.
Im Mennoblatt 1973, Nr. 16 schrieb Andreas Sawatzky im
Artikel: „Alarm - Buschrodung: geplant oder planlos?"
„...Zu schade, dass wir nicht schon früher mit
planvoller Buschrodung begonnen haben. Die Verwaltung müsste
Verordnungen zum planvollen Roden erteilen und selbst mit planmäßigen
Beispielen vorangehen. ...Solche nach allen Seiten ausgedehnten,
ununterbrochenen Rodungen erweisen sich ungemein nachteilig in den
Nordsturmzeiten...Das planvolle Roden wird sich lohnen. Wir müssen für
die Zukunft überlegen... Durch planloses Vorgehen im Buschroden geben
wir den Weg zur Bodenvernichtung frei".
1973 wurde in Paraguay das Forstgesetz Nr. 422 erlassen.
Dieses Gesetz wollte eine Hilfe für planmäßige Rodungsprozesse sein und
beantwortete die von J. Ekkert angesprochene Frage, wieviel Busch stehen
bleiben müsse; ohne jedoch auf die klimatischen Erscheinungen Bezug zu
nehmen, noch zu erklären, wie man die 25%-Reservefläche festgelegt habe.
1974 wurde im Industriewerk ein neuer Dampfgenerator
eingerichtet, der ein so starkes Lichtaggregat hatte, dass fast alle
Dörfer mit Elektrizität versorgt werden konnten.
Im selben Jahr wurde von Andreas Friesen im Mennoblatt
1974 Nr. 12 die Frage aufgeworfen: „Wie wird unsere Kolonie nach 10 Jahren
aussehen, wenn 33 Bulldozer so weitermachen?... Der biblische Auftrag
`machet euch die Erde untertan' schließt auch ein Bewahren der Natur
ein... Die uns vom Schöpfer anvertraute Natur dürfen wir nicht nach
schrankenloser Willkür bearbeiten... uns unserer Verantwortung bewusst
sein..."
Im Februar 1975 wurde das Projekt „Beratung für Land-
und Viehwirtschaft im zentralen Chaco" vorgestellt. Ein Minimum an Technik
müsse für die rentable Führung dieser Produktionsbereiche eingesetzt
werden. Auf der Versuchsstation wurden 1976 erste Versuche mit Ackerbau
auf Buschboden angefangen. Die Viehhaltung erlebte eine Intensivierung.
1977 wurden Versuche mit Strauchbekämpfung durchgeführt. Die Dörfer
Boquerón (1975) und Corrales (1979) wurden gegründet. 1982 wurde das
Problem der Winderosion im Zusammenhang mit der Bodenbearbeitung
hervorgehoben.
Zum Thema Naturschutz erschien im Mennoblatt 1979 Nr. 24
ein längerer Aufsatz von Arnold Thielmann, der eine ganze Auflistung von
Möglichkeiten zum Naturschutz präsentierte. Unter anderem wurde eine
Maßnahme empfohlen, die vermuten ließ, dass nur wenige zu der Zeit das
Forstgesetz von 1973 kannten.
„Der Regierung müsste klar gemacht werden, dass sie
Grenzen und Gesetze herausgeben sollte, die dem unkontrollierten
Niederwalzen, Ausroden und Ausbrennen des Chacobusches Einhalt gebieten
und in erträgliche Grenzen bringen soll... Leider sehen wir in dem
fortwährenden Abknallen der Wildtiere, wie Regierungsgesetze befolgt
werden... eine Kommission gegründet werden müsste, die von der Regierung
unumschränkte Autorität bekommen sollte, um der Naturzerstörung Einhalt
zu gebieten... kommt für Aufforstung, Anpflanzung von Schutzstreifen,
Naturschutzgebiete auf... Regeln aufstellen, die beim Ausroden beachtet
werden müssen..."
Im Mennoblatt 1980, Nr. 2 schrieb Peter P. Klassen über
einen Vortrag von Lehrer Oskar Kalisch zum Thema Umweltschutz:
„...Aber wird die Rechnung Hektar mal Rinder aufgehen,
wenn rücksichtslos so weitergerodet wird?... Die Verantwortung für das
Roden des Chacobusches dürfte nicht mehr dem Einzelnen überlassen
werden, auch wenn ihm der Boden gehört. Wieviel Busch pro gerodetem
Hektar stehen bleiben müsste, um das Gleichgewicht der Natur nicht zu
zerstören, das müsste von der Gemeinschaft bestimmt werden...
Umweltschutz kann nicht vom Einzelnen, sondern nur von der Gemeinschaft
und ihrer Führung bewältigt werden. Im Chaco tragen die Mennoniten bis
heute alleine die Verantwortung für die Zukunft eines riesigen
Gebietes".
In derselben Nummer meldete sich Ulrich Schmidt zum
Thema Naturschutz im Chaco: „... das Buschroden im Chaco ist Mode
geworden... Die Kooperative hätte die beste Möglichkeit für Naturschutz
einzutreten... Viele tausende Hektar Wald, die schon gerodet wurden, sind
noch nicht bezahlt. Die Angebote auf Kredite sind vielversprechend. Die
Buschbesitzer kommen in große Versuchung... Nur beim Eingreifen in die
Natur wäre ein Kredit fehl am Platz".
Man muss heute schon ein Stückchen fahren, um noch einen
unberührten Bittergraskamp mit seinen typischen Bäumen zu finden. Im Laufe
von 50 Jahren ist auf weiten Flächen in den Siedlungsgebieten alles „dem
Erdboden gleichgemacht" worden.
(6)
Das Satellitenbild bestätigt diese Aussage.
1983 wurde die Ergebnis-Studie von „Desarrollo Regional
Integrado del Chaco Paraguayo" vorgelegt. Die Studie hatte das Ziel, durch
die rationale Nutzung seiner Naturressourcen den Chaco in die nationale
Wirtschaft zu integrieren. Die Studie sollte eine Diagnose der
Nutzungspotenziale und Nutzungsschwierigkeiten aufweisen. Die gesamte
Studie stand unter der traditionellen Produktionsförderungspolitik. Die
Studie legte fest, dass die Landnutzungspraktiken von Ostparaguay im Chaco
nicht anwendbar seien. In Bezug auf die Mennonitenkolonien wurden die
Winderosion, der Verlust der Bodenfruchtbarkeit und das Fehlen der
Fruchtfolge im Ackerbau als Probleme angeführt. Die großflächige Rodung
wurde nicht als Problem beschrieben, sondern nur erwähnt, dass noch keine
chaco-angepassten Vorschriften zur Landnutzung festgelegt seien, welche
die Einflüsse der drastischen Veränderung-Wegnahme von Matorralbusch und
die Einsaat von Weidepflanzen niedrig halten könnten. Die Studie endete
mit Empfehlungen zur Durchführung von Aktionen. Interessant sind die
Gedanken zu den Wassernutzungsrechten, Ley Forestal für den Chaco,
Rodungskontrollen mit Satellitenbildern, Aufforstungsprogrammen mit
Eucalyptus-Sorten für ACEPAR, Windschutzprojekten, Regenerationsstudien
der Quebrachales, Urundey, Palosanto und Paloblanco.
1983 und 1984 waren sehr niederschlagsreiche Jahre im
zentralen Chaco. Man beobachtete im östlichen Gebiet der Kolonien die
ersten Folgen der Versalzung des Bodens und das Absterben der Pflanzen,
wenn das Wasser nicht abfließen konnte.
1985 wurde man auf die Gräsersorte Panicum maximum cv.
Gatton Panic aufmerksam, weil sie den besten Weideertrag auf der
Versuchstation einbrachte. Diese Sorte beseitigte die einseitige und
gefährliche Abhängigkeit vom Büffelgras in der Viehwirtschaft. Die
Rinderhaltung wurde größtenteils in Betrieben mit weniger als 1.000 ha
praktiziert. Viele Mennoniten hatten außerhalb der Koloniegrenzen
zusätzlich Land als individuelles Privateigentum erworben.
In diesem Jahr wurde im Westen das Dorf Ribera
gegründet. Der Anbau von Erdnuss und Baumwolle wurde ausgeweitet. Die
geringe Anbaudiversifizierung, einseitige Fruchtfolgen, unzureichende
Technik der Boden- und Wasserkonservierung gehörten zu den Hauptproblemen
im Ackerbau.
