Musikschule

Mennoniten haben während ihrer langen Wanderschaft über Preußen, Russland, Kanada und letztlich nach Paraguay immer eine Liebe zur vokalen und instrumentalen Musik gezeigt. Seit der Gründung der >Kolonie >Menno 1927 setzten sich manche Gesangliebhaber und Musiker trotz allgemeiner Intoleranz gegenüber neuen musikalischen Richtungen für die musikalische Entwicklung und die Musikerziehung ein. Dieser Einsatz bereitete den Boden für einen Kulturwandel in den 1950er und 1960er Jahren, wobei der mehrstimmige Chorgesang und die Instrumentalmusik offene Türen fanden. Das traditionelle Ziffernsingen und Musizieren “nach dem Gehör” blieben weiterhin eine verbreitete Praxis. Außer Harfe und Akkordeon, einigen alten Klavieren, Gitarren und Geigen, waren wohl kaum Orchesterinstrumente vorhanden. Die Notwendigkeit zu mehr elementarer oder fundamentaler Musikerziehung war deutlich spürbar.
Ende 1992 wurde das Asuncióner Sinfonieorchester in den >Chaco eingeladen, um die verschiedenen Instrumente eines Symphonieor-chesters vorzustellen. Dieser Besuch in >Filadelfia war der Meilenstein zur Gründung von Musikschulen bzw. Musikförderkreisen in den Chacokolonien >Menno, >Fernheim und >Neuland.
Die aus Russland eingewanderten Mennoniten in >Fernheim und >Neuland hatten durch ihren gepflegten Chorgesang und ihre Liebe zur Instrumentalmusik dem Musikinteresse in >Menno neue Impulse gegeben. Weil Musik damals als Luxus angesehen wurde, erwartete man, dass sie hauptsächlich ehrenamtlich gefördert werden müsste. Daher ist es auch zu verstehen, dass Anfang 1993 der Antrag an die Kolonieverwaltung von Menno auf finanzielle Unterstützung zur Gründung einer Musikschule und zum Kauf von Instrumenten zurückgewiesen wurde.
Im April 1993 wurde ein Komitee zur Führung des neuen Musikförderkreises ernannt. Durch kleine Spenden wurden einige gebrauchte Instrumente gekauft und mit den vorhandenen Instrumenten wurde das Jugendorchester der Kolonie Menno gegründet. Manche verstaubten Geigen wurden gesäubert und eingesetzt. Musiker aus dem Asuncióner Sinfonieorchester wurden angeworben und kamen zweimal im Monat, um am Wochenende Musikunterricht zu erteilen. Im Dezember 1994 wurde durch eine private Vorfinanzierung von US$13.600.00 die erste Sendung von 23 Instrumenten (für Streicher und Bläser) in Kanada gekauft und nach Paraguay transportiert. Nach kurzer Zeit wuchs das neu gegründete Jugendorchester bis auf 55 Mitglieder an. Die Auftritte des Jugendorchesters in den Gottesdiensten und auf kulturellen Veranstaltungen fanden viel Beifall bei den Zuhörern und regten zum Musizieren an.
Seit 1995 wird dieser Musikförderkreis, der 1997 als “Musikförderung von Menno” der Schulverwaltung eingegliedert wurde und seit 2004 als “Musikschule des Colegio Loma Plata” Teil dieser Schule ist, von der Asociación Civil finanziell unterstützt. Seit der Gründung des Musikförderkreises haben außer Musiklehrern aus den Kolonien auch etwa 30 Musiklehrer aus Asunción, Kanada, Europa, Japan, USA und Brasilien an dieser Musikschule unterrichtet. Seit 2001 hat besonders die Pflege der Blasmusik einen enormen Aufschwung erlebt.
Im Jahr 2008 verfügt die Musikschule des Colegio >Loma Plata über einige Orchester, den Kammerchor, den Oratorienchor und erteilt Einzelunterricht für Gitarre, Harfe, Klavier, Geige, Holz- und Blasinstrumente und Stimmschulung. 13 Musiklehrer unterrichten etwa 400 Schüler. Eine Anzahl klassischer Konzerte, bestehend aus kürzeren Messen, Kantaten und anderen Stücken berühmter Komponisten sowie auch die Oratorien “Der Messias” (G. F. Haendel), “Die Schöpfung” (F. J. Haydn) und “Paulus” (F. Mendelssohn) wurden mit Begleitung des Asuncióner Sinfonieorchesters und Musikern aus den Kolonien aufgeführt. Die Musikschule ist auch mit Konzerten in >Mariscal Estigarribia, in Asunción in der Catedral Metropolitana wie auch im Teatro Municipal und im Teatro Juan de Salazar in Asunción aufgetreten. Seit 2007 ist die Musikschule auch gesetzlich anerkannt, so dass die Schüler ein vom Staat anerkanntes Examen ablegen dürfen.
Diese Musikschule hat wesentlich dazu beigetragen, das künstlerische und kulturelle Niveau der Kolonie Menno zu heben. Durch individuelle musikalische Schulung und gemeinsames, anspruchsvolles Musizieren finden viele Schüler eine sinnvolle Beschäftigung und eine Bereicherung ihres Lebens. Viele werden auch zum Dienst in Gemeinden und Schulen der Gemeinschaft auf musikalischem Gebiet motiviert.
Ed Toews