Manuel Gondra (1871 – 1927) war als Doktor der Geschichte, Philosophie und Literatur ein Literaturkritiker, Erzieher und Diplomat, mehrere Male Minister, ein patriotischer Forscher der paraguayischen Geschichte, vor allem der Geschichte über die Entstehung der Landesgrenzen und über die Hintergründe des >Chacokriegs. Er war der gebildetste Staatsmann Paraguays zwischen 1900 und 1920.
Gondra war zweimal für kurze Zeit Präsident des Landes in den Jahren 1910 – 1911 und 1920 – 1921, was zeigt, dass er mehr ein Lehrer als ein Politiker war, mehr einer, der mit gutem Vorbild voranging, als dass er zu regieren verstand. Lange Jahre war er als Vertreter Paraguays in Washington diplomatisch tätig, wo er die Idee des Panamerikanismus vertrat und danach strebte, den Frieden in Amerika zu wahren und Konflikte ohne Krieg zu lösen.
Auf einer Schiffsreise von den USA nach Paraguay kam er mit den Mennoniten und deren Auswanderungsideen nach Südamerika in Kontakt. Er lud sie ein, nach Paraguay zu kommen, um sich das Land anzusehen, woraus sich später die Einwanderung ergab. Er setzte sich auch stark für Begünstigungen der Einwanderer ein, woraus 1921 das >Gesetz 514 entsprang, Grundlage für die Entscheidung zur Einwanderung der >Mennoniten in Paraguay .
Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte der edle und desillusionierte Staatsmann hinter Büchern und mit Schreiben. Er starb in Ypané am 7. März 1927, als die kanadischen Mennoniten im Begriff waren, die ersten Schneisen in den Chacobusch zu schlagen und >Siedlerlager anzulegen, um dem Tod in >Puerto Casado zu entgehen.
Uwe S. Friesen
Martin W. Friesen: Neue Heimat in der Chacowildnis. 2. Auflage. Asunción: Imprenta Modelo, 1997, S. 85-90; Calendar of the Manuel E. Gondra Manuscript Collection, The University of Texas Library by Carlos Eduardo Castaneda, Jack Autrey Dabbs Review author[s]: Lino G. Canedo, The Americas, Vol. 11, No. 1 (Jul., 1954), pp. 103-105.