1985 wurde in Asunción eine der ersten Umweltstudien für
Paraguay vorgestellt, die vom paraguayischen Technischen
Planungssekretariat (STP) in Zusammenarbeit mit der amerikanischen AID
(Agencia para el Desarrollo Internacional) erstellt wurde. Die STP trug
Sorge um das Gleichgewicht zwischen Nutzung und Erhaltung der landesweiten
Naturressourcen. Mit der Studie wollte die STP das Bewusstsein für die
Bedeutung der qualitativen Aspekte der Umwelt hervorheben und Empfehlungen
zu diesem Ziel geben. Die Studie zitierte die Rodungen im Gebiet der
Mennonitenkolonien und Umgebung, das Verdrängen und Verschwinden der
Wildtiere, das Verbrennen von Holz, die fragilen Chacoböden und stellte
eine geringe Veränderung der gesamten Natur im Chaco fest. Im Chaco waren
schon drei große Naturschutzgebiete auf dem Papier festgelegt: Tinfunqué
(1966), Defensores del Chaco (1975) und Tte. Enciso (1980). Die Studie
deckte die zu hoch gesteckte Zielsetzung für das Forstgesetz auf und
machte auf die Mängel der praktischen Durchführung der zuständigen Instanz
aufmerksam.
1986/7 wurde in Fernheim eine Kreditlinie vom Fondo
Ganadero vermittelt, bei der auch Skizzen von Flächenplänen der Betriebe
vorgelegt werden mussten. In den meisten Fällen ging es um ein bis vier
zusätzliche Fenzen. Die meisten aufgezeichneten Pläne zeigten noch
ausreichend Waldfläche, um die 25% Waldfläche einzuplanen. Wenig Wert
wurde bei den Planzeichnungen auf Windschutzstreifen gelegt.
1986 wurde das Dekret 18.861 erlassen, welches
Richtlinien für den Umweltschutz festlegte. Das Dekret ist als erster
Ansatz für Rodungsvorschriften zu verstehen, die sich auf den Chaco und
seine Umwelt-Problematiken übertragen lassen. Das Wort Chaco kam aber
nicht im Dekret vor.
1987 erreichte die Erdnussanbaufläche in Fernheim 10.000
ha. Der Anbau verlief ungefähr nach folgendem Schema: Aussaat im
Oktober/November, Ernte Januar bis März, in günstigen Jahren ca. 1.800
kg/ha. Nach der Ernte wurde der Boden zwei bis drei Monate offen und brach
liegen gelassen, dann folgte die Unkrautbekämpfung mit der Scheibenegge.
Danach drei bis fünf Arbeitsgänge je nach Unkrautdruck mit dem Kultivator.
Im Frühjahr Tiefpflügen, bei Bedarf Nivellierung mit der Scheibenegge,
Aussaat nach 15 mm Regen und Vorauflauf-Herbizidspritzung. Nach Auflauf
der Erdnüsse Unkrautbekämpfung mit dem Kultivator bis zu fünf mal. Einige
Landwirte ließen das Unkraut im Winter wachsen, dreiviertel der Bauern
beseitigten das Unkraut durch mehrfaches Bearbeiten. Der Boden war in der
windreichen und niederschlagsarmen Winterzeit offen und kahl. Die
Schwarzbrache als Bewirtschaftungsweise förderte den starken Humusabbau
bei hohen Temperaturen und Winderosionsproblemen.
1987 wurden im Osten die Ländereien von Laguna Porá an
Viehzüchter verkauft. Die jährliche Neurodung und Umwandlung in Kunstweide
betrug in Fernheim in den letzten zehn Jahren durchschnittlich 6.700
ha/Jahr. Die Einnahmen aus der kapitalaufwendigen und stabileren
Viehhaltung nahmen im Gegensatz zum risikohaften Ackerbau an Bedeutung zu.
In diesem Jahr wurde in Asunción die „Dirección de
Parques Nacionales y Vida Silvestre" gegründet. Der Nationale Forstdienst
verlor somit seine Aufgaben im Bereich der Naturschutzgebiete.
Im selben Jahr wurde auch eine Planungsstudie zum
Projekt der Landwirtschaftlichen Versuchsstation im zentralen Chaco im
Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)
durchgeführt. Dieses Versuchs-, Forschungs- und Ausbildungsprojekt
unterstand dem Oberziel: Ressourcenschonende land- und
forstwirtschaftliche Nutzung des Chaco zu ermöglichen, indem
standortangepasste Produktionsmethoden entwickelt wurden. Die Studie
identifizierte die „unkontrollierte Nutzung natürlicher Ressourcen bei
unbekannter Tragfähigkeit" als landwirtschaftliches Kernproblem für den
Chaco.
„Im Zentralen Chaco ist die von Menschen verursachte
ökologische Schädigung am weitesten fortgeschritten. Es findet eine
planlose Ausdehnung der Wirtschaftsfläche statt, die zu großflächiger
Beseitigung der natürlichen Vegetation und damit zu Winderosion und
Verarmung der Böden führt. Diese ungebremste Expansion, die auch bei
Betrieben im Umfeld der Mennonitenkolonien abläuft, ist ökologisch
höchst bedenklich und mit der Gefahr zunehmender Klimaschwankungen und
Versteppung verbunden, die sich auch auf Gebiete außerhalb des Chaco
auswirken könnte".
Die Studie schätzte dass in der zentralen Chacozone und
Umgebung ca. 50.000 ha Busch/Jahr durch Rodung und Abbrennen verschwanden.
Der Holzbedarf für die Elektrizitätsgewinnung in Loma Plata und Filadelfia
wurde auf lediglich 730 ha/Jahr angeführt. „Die ökologische Verarmung, die
reduzierte Wasserinfiltration, die stärkere Bodenerhitzung und die
ungebremste Windbewegung wirken sich negativ auf das Mikroklima aus und
die Evapotranspiration wird verstärkt. Forstliche Maßnahmen und
Vorschriften sind dringend geboten, um eine Entwicklung zu stoppen, die
mit Versteppung, Dünen- und Wüstenbildung enden könnte". Die Studie
bemerkte, dass bei den mennonitischen Siedlern ein gewisses
Problembewusstsein vorhanden sei.
Das Forschungsinstitut, welches von der GTZ am Cruce
Loma Plata aufgebaut wurde, hatte die Ökologie und den Umweltschutz ganz
stark in ihre zukünftigen Forschungsprogramme mit eingeplant.
(7)
Die lokalen Beratungsdienste haben in den darauf
folgenden Jahren gezielter die bodenschonenden Ackerbaumethoden und
Aufforstungsprojekte zur Erosionsproblematik aufgegriffen. Ergebnisse der
Forschungsstation wurden an die Produzenten vermittelt. Im Osten wurde die
Salzproblematik als ein Umweltproblem anerkannt.
Im April 1991 wurde nach Resolution 204 im
Landwirtschaftsministerium die „Kommission für nachhaltige Entwicklung der
Naturressourcen des Zentralen Chaco" gegründet. Die Kommission bestand aus
drei Personen vom MAG und drei von den Chacokolonien. Im August 1991 wurde
das „Abkommen zur rationellen Hantierung der Naturressourcen" zwischen dem
Landwirtschaftsministerium (MAG) und den Kolonien, unterzeichnet. MAG war
um die Ausweitung der Umweltschäden, Winderosion, Rodungen, Versalzungen
usw. besorgt. In der Auflistung von Tätigkeiten wurde von der Anwendung
des Forstgesetzes gesprochen, wobei besonders die Einhaltung der
Schonstreifen, Förderung von Aufforstungsprogrammen, Verhinderung des
Einsatzes von Feuer als Strauchbekämpfungsmethode, Schutz der natürlichen
Wasserreserven betont wurden. MAG sicherte die Ausweitung seines
Wirkungskreises in den zentralen Chaco hinein zu, denn bis dahin
existierte der staatliche Beratungsdienst im gesamten Chaco praktisch
nicht. Wenn man bedenkt, dass die Beziehungen zwischen MAG und
Mennoniten-Kolonien bis dahin auf klarer gegenseitiger Abgrenzung beruhten
(Planungsstudie GTZ, 1987), bedeutet dieses Abkommen für beide Seiten
einen interessanten Schritt in Richtung Integration in die nationale
Entwicklungsförderung.
