Die Deputierten der >Bergthaler aus Russland, die 1873 in Nordamerika Siedlungsmöglichkeiten untersuchten, brachten je einen Freibrief der kanadischen und der US-Regierung mit nach Hause. Diese sicherten die gewünschten Privilegien zu, die sie für den Fall einer Ansiedlung in den Vereinigten Staaten und in Kanada zugesprochen bekamen. Sie waren am 23. Juli 1873 ausgefertigt worden und sicherten den späteren Zuwanderern die erbetenen Rechte zu. Die Mennoniten schenkten dem Freibrief der kanadischen Regierung größeres Vertrauen, weil Kanada unter dem Schutze Englands stand und weil man auch meinte, dass dadurch die Wehrfreiheit, die eigenen Kirchen und Schulen länger erhalten bleiben würden. Er hatte jedoch einen Haken, der für den Schulstreit zwischen Regierung und mennonitischen Einwanderern von großer Bedeutung war. Als die Delegaten aus Russland schon auf dem Heimweg waren und der Freibrief von der kanadischen Regierung zu den Akten gelegt wurde, kam ein kleiner Zusatz hinzu. Wo es vorher hieß:
und dasselbe Vorrecht erstreckt sich auf die Erziehung ihrer Kinder in den Schulen
, hieß es später:
und dasselbe Vorrecht erstreckt sich auch auf die Erziehung ihrer Kinder in den Schulen, wie das Gesetz es vorsieht.
Diese Formulierung ermöglichte später den Provinzialregierungen, in die privaten Gemeindeschulen, die die Mennoniten möglichst unverändert beibehalten wollten, einzugreifen. Und als in Manitoba und Saskatchewan im Jahre 1916 ein Schulgesetz verabschiedet wurde, wodurch die Privatschulen aufgelöst, nur noch Englisch als Unterrichtssprache zugelassen und der Religionsunterricht aus dem Lehrprogramm entfernt werden sollte, fühlten sich viele Mennoniten bedroht und betrogen und suchten einen Ausweg, den sie in der Auswanderung, unter anderem auch nach Paraguay, fanden.
Uwe S. Friesen
Martin W. Friesen: Neue Heimat in der Chacowildnis. 2. Auflage. Asunción: Imprenta Modelo, 1997, S. 50-71; Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. 2. erweiterte Auflage. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 2001, S. 64-65.