Dorfschulze

Der Schulze oder Schultheiß ist bereits seit der karolingischen Zeit bekannt. Er war der Vorsteher eines Ortes und verwaltete die niedere Gerichtsbarkeit. Auch im Weichselland, in das die Mennoniten einwanderten, gab es Schulzendörfer, die noch aus der Ordenszeit stammten. Die Mennoniten wollten zunächst mit dieser Ortsverwaltung nichts zu tun haben, da sie von ihrem Glaubensprinzip her die Übernahme weltlicher Ämter ablehnten. Das änderte sich jedoch mit dem Zeitpunkt, wo in einem Ort nur Mennoniten lebten, oder wo sie die Mehrheit bildeten. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts übernahmen deshalb auch Mennoniten das Schulzenamt, weil jemand für die Verwaltung des Dorfes zuständig sein musste. Bei der Auswanderung nach Russland nahmen die Mennoniten diese Form der Selbstverwaltung mit, und sie kam ihnen bei der Anlage ihrer Dörfer zustatten. Das Schulzenamt war hier jedoch nichts spezifisch Mennonitisches. Es war in den allgemeinen Verordnungen (Instruktionen) der russischen Regierung für alle Ausländerkolonien vorgeschrieben.
Als eine Gruppe der Mennoniten 1874 aus Russland nach Kanada auswanderte, führten sie dort zunächst auch diese Form der Selbstverwaltung in ihren Dörfern ein. Bald merkten sie jedoch, dass sie sich in der Verwaltung der kanadischen Legislatur unterwerfen mussten.
In Paraguay kam den aus Kanada und Russland eingewanderten Mennoniten das Schulzenamt für die Dorfverwaltung wieder sehr zustatten, und so ist es auch bis heute geblieben.
Peter P. Klassen
Peter M. Friesen: Altevangelisch Mennonitische Brüderschaft in Russland (1789 – 1910). Halbstadt, 1911; B. W. Klaarberger: Das altfriesische jüngere Schulzenrecht. Drachten, 1947; Horst Penner: Die ost- und westpreußischen Mennoniten. Karlsruhe, 1978.