Der Anlass zur Gründung der Kommission war die
Vorbedingung, die die deutsche Regierung Paraguay gestellt hatte, die
großen Naturreserven, die es im Chaco noch gab, zu sichern. Falls Paraguay
und wir (die Mennoniten-Kolonien) keinen vernünftigen Plan zum
Umweltschutz vorlegten, werde Deutschland die Kredite für die Stromleitung
in den Chaco nicht gewähren.
(8)
Dem ökologischen Gleichgewicht der Natur wurde bei der Elektrifizierung
des Chaco eine große Bedeutung beigemessen. Die Finanzierung des
Elektrifizierungsprojektes wurde in bestimmter Hinsicht von der Einhaltung
oder Durchführung gewisser Schritte zur Naturerhaltung seitens der
Chacosiedler abhängig gemacht. Die Beratungsdienste der Kolonien wurden
beauftragt, die Planung und Durchführung der diesbezüglichen Aufgaben zu
übernehmen. Nach außen bedeutete dies, in enger Zusammenarbeit mit dem
paraguayischen Ministerium zu arbeiten.
(9)
Es war die Situation eingetreten, „...die zu schnellem Handeln drängt..."
von der J. Ekkert schrieb. Es schien so, weil keine Ergebnisse einer
„zeitigen Planung" vorzuweisen waren.
Somit begann die Zeit, in der verlangt wurde dass die
Chacobewohner ihr Umweltbewusstsein durch Aktionen und Ergebnisse
konkreter und offizieller unter Beweis stellen sollten.
In den neunziger Jahren zielten die Beratungsinhalte in
den Mennonitenkolonien mit Nachdruck auf die naturschonenden Maßnahmen.
Die Problematik der Winderosion im Westen sollte mit Aufforstungsstreifen
gebremst werden, das sogenannte Ribera-Windschutzprojekt wurde angefangen.
In der Methode der Bodenbearbeitung für Ackerbauflächen wurden Versuche
mit Zinkengeräten, mit Minimalbearbeitung und mit Direktsaat durchgeführt.
Im Ackerbau wurden umweltfreundlichere Pflanzenschutzmittel eingesetzt,
die auch wiederum den Baumwollanbau förderten. Der Erdnussanbau war nach
1992 von 6.000 ha auf 2.000 ha, mit sehr niedrigen Durchschnittserträgen
gesunken. Das Erdnussprogramm wurde vor ein Entweder-Oder gestellt. Die
Zeit der rentablen Öl-Erdnuss-Produktion war beendet und der Übergang zur
Konfitüre-Erdnuss-Produktion fand statt. Ein stufenweiser Sortenwechsel
führte von 1993 bis 1996 zu neuen Erfahrungen im Erdnussanbau und in der
Vermarktung. Parallel wurden im Erdnussspeicher Verbesserungen zur
Verarbeitung und Auslese der Konfitüre-Erdnüsse durchgeführt. Nach
Beratungen mit argentinischen Fachkräften wurde die Produktionstechnik mit
Blatt-Pilzbekämpfungen und verspäteten Aussaaten, Einhaltung von
Fruchtfolgen leicht verändert. Die Anbaufläche stabilisierte sich zwischen
4.500 und 5.000 ha/Jahr. Die Bearbeitungsmethode änderte sich
grundsätzlich in der Zahl der Arbeitsgänge, und die Unkrautkontrolle wurde
verbessert. Andere Kulturen wie Baumwolle, Rizinus, Sesam und Sorghum
behielten ihre strategische Bedeutung durch die Anwendung von
Fruchtfolgen, die dem Erdnussanbau zugute kamen.
Die Viehzüchter trieben die Erweiterung der Weideflächen
in Richtung Norden, Nordwesten und Westen der Koloniegebiete voran. Die
Rinderherden wurden durch Kreuzungen verbessert und die
Qualitätsverbesserung in der Fleischproduktion wurde gezielt angestrebt.
Ein größerer Landblock wurde im Nordwesten an Viehzüchter verkauft. Die
Viehwirtschaft war zum Hauptproduktionszweig der Genossenschaft geworden.
1991 wurde in Fernheim ein größeres Stück Land im Titel
Block von Laguna Porá als Naturschutzgebiet erklärt. Es war ein Vorschlag
vom Kolonieamt und er wurde auf einer Bürgerversammlung angenommen. Eine
Begebenheit von beispielhaftem Mangel an Umweltbewusstsein und
Umweltaggression veranlasste Heinz Th.Loewen im Mennoblatt 1991, Nr. 17
die mit der Einrichtung eines Naturschutzgebietes verfolgten Absichten zu
hinterfragen. „Wehrlose Mennoniten" können nicht ohne zu schießen an einer
Herde Wildschweine vorbeifahren, nach Lust und Laune wird auf Fuchs, Geier
und Habicht geschossen, Zivilisationsmüll wird auf Fischlagerplatz
zurückgelassen. Es fehlt nicht an dem Willen, Land zu reservieren.
1992 wird in Paraguay die neue Verfassung in Kraft
gesetzt, wo im Artikel 176 im VI. Kapitel die Wirtschaftspolitik des
Staates festgelegt wird. „Der Staat wird die wirtschaftliche Entwicklung
durch die rationale Nutzung der zur Verfügung stehenden Ressourcen
fördern, um ein geordnetes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum
voranzutreiben".
Zwischen den Jahren 1992 und 1997 wurden die Studien zum
Projekt „Sistema Ambiental del Chaco" durchgeführt. Das Projekt
publizierte seine Studienergebnisse 1998 und 1999. Hier wurde das
Satellitenbild mit dem großen, weißen Flecken von 1993 publiziert und
offiziell in Paraguay bekannt. Unter vielen anderen Daten wurden hier die
zu schmalen und unzureichenden Schonstreifen in den Kolonien kritisiert
und das Nichteinhalten der gesetzlichen Rodungsvorschriften mit 25%
Reserve aus Mangel an Verständnis, weil es sich nicht kontrollieren lasse
oder weil man es einfach nicht wolle. Die Strafen sollten
Aufforstungsmaßnahmen sein. Das System „Kettenroden" wurde kritisiert
ebenso wie die Tatsache, dass man zu wenig Bäume stehen lasse.
Im Jahr 1996 wurde das Thema der Rodungspläne im
Oberschulzenrat diskutiert. Man wollte die Rodepläne nicht in Asunción
bearbeiten lassen, sondern beim lokalen Forstbüro. Die Beratungsdienste
der Kolonien wurden beauftragt, für die Bürger die Formalitäten zu
erledigen. Die Kontrollen der Rodungsarbeiten sollten aber vom Servicio
Forestal Nacional durchgeführt werden.
Im Mai 1997 brachte ein Memorandum das Thema der
Rodungspläne ins Gespräch. David F. Sawatzky, Koordinator für
umweltverträgliche Nutzung der Naturressourcen im zentralen Chaco,
erwähnte einleitend die positiven Ergebnisse der Kommission, wo besonders
die Bewusstmachung der Notwendigkeit des Umweltschutzes hervorgehoben
wurde, die Anpflanzung von Windschutzstreifen und die Vorstellung von
umweltschonenderen Rodungsmethoden ohne das Brennen des Unterholzes
einzusetzen. Geregelt werden musste jedoch das Thema der planmässigen
Rodungsgenehmigungen, so wie sie das Gesetz Nr. 422 vorschreibt. Es
folgten Vorschläge zur weiteren Ausstattung des Forstbüros im zentralen
Chaco, Eintragung der Agraringenieure der Beratungsdienste in die Liste
der Fachleute zur Erstellung der Landnutzungspläne im Nationalen
Forstdienst (SFN), Ablauf des Genehmigungsverfahrens in Absprache zwischen
MAG und den Kolonien, möglichst im lokalen Forstbüro unter Aufsicht des
SFN. Man wollte mit dieser Verhandlung die bürokratischen und in Asunción
zentralisierten Prozesse vereinfachen. Die Landbesitzer sollten die
gesetzlichen Vorschriften einhalten und entsprechend beraten werden. Um
Problemen vorzubeugen, sollte keine Rodung ohne einen genehmigten Plan
durchgeführt werden. Laut Gesetz darf niemand ohne die Registrierung des
Landstückes und die Vorlage eines Landnutzungsplanes auf seinem Land roden
lassen.
(10)
Die Kolonien verhandelten mit Dienststellen des
Landwirtschaftsministeriums, um die Bürokratie bei der Durchführung der
Bestimmungen zu reduzieren. Die Grundsatzbestimmungen sollten bleiben. Sie
seien für die langfristige Erhaltung der Produktionsmöglichkeiten im Chaco
auch notwendig. „...Mittlerweile haben wir uns schon an den Chaco gewöhnt,
lieben ihn und fühlen uns hier wohl".
(11)
Die Grundsatzbestimmungen blieben auch für die bürokratischen Aspekte
bestehen. Durch Inkraftsetzung des Gesetzes Nr. 294/93 und das
reglementierende Dekret N° 14.281/96 wurde das administrative Verfahren
der Umweltverträglichkeitsprüfung hinzugefügt. Die Formalisierung zu
diesem Gesetz verlängerte das Genehmigungsverfahren der Rodungsprojekte.
Um die Jahreswende 1997/98 gab es eine Konfliktsituation
mit dem Forstgesetz wegen dem Palosanto-Holz-Aufkauf in Loma Plata und der
Irregularität der Lieferanten, die keine „Guías" - Begleitscheine zum Holz
hatten. Zur Ausstellung dieser Scheine brauchte der Lieferant einen
genehmigten Landnutzungsplan. Diese Situation brachte das Thema der
Rodungspläne wieder auf den Tisch.
(12)
Im Juni 1998 wurde ein neues Abkommen der technischen
Zusammenarbeit zwischen MAG und der Vereinigung der Mennonitenkolonien in
Paraguay zur nachhaltigen Entwicklung der Naturressourcen und der Umwelt
im zentralen Chaco unterzeichnet.
(13)
Drehachse in diesem Abkommen war die noble Absicht beider Beteiligter,
gemeinsame Aktionen zur Anleitung einer nachhaltigen und
sozialwirtschaftlichen Entwicklung durchzuführen. Dieses Abkommen war als
Verstärkung zum ersten Abkommen zu verstehen. Die Verhandlungen hatten die
Absicht, eine Entbürokratisierung und Vereinfachung der Bearbeitung der
Rodungsanträge zum Gesetz 422/73 zu erreichen. Dies konnte jedoch nicht
erreicht werden. Vielmehr wurde das Spektrum der gesetzlichen Bereiche
erweitert, indem auch drei Verpflichtungen der Gesetze 294/93; 352/94 und
536/95 eingegliedert wurden. Man bekam den Eindruck, dass MAG die
Chaco-Mennoniten zu einem Vorbild bei der Einhaltung von Gesetzen machen
wollte. Mit der Unterschrift des Abkommens hatten die
Chaco-Mennonitenkolonien eine Art Verpflichtung zur Einhaltung der
erwähnten Gesetze ausgedrückt, was ja für Landesverhältnisse als großartig
bewertet werden konnte. MAG verpflichtete sich zur Partnerschaft im Sinne
einer technischen Zusammenarbeit. MAG verpflichtete sich auch, den
Mennoniten des Chaco einen wichtigen Stellenwert einzuräumen.
(14) Das Abkommen sollte drei Jahre gültig
sein und ist nicht erneuert worden, weil kein Bedarf bestand.
Im November 1998 fand eine Besprechungssitzung statt, wo
ein Kursus für die Erstellung der Landnutzungspläne gefordert wurde. Der
vorgelegte und vereinfachte Rodungsplan-Entwurf wurde nicht akzeptiert.
Um die Jahreswende 1998/99 gab es wieder eine
Konfliktsituation mit dem Gesetz wegen einer irregulären Rodung in
Fernheim. Die Situation verlangte zur Lösung die Erstellung des
Landnutzungsplans nach der Vorschrift des Forstgesetzes. Die
Beratungsdienste waren mitten in den Vorbereitungen zum Ausbau einer
Abteilung zur Erstellung der Landnutzungspläne. Die Bürger wurden gebeten,
nicht ohne entsprechende Dokumente zu roden oder Pfosten zu
transportieren.
(15)
Die Gesetze, die in das Abkommen eingegliedert worden
waren, wurden 1999 ins Deutsche übersetzt und Interessenten zur Verfügung
gestellt.
Seit Mitte Jahr 2001 ist die Kooperative Fernheim
Eigentümer eines funktionierenden Schlachthofes. Die Viehwirtschaft wird
durch diese Verarbeitungseinrichtung weiter gefördert, ohne die andern
Produktionszweige aus dem Auge zu lassen.
(16)
Ende 2002 kaufte die Kooperative den östlichen Block der Estancia Remonia,
deren Landstücke an vorher gekaufte Ländereien anschließen.
Produzenten haben in diesen Jahren verstärkt
umweltfreundlichere Produktionstechniken auch beim Roden und Nacharbeiten
der Weiden eingesetzt. Die Richtlinien und Empfehlungen der „Licencia
Ambiental" werden zum Teil berücksichtigt.
In den Jahren 1999 bis 2003 sind in den Kolonien ca.
350.000 ha Land in Landnutzungsplänen bearbeitet und bis soweit ca.
189.000 ha (54% Rodungsfläche im Durchschnitt) zum Roden freigegeben
worden. Allein in Fernheim sind ca. 130.000 ha Land in Landnutzungsplänen
bearbeitet und 53.000 ha zum Roden freigegeben worden. Das sind 10.600
ha/Jahr Rodungsfläche mit legaler Genehmigung. Durch diese
Landnutzungspläne sind 87.500 ha in der gesetzlich verlangten 25%-Reserve
festgelegt. Die Schonstreifen nehmen durchschnittlich zwischen 12 - 16%
der Gesamtfläche eines Landstückes ein.
Die Daten zeigen, dass die Rodungsfläche pro Jahr durch
die administrativen und legalisierten Verfahren keineswegs niedriger ist
als vor der Einsetzung dieser Prozesse. Die Produzenten stellen sich
sicher unter den Schutz der offiziellen Genehmigungen und investieren
weiter in neue Weideflächen. Durch die Formalisierung der
Landnutzungspläne und die Genehmigungen der Rodungsanträge ist die Zeit
beendet, von der P. Klassen schrieb: „Im Chaco tragen die Mennoniten bis
heute alleine die Verantwortung für die Zukunft eines riesigen Gebietes".
Ob man heute in den mennonitischen Kolonien Verständnis dafür hat, dass
die zuständigen Forst- und Umweltbehörden sich unter Einhaltung gewisser
„Spielregeln in Form von gesetzlichen Bedingungen" mitverantwortlich an
der Erweiterung und Gestaltung des „großen Flecken" machen?
Bei der Herstellung dieser Landnutzungspläne wird den
potenziellen Wasserstellen eine wirtschaftlich-strategische Bedeutung
beigemessen und möglichst mit der vom Gesetz geforderten 25%-Reserve
abgestimmt, um eine größere Zuflussfläche für das Wassersammeln in den
sogenannten „Tajamares" zu sichern.
Nach Angaben der Federación Paraguaya de Madereros sind
in den Jahren 2000 bis 2003 aus dem gesamten Chaco 329
Landnutzungsprojekte eingereicht worden, davon waren 215 (65%) aus den
drei Chacokolonien. Die Projekte umfassen eine Landfläche von 1,2 Mill ha.
Das sind insgesamt 400.000 ha Rodungsfläche, die in dieser Zeit genehmigt
wurden. Davon gehören 189.000 ha (47%) zu den Projekten der drei
Chacokolonien. Diese Daten zeigen, dass die Mennoniten-Kolonien nicht mehr
die einzigen Gestalter des hellen Fleckens auf der Karte sind. Ihr
Nutzungsmodell wird von anderen Landeigentümern im Chaco übernommen.
Nach Daten aus dem Beratungsdienst Fernheim, 2003, haben
die drei Chacokolonien ca. 22.000 ha Naturschutzgebiete. Durch die
Erstellung der Landnutzungspläne und Festlegung der 25% der Reserve in der
Betriebsfläche sind zusätzlich noch 87.500 ha dazugekommen. Das ergibt
eine Fläche von insgesamt 109.500 ha. Die Gesamtfläche der 3 Kolonien
liegt bei rund 1,4 Mill. ha.
Über die Rodungen und Rodungsflächen ohne legale
Genehmigungen sind keine Daten und Flächen bekannt, nur Namen. Es ist
jedoch bekannt, dass heute mennonitische Bulldozerunternehmer und
Produzenten noch Rodungen ohne legale Genehmigungen auf eigenes Risiko
durchführen.
B. Allgemeine Informationen zu den Gesetzesinhalten
Der Staat mit seinen Behörden bringt in Gesetzen seinen
Willen gegenüber den Landesbewohnern zum Ausdruck. Die Gesetze sollen als
„Spielregeln" für die verschiedenen Aktivitäten der Landesbewohner
angesehen werden und haben im Falle der Forst- und Umweltgesetze
vorbeugenden Charakter. Die Gesetze enthalten viele Forderungen, die den
Absichten der mennonitischen Gemeinschaften im Chaco im Grunde genommen
sehr nahe kommen und noch darüber hinaus reichen.
a) Auf der Grundlage des „alten" Forstgesetzes
N° 422 von 1973, erlassene Dekrete und Resolutionen:
In Paraguay wurde 1973 das erste Forstgesetz erlassen,
nachdem Forstexperten der FAO 1956 (Leopoldo Perfumo u. Claudio Pavetti),
1957 (F. Cermak) und 1966 (Lucas A. Tortorelli) Daten über die abnehmenden
Waldflächen und die Eigenschaften der Hölzer publizierten. Besonders die
Studie von Tortorelli hatte gezielt auf die Notwendigkeit einer geregelten
Ausbeutung der Wälder und Nutzung der Hölzer hingewiesen. Er hatte auch
einige Daten über die Vegetationsformen und Baumarten im Chaco
zusammengefasst. Er wies ganz allgemein auf die ungeplanten
Rodungsprozesse hin, bei denen weder die Bodeneigenart noch die Holzmenge,
die im Wald ist, berücksichtigt wurde. Folglich entstanden Probleme mit
Wassererosion, die manche Siedlungen zum Umzug in neue Waldgebiete
zwangen. Er schätzte, dass im Jahr 1980 nur noch 20% Waldfläche in
Paraguay vorhanden sein würde, wenn die Nutzung und Ausbeutung weiterhin
planlos ohne Zählungen und Messungen durchgeführt würde. Er verwies auch
auf die Notwendigkeit der Aufforstung mit Eucalyptus- und, Pinus-Arten,
weil die Holznachfrage weltweit ansteige. Auffallend ist, dass er nicht
die Paraíso-Art erwähnte, die im Chaco zu jener Zeit versuchsweise und in
Dorfreihen angepflanzt wurde.
Das Forstgesetz wurde als Reaktion auf die bis dahin
bekannten und ungeplanten Rodungsprozesse besonders in Ostparaguay
erlassen. Im Chaco war es zu der Zeit auch nicht viel anders, denn die
ungeplanten Rodungen waren schon ein Diskussionsthema. Durch das
Forstgesetz wurde die Ausübung der Rechte über Wälder und
forstwirtschaftliche Gebiete den Einschränkungen und Begrenzungen
unterworfen, die in den Verordnungen festgelegt wurden. Die Hauptziele
dieses Gesetzes wurden in neun Punkten beschrieben. Die rationale Nutzung
der forstwirtschaftlichen Ressourcen des Landes, die Bekämpfung der
Bodenerosion, der Schutz der Wasserstromgebiete und Quellen, die
Förderung von Aufforstung, der Schutz der Ackerfelder, Schutz und
Verschönerung der Verbindungswege und Tourismusgebiete seien die
wichtigsten. Die Bekämpfung der Bodenerosion und der Schutz der
Ackerfelder passte schon zu den Problemen, mit denen man in den
Mennonitenkolonien eine gewisse Not hatte.
Im 21. Artikel wurde der Wirkungsrahmen des
Forstgesetzes festgelegt: „Dieser Gesetzesordnung sind alle im
Landesterritorium vorhandenen Wälder und forstwirtschaftlichen
Ländereien unterstellt". Auch die Chacolandschaft gehört zu diesem
Landesterritorium. Nach dem 24. Artikel erlaubt dieses Gesetz „die Nutzung
der Wälder erst nach vorheriger Genehmigung seitens des Nationalen
Forstdienstes. Zu diesem Zweck muss ein entsprechender Antrag mit einem
Arbeitsplan eingereicht werden. Der Antrag muss innerhalb einer Frist von
60 Tagen beantwortet werden".
Im 26. Artikel wird der Transport und die Vermarktung
der Hölzer und anderer forstwirtschaftlicher Erzeugnisse geregelt. Diese
Aktivitäten dürfen nicht ohne die vom Nationalen Forstdienst ausgestellten
Begleitscheine (die sogenannten „guías") vorgenommen werden, auf denen die
Anzahl, die Art, das Gewicht oder die Menge, die Herkunft und der
Bestimmungsort der transportierten Erzeugnisse angegeben sein müssen.
Unter den Nutzungsordnungen ist im Artikel 42
festgelegt, dass „auf allen ländlichen Grundstücken von mehr als 20 Hektar
25% der natürlichen Waldfläche erhalten bleiben. Falls dieser
Mindestprozentsatz nicht vorhanden ist, muss der Eigentümer eine Fläche
aufforsten, die 5% der Grundstücksfläche entspricht". Diese Verordnung
wird im Dekret 18.831 vom Dez. 1986 im 11. Artikel mit Nachdruck
wiederholt. In der Resolution 001 vom Jahr 1994 wird diesbezüglich
klärend und weiter ausführend im 1. Artikel „festgelegt, dass die 25%
Naturwald aus einer zusammenhängenden und kompakten Waldmasse bestehen
müssen. Diese Forstmasse kann für Produktionszwecke bewirtschaftet
werden". Diese Klärungen zur gegebenen Nutzungsordnung sind offensichtlich
auf Nachfragen von Landeigentümern und aufgrund von
Einhaltungsschwierigkeiten in der Praxis notwendig gewesen. Darunter
befanden sich ganz bestimmt auch Stimmen aus den mennonitischen Kolonien.
Das Dekret 18.831 von 1986 legt Richtlinien für den
Umweltschutz fest. Konzepte wie Schutzregeln für Naturressourcen, Böden,
Wassereinzugsgebiete und Wasserläufe werden als Zielsetzung in den ersten
zwei Artikeln angesprochen.
Der 3. Artikel verlangt, dass „für den Schutz der
Flüsse, Bäche, Quellen und Seen zu beiden Seiten derselben ein
Waldschutzstreifen von mindestens 100 m stehengelassen werden muss". In
der Resolution 001 wird im 3. Artikel diesbezüglich noch ergänzt, dass
dieser Waldschutzstreifen nicht als Teil der 25% Naturwald miteingerechnet
werden darf. Diese Verordnung wird heute vom Umweltsekretariat oftmals
auch für trockene, mit Sand höher aufgeschwemmte, flussähnlich verlaufende
Sandkämpe und Paleocauces (ehemalige Flussläufe) gefordert, besonders
dann, wenn solche Gebiete den 25% Naturwald zugeordnet werden.
Der 6. Artikel im Dekret 18.831 „verbietet das Abholzen
von mehr als 100 ha in einem Stück und verlangt Waldstreifen von
mindestens 100 m Breite zwischen den Parzellen". In der Resolution 001
wird im 2. Artikel ergänzt, dass diese „100 m breiten Waldstreifen nicht
als Teil der 25% Naturwald mitgerechnet werden dürfen".
Die Resolution N° 729 aus dem Jahr 2000 war eine
der ersten speziell für den Chaco erlassene Forstverordnung. Sie erklärt
die Forderung der 100 m breiten Schonstreifen in Richtung Osten-Westen als
notwendig bei Rodungsflächen von über 100 ha. Zusätzlich sollen 100 m
Schutzstreifen rings um das Landstück stehen gelassen werden. Bei
kleineren Rodungsflächen sollen die Schutzstreifen 50 m sein. Die 25%
Reserve können aus technischen Gründen aufgeteilt werden.
Das Dekret 18.831 verlangt von jedem Land-Eigentümer,
der Land-, Vieh- oder Forstwirtschaft betreibt, die Anwendung von
Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Erosion, die Vermeidung der
Überweidung, die Anwendung von Maßnahmen zur Erhaltung der
Bodenfruchtbarkeit. Es ähnelt in gewissem Sinne dem biblischen Auftrag von
1.Mose 2,15: „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den
Garten Eden, dass er ihn bebaue und bewahre"
(Zürcher-Übersetzung). Dieses Dekret wurde erlassen, nachdem schon einige
Studien über die wirtschaftlichen Errungenschaften des Chaco durchgeführt
worden waren und man erkannt hatte, dass die üblichen
Landnutzungsbestimmungen unpassend für den Chaco waren. Eine Studie hatte
sogar die Erlassung einer Ley Forestal für den Chaco vorgeschlagen. Dieses
Dekret ist als eine Antwort auf die Umweltproblematiken im Chaco
anzusehen.
Im Jahr 1993 wurde das Palo-Santo-Dekret Nr. 18.105
erlassen. Dadurch soll das Abholzen und die Nutzung von Palo Santo
(Bulnesia sarmientoi) begrenzt werden. Der Anlass für dieses Dekret war
die massive Ausbeutung für Handelszwecke und die steigende Nachfrage im
Export, der einen Raubbau an dieser Art verursacht, welcher in kurzer Zeit
zu deren Aussterben führen kann, wenn keine wirksamen Schutzvorkehrungen
getroffen werden.
b) Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung N° 294 von
1993
Dieses Gesetz verpflichtet zur Bewertung der
Auswirkungen verschiedener Aktivitäten auf die Umwelt. Zu diesen
Aktivitäten zählen: menschliche Ansiedlungen, Nutzung in
landwirtschaftlichen Viehzucht-, Forst oder Farmbetrieben,
Industrieanlagen und Betriebe jeder Art; Abfallentsorgung, Wegebau im
Allgemeinen, Herstellung von Holzkohle und anderen Energieerzeugern,
Bauvorhaben, Rodungen und Ausbaggerungen und jegliche andere Aktivitäten,
die aufgrund ihres Ausmaßes oder ihrer Intensität Auswirkungen auf die
Umwelt haben könnten.
Im 12. Artikel wird das Ergebnis der
Umweltverträglichkeitsprüfung, die sogenannte „Erklärung über die
Auswirkung auf die Umwelt" (Declaración de Impacto Ambiental oder Licencia
Ambiental) als unumgängliche Vorbedingung für den Erhalt von Genehmigungen
anderer amtlicher Dienststellen festgelegt. Wenn es sich um ein
Rodungsprojekt handelt, muss dieses erst den Prozess im Umweltsekretariat
abschließen, und mit der „Licencia Ambiental" wird das Projekt dem
Forstdienst zur Prüfung eingereicht.
Der Vorgang der Umweltverträglichkeitsprüfung sieht vor,
dass die Stadtverwaltung des betreffenden Bezirkes (Munizipalität) eine
Standortbescheinigung für das betreffende Projekt ausstellt. Zusätzlich
wird von der betreffenden Departamentsverwaltung eine Erklärung verlangt,
ob Interesse an dem Unternehmen oder Vorhaben des Projektes besteht. Im
vorgegebenem Umweltfragebogen wird das Projekt beschrieben und mit den
erwähnten Bescheinigungen im Umweltsekretariat zur Prüfung vorgelegt. Das
Umweltsekretariat hat die Befugnis, zusätzliche Informationen vom
Projektinhaber zu verlangen, wenn der Umweltfragebogen ungenügende
Auskunft über Umweltveränderungen im Umfeld gibt. Wenn z.B. ein
Rodungsprojekt vorgelegt wird und der Landnutzer nur einen Teil des Landes
besitzt, müssen zusätzliche Daten über die Buschverteilung auf dem
Landtitel vorgelegt werden, um zu prüfen, ob die 25% Naturwald auf dem
Titel auch nach der Durchführung des Projektes erhalten bleiben.
c) Gesetz Nr. 352 Naturschutzgebiete Juni 1994
Dieses Gesetz erklärt in Artikel 2, „dass der Nationale
Naturschutz von sozialem Interesse und gemeinnützig ist und nach dem
vorliegenden Gesetz und dessen Verordnungen geregelt wird. Alle Einwohner,
private Organisationen und staatlichen Institutionen haben die Pflicht,
die Naturschutzgebiete zu bewahren".
Naturschutzgebiete werden nach Artikel 4 als
„ein klar abgegrenzter Teil des Landesgebietes
verstanden, der sich in seinem ursprünglichen bzw. fast unveränderten
Urzustand befindet und so bewirtschaftet wird, dass die
Erhaltung, der Schutz und die Verbesserung der Umwelt und der
betreffenden Naturressourcen gewährleistet ist. Sie können staatliches,
departamentales, städtisches oder privates Eigentum sein. In diesen
Gebieten müssen sich alle Formen der Nutzung und Aktivitäten nach den
Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes und seiner Verordnungen richten,
ganz unabhängig davon, in wessen Besitz sie sich befinden".
Als ein Dauerziel des Nationalen Naturschutzsystems wird
nach Artikel 16
„die Erhaltung der Umwelt in bestimmten Teilen des
Landes mit typischen Landschaften verschiedener biogeografischer und
ökologischer Regionen festgelegt, um die biologische Vielfalt zu
bewahren und das Gleichgewicht und die Kontinuität der evolutiven und
ökologischen Prozesse zu gewährleisten, den genetischen Fluss und das
genetische Material zu erhalten und abgebaute Ökosysteme zu sanieren. Zu
den Hauptzielen gehört auch die Bewirtschaftung dieser Gebiete und ihrer
jeweiligen Pufferzonen nach den Kriterien einer nachhaltigen
sozioökonomischen Entwicklung, die Erhaltung und die Bewirtschaftung
von Wassereinzugsgebieten und Sumpfgebieten, die Bekämpfung
der Erosion, der Schutz und die Bewirtschaftung von
Forstressourcen und der natürlichen Flora und Fauna, der Schutz des
Kulturerbes, seiner materiellen Einrichtungen, seiner Zufahrtswege
und seiner Umgebung, wie auch der Aktivitäten, die den ökologischen
Tourismus an geeigneten Stellen ermöglichen".
Das Gesetz unterscheidet den formellen Prozess zur
Erklärung von staatlichen und privaten Naturschutzgebieten. „Vorbedingung
ist bei den privaten Naturschutzgebieten ein entsprechender technischer
Nachweis der besonderen Merkmale und Ressourcen in dem betreffenden
Gebiet und ihre Bedeutung für die jetzige und zukünftige Erhaltung des
Ökosystems, der Ökoprozesse und Naturschätze". Durch die Festlegung
der Bewirtschaftungskategorie des Naturschutzgebietes werden die
Aktivitäten festgelegt, die in diesem Gebiet zugelassen werden (Artikel 6,
7 u. 9)
Naturschutzgebiete im Privatbesitz, die mit einem Dekret
„als solche erklärt worden sind, brauchen keine Grundsteuer und auch keine
Ersatz- und Zusatzsteuer zahlen, die für das betreffende Landstück
entrichtet werden".
Nach den administrativen Regeln dieses Gesetzes sind
zumindest in Fernheim noch keine Naturschutzgebiete „formalisiert". In den
meisten Fällen in Paraguay kommt dieser Prozess erst bei „Bedrohung" durch
ilegale Landbesetzer in Gang. Das Gesetz zeigt aber auch, dass Naturschutz
mehr bedeutet, als Land vor der üblichen Nutzung zu schützen. Die
Festlegung eines Naturschutzgebietes sieht vor, dass durch einen
Planungsprozess eine Zielsetzung für ein bestimmtes Landstück festgelegt
wird. In diesem Themenbereich sieht die Situation so aus, wie sie in dem
oben zitierten Aritkel von Heinz Th. Loewen umschrieben wird. Man bekommt
fast den Eindruck, dass man Naturschutzgebiete nur zum „alles Wild
abknallen" haben will. Es scheint noch nicht die notwendige Reife für die
Erschließung der Naturschutzgebiete nach den Regeln dieses Gesetzes
vorhanden zu sein.
d) Gesetz zur Förderung der Aufforstung und
Wiederaufforstung Nr. 536 vom Januar 1995
Der Unterschied zwischen Aufforstung und
Wiederaufforstung wird im 2. Artikel erklärt: „Aufforstung ist die
Anpflanzung von Wäldern mit einheimischen und ausländischen Baumarten auf
Gelände, wo es keinen oder nicht genug Wald gibt. Wiederaufforstung ist
die Rückgewinnung früherer, ausgebeuteter Waldgebiete durch die
Anpflanzung, den gesteuerten Wiederaufwuchs und die Ansaat von Baumarten".
Im Dekret 9.425 vom Juni 1995 wird Wiederaufforstung im Artikel 2d unter
anderem auch als „gezielte Regenerierung" erklärt. Durch Maßnahmen
mit gezielter Regenerierung kann im Chaco viel realistischer an
Wiederaufforstung gedacht und dieser geplant werden. Mit gezielter
Regenerierung kann ein Bauer die lästige Verstrauchung der Weiden gezielt
für Schutzmaßnahmen einsetzen. In diesem Bereich hat die Chaco-Umwelt ein
starkes Nutzungs-Potenzial.
Schlussgedanken:
a) Zum Satellitenbild:
Bei genauerem Hinsehen und unter farbigen Verhältnissen
kann man bei dem Bild im zentralen Teil des Fleckens nur sehr wenige
Waldflächen um die Siedlungszentren sehen. In gewisser Entfernung von
diesen erkennt man aber schon, dass auch andere Rodungsmodelle mit
breiteren Schonstreifen und größeren Reserven praktiziert wurden. Manche
von diesen vorbildhaften Landstücken gehören nicht den mennonitischen
Siedlern, sie haben aber ein positives Bild nach der Rodung hinterlassen.
In dem Teil vom Bild, der in den siebziger und achtzigerJahren gerodet
wurde, sieht man als Reserven oftmals ganz kleine Buschinseln, die in
vielen Fällen als Paloblanconiederungen identifiziert werden. Diese sind
immer besonders vor den Rodungen verschont geblieben, einmal wegen ihrer
Schönheit und andererseits wegen der potenziellen Wasserstellen. Die
Schonstreifen wurden in diesen Jahren „sehr schlank" angesetzt. Sicherheit
vor Feuer können solche Schonstreifen nicht geboten haben und tun dies
auch heute nicht.
Wenn Produzenten heute das Satellitenbild sehen, sei es
vor dem Kauf eines Landstücks, oder für die Planung der Rodungsverteilung
wird ihnen klar, dass heute keine Prozesse auf dem Landstück mehr
verborgen oder unbekannt bleiben. Die Bilder sind eine Informationsquelle
über Wald, Weide und Bodenbearbeitung, die heute jedem zur Verfügung
steht, um Planungsdaten, für Rodungen zu erhalten oder um Kontrollen der
Rodungsprozesse, auch von Seiten der zuständigen Behörde durchzuführen.
Man sieht die Schonstreifen, wenn sie zu schmal geraten sind, und man
sieht genau ob die 25% wie geplant stehen bleiben.
Die Satellitenbilder bedürfen keiner Rechtfertigung,
höchstens die Erklärung dass sie Wald erst bei 30 oder 15 m Breite
erkennen lassen.
Die Satellitenbilder des zentralen Chaco beantworten in
wenigen Worten, die ins Gewissen formulierte Frage des Schöpfers: „Was
hast du aus dem allem gemacht?" Der Auftrag des „Untertan-Machen" nach 1.
Mose 1,28 wurde ausgeführt.
b) Zur Winderosionsproblematik auf Ackerböden:
Das Problem der Winderosion scheint fast 50 Jahre alt zu
sein. In den Jahren mit weniger Niederschlägen ist es stärker vor Augen
als in regenreichen Jahren. Dennoch wird wenig aus eigener Initiative
dagegen gemacht. Dieses Problem betrifft zur Zeit ca. 1% der Fläche in
Fernheim. Früher wird der Prozentsatz Fläche höher gewesen sein, weil die
Kolonie insgesamt weniger Land hatte. Der vom Wind angehäufte Sand findet
einen guten Markt im Bausektor, besonders bei den Dörfern in der zentralen
Gegend um Filadelfia herum. Ist Fläche wirklich so teuer im „alten Teil"
der Kolonie, dass man nicht paar Reihen Neem pflanzen oder 10 - 15 m
Strauch wachsen lassen kann? Die sichtbare Winderosion besonders die Wege
entlang gibt den Kolonien nach wie vor ein negatives Image und beweist,
dass dieses Umweltproblem nicht unter Kontrolle ist. Es hat auch den
Anschein, als wenn es den Bauern selbst nicht stört, weil heute meistens
zur windreichen Zeit keine Kulturpflanzen auf den Feldern stehen. Die
Hungerkultur Erdnuss bringt auf dem Restsand des Feldes dann immer noch
eine gute Produktion, wenn es nur regnet. Die sachgemäße Bodenbearbeitung
auf Problemfeldern kann viel Winderosion vorbeugen, flächendeckende
Bodenbedeckung ist sehr wichtig, Fruchtfolgen können einen strategischen
Beitrag liefern. Wie kommt man hier der Gesetzesforderung des Dekrets
18.861 von 1986 nach? Bebauen ist 70 Jahre praktiziert worden, für das
Bewahren werden noch andere Mechanismen als dieses Gesetz eingesetzt
werden müssen. Bis heute ist noch keine Umweltverträglichkeitsprüfung für
den laufenden Ackerbau auf Kampboden vom Umweltsekretariat verlangt
worden. Noch ist kein Strafzettel für Winderosion verhängt worden. Es ist
noch Zeit, um sich etwas einfallen zu lassen.
Sollte neues und angeblich letztes Ackerland in Kultur
genommen werden, wenn in 50 Jahren dem Winderosionsproblem mit dem
Kampboden nicht vorgebeugt noch dieses unter Kontrolle gebracht werden
konnte? „Ausgekehrt und entleert wird die Erde, ausgeraubt und
ausgeplündert..." (Jesaja 24, 3a)
c) Zur Pflege der gerodeten Flächen:
Was nach der Rodung mit den Flächen zu geschehen hat,
ist durch die Zielsetzung des Dekrets 18.861, darunter besonders die
Vermeidung der Überweidung und Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit
festgelegt. Die Bodenbedeckung hat auch hier flächendeckend einen höchst
strategischen Wert, um das Produktionspotenzial zu erhalten. Wenn schon
gerodet werden musste, sollte die Fläche auch auf unbestimmte Zeiten in
Produktion bleiben können.
In diesem Bereich wird heute das Thema der Bäume und
Sträucher in den Weiden viel diskutiert. Auch die Einseitigkeit des Gatton
Panic-Grases in der Weidewirtschaft wird immer mehr hinterfragt.
d) Zur Anpassung an die Veränderungen im
wirtschaftlichen Umfeld:
Die jüngere Generation steht heute vor einem veränderten
wirtschaftlichen Umfeld. Aus dieser Generation wollen und können aber
immer weniger Personen Bauern werden. Nur noch die Fähigsten und/oder
Bemittelsten werden in diesem veränderten Umfeld Bauern werden. Ein Teil
von ihnen erhält eine fachspezifische Ausbildung zum Bauer-Sein, in der
Landwirtschaftsschule in Loma Plata. In den Dörfern von Fernheim stehen
Wirtschaftshöfe leer. Viel diskutiert wurde im Jahr 2001, ob die
Fernheimer Wirtschaftsnorm von 250 ha, tragfähig für eine Familie ist.
Kann das Land, das urbar gemacht und gerodet wurde, überhaupt im
Verhältnis zur Produktion bezahlt werden? Wie vollzieht sich der Übergang
von einer Generation zur nächsten, wenn die nächste Generation das Land
von der vorigen Generation nicht kaufen kann? Ist es wirtschaftlich und
umweltverträglich, bei leeren Wirtschaften in den Dörfern weiter entfernt
Land zum Neu-Einrichten und Roden anzubieten?
Roden ist Mode „geblieben". Können wir uns diese Mode
wirklich leisten? Geht die Rechnung „Rinder mal Hektar" auch auf dem Land
der vorigen Generation noch auf? Wer kann sich die fälligen Sabbatjahre
leisten? Ist es sinnvoll, nach dem Prinzip zu handeln: Wollen Roden,
solange es noch geht? Die Frage ist vielmehr, kann das, was gerodet wird,
200 oder 300 Jahre wirtschaftlich produktionsfähig bleiben? Viele denken
dann, solange es regnet, produziert das Land. Regen ist im Chaco eine
Antwort und eine Lösung auf viele Fragen und Probleme. Also liegt der
Segen in Gottes Hand.
e) Zur Einstellung gegenüber den Gesetzen, die die
Landnutzung beeinflussen
Die Diskussionsprozesse, die von 1991 bis Anfang 1999
zwischen den staatlichen und mennonitischen Vertretern geführt wurden,
zeigen, dass Mennoniten nicht nur geradewegs ein „Ja" zu
Gesetzesbestimmungen finden, die gerade ihre tugendhafte Arbeitsamkeit und
ihr Nutzungsflächen-Kapital betreffen. Sie reagieren empfindlich auf
„Vorsagen" und „Vorschriften" bei eigenem (Land)Kapitaleinsatz und
verabscheuen bürokratische administrative Abläufe. War die Strategie der
Verhandlungen zu den Abkommen ein Zeitgewinnen-Wollen, um sich an die
Inhalte der gesetzlichen Forderungen zu gewöhnen? Wollte man wirklich
Sonderregelungen für die Landnutzung im Chaco-mennonitischen Imperium
haben? War es bei den offensichtlichen „Umweltsünden" berechtigt,
besondere Begünstigungen im Vergleich zu anderen Landbesitzern in Paraguay
zu verlangen? Störte man sich wirklich nur an den bürokratischen
administrativen und zentralisierten Abläufen? Die öffentliche Seite hat
nicht nachgegeben. Die Gesetze sind für alle und für ganz Paraguay gültig.
Deshalb war das „Abkommen" nach Ablauf der Frist nicht mehr notwendig. Die
Mennoniten befinden sich im Anpassungsprozess. Sie üben sich in der
Einhaltung der Gesetze Nr. 422 und 294. Mit den Gesetzen 352 und 536
werden die Übungen vermutlich später anfangen, je nach Notwendigkeit oder
nach Konfliktsituationen.
Seit das neue Landnutzungsverfahren in Anpassung an die
nationalen Gesetze mehr ins Gerede gekommen ist, haben manche Produzenten
wieder mehr Interesse für das schon gerodete und teure Land im zentralen
Teil der Kolonie gezeigt. (Land in weiteren Entfernungen ist heute zum
Teil auch schon teuer und dadurch nur bedingt attraktiv.) Auf den schon
gerodeten Flächen braucht man wenigstens nicht die 25%-Reserve und die
breiten Schonstreifen einhalten, denken sie. Doch wer dieses Land kauft,
der „übernimmt" das Defizit zum Gesetz von 1973 und die Aufgabe der 5%
Aufforstung, wenn schon zuviel ausgerodet wurde. Das ist da „implizit",
stillschweigend, ungeschrieben, miteinbegriffen. Die 5% Aufforstung sollte
heute als ein sehr guter Kompromiss hinsichtlich der Verpflichtung zum
Schutz der Natur angesehen werden, denn dann hält man immer noch 20% mehr
für Weide.
Glücklicherweise sind durch die Gespräche mit der
öffentlichen Seite heute schon die Aufteilung der 25%-Reserve erlaubt und
das natürliche Verstrauchen-lassen wird als Wiederaufforstung zugelassen.
Dadurch gibt es für diese Landeigentümer die Möglichkeit, Problemstellen
in ihren Weiden durch natürliche Regeneration zum „Blanqueo" ihrer Schuld
gegenüber den Forst- und Umweltgesetzen zu nutzen. Zu den Problemstellen
in den Weiden werden heute die stark strauchenden Standorte gezählt, die
eine teure Maschinenbearbeitung brauchen, um eine Grasproduktion zu
bekommen; die sandhaltigen Flächen, auf denen das Gatton Panic nicht gut
wächst. Die fehlenden Schonstreifen auf den von früher gerodeten und zu
großen Flächen sollten gezielt zum Nachwachsen von Maschinenbearbeitung
freigehalten werden. Alle Wegränder entlang sollte der Busch wieder durch
Regeneration aufwachsen dürfen.
In den heute gültigen Gesetzen ist noch viel Spielraum
für Produktionsmöglichkeiten gegeben, die noch nicht erschöpft sind. Diese
sehen nicht alle so aus, wie sie heute praktiziert und üblich sind. Sie
sind auch nicht alle so radikal und tiefgreifend angesetzt wie die
Beispiele der bisherigen mennonitischen Arbeitsweise.
Der „Chaco" empfindet die Mennoniten vermutlich schon
einigermaßen anspruchsvoll und sehr fordernd, besonders dort wo sie nicht
ein Mindestmass der im Gesetz festgelegten Spielregeln einhalten. Das
nationale Forst- und Umweltgesetz ist der einzige legal anerkannte
Schutzrahmen für den Lebensraum „Chaco". Chacobewohner könnten im Blick
auf die Heimat für die nächste Generation zumindest diesen Rahmen, für
ihre heutigen wirtschaftlichen Tätigkeiten respektieren. Das Bild aus
Jesaja 24 sollte nicht für die Landnutzung der Mennoniten-Kolonien
zutreffen: 3a: „Ausgekehrt und entleert wird die Erde, ausgeraubt und
ausgeplündert..."; 5b: „...denn sie haben die Gebote übertreten, die
Satzungen verletzt,...".
Die biblischen und die nationalen Gesetze bieten einen
Rahmen, der für den Chacobewohner eine gute Hilfe im Ausführen des
biblischen Auftrages des Bebauens und Bewahrens sein kann.
Bibiographie:
Primäre Quellen:
- 50 Jahre Fernheim - Ein Beitrag in der Entwicklung Paraguays. 1980.
Hrsg.Kolonie Fernheim
- Peter P. Klassen. Immer kreisen die Geier. Ein Buch vom Chaco
Boreal in Paraguay. 1983.
- Heinrich Dürksen. Dass du nicht vergessest der Geschichten. 1990
- Mennoblatt - Archiv, Filadelfia.
- Desarrollo Regional Integrado del Chaco Paraguayo. Paraguay-OEA,
Asunción, Abril 1983.
- Perfil Ambiental del Paraguay. STP-AID, Asunción, 1985.
- Proyecto Sistema Ambiental del Chaco, Tomo I, MAG-BGR, Asunción
1998.
- Daten der Forstmappen - Bibliothek Beratungsdienst, Fernheim.
- Menno informiert, Artikel von April 1991.
- Menno aktuell, Artikel von Juni 1997.
- Informationsblatt Neuland, Artikel von Mai 1991.
- Fernheimer Informationsblatt, Juli und August 1997.
- Fernheimer Informationsblatt, Januar 1999.
- R.Goerzen, Artikel: Die produktionstechnische Entwicklung Fernheims
und die Versuchstation. Juni 2000. Forstwirtschaftliche Gesetze,
Umweltgesetze, Dekrete. Übersetzung, 1999.
Sekundäre Quellen:
- Friesen, Martin W. Neue Heimat in der Chaco Wildnis. 1987.
- Krier, Hubert. Tapferes Paraguay. 5., überarb. u. erw.
Aufl.-Tübingen, Narr, 1986.
- Ratzlaff, Gerhard. Die Ruta Transchaco
Bildmaterial:
- Fotos Aéreas, 1968. Beratungsdienst Fernheim. Landbüro.
- Satellitenbilder. Beratungsdienst Fernheim. Landbüro.
- Proyecto Sistema Ambiental del Chaco, Tomo I, MAG-BGR, Asunción
1998.
- Lexikon zur Bibel, Hrsg Rienecker, Fritz. 9. Auflage, 1983.
Brockhaus Verlag - Wuppertal.
- Zürcher Bibel, 1972.
Fussnoten:
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Ing. Agr. Rosali Goerzen ist im
Beratungsdienst der Kolonie Fernheim für den Forstbereich
zuständig.
|
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P.Klassen, 1983.
|
|
W.Quiring, 1934.
|
|
R. Käthler, Informationsblatt, Juli 1997.
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|
Wilhelmy und Rohmeder, 1963.
|
|
P. Klassen, 1983.
|
|
D. Sawatzky, 1991.
|
|
D. Sawatzky, 1991.
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|
Gerhard Dyck, 1991.
|
|
D.Sawatzky, 1997.
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|
R. Käthler, Informationsblatt 1997
|
|
Protokoll - Beratungsdienst, R. Goerzen, Feb.
1998
|
|
Mennoblatt, Juni 1998
|
|
Protokoll-Beratungsdienst, R. Goerzen, 1998
|
|
H. F.Wiens, Informationsblatt, Nr.1,1999
|
|
R. Käthler, Informationsblatt Nr.7,2001
|