Brasiguayos

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verließen zahlreiche, zum Teil arme Familien, Deutschland, um im Süden Südamerikas eine neue Heimat zu finden. In Brasilien siedelten sie hauptsächlich in den Bundesstaaten Rio Grande do Sul und Santa Catarina an. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als gutes Siedlungsland in Brasilien knapp und teuer wurde, wanderten größere Gruppen in >Paraguay ein, wo sie in der Nähe von Encarnación blühende Kolonien gründeten. In den sechziger und siebziger Jahren haben mennonitisch gläubige Lehrer besonders in Bella Vista, Hohenau, Capitan Meza und Cambyretá zum Aufbau des Schulwesens und zum Erhalt der deutschen Sprache beigetragen.
Eine weitere größere Einwanderungswelle aus Brasilien, wieder waren es zahlreiche Deutschstämmige, gab es nach der Fertigstellung der Freundschaftsbrücke über den Paraná bei Ciudad del Este. Die Landnot in Brasilien und auf paraguayischer Seite der fruchtbare Boden und die niedrigen Landpreise ließen Tausende Familien in Paraguay eine neue Heimat finden. Ihre Anzahl wurde in den siebziger Jahren auf 350.000 geschätzt. Im dichten Urwald der Departamente Alto Paraná, Caaguazú und Canindeyú entstanden Siedlungen, die heute bekannte Namen tragen wie Santa Rita, Naranjal, Catuete, Lapachal, Coronel Toledo, Casilla Dos und andere. Der tropische Regenwald wurde mit “Foisel” (langstieliges, krummes Haumesser), Kettensäge und Feuer gerodet und im “Rozado” (auf der Rodung) gediehen Mais, Soja, Mandioka und andere Feldfrüchte. Heute findet man in den Kolonien, die einst von Brasilianerdeutschen gegründet wurden, eine intensiv betriebene mechanisierte Landwirtschaft sowie rege soziale und geschäftliche Aktivitäten. Während die deutsche Sprache noch gesprochen wird, spricht die Jugend eher Spanisch. Deutsch bleiben die Familiennamen wie: Obermeier, Hammerschläger, Fensterseifer, Donhauser, Schneider, Schmidt und andere. Glaubensmäßig gehören die meisten der katholischen oder lutherischen Kirche an. Durch rege Missionsarbeit sind in den Kolonien einige mennonitische Gemeinden entstanden wie z. B. in Coronel Toledo, Santa Rita sowie auch im Dreiländereck Ciudad del Este (Paraguay), Foz do Iguazú (Brasilien) und Puerto Iguazú (Argentinien).
Auch in Filadelfia, wo eine beträchtliche Anzahl Brasilianer und Brasilianerdeutsche (oft “Brasiguayos” genannt) Arbeit gefunden hat, ist durch die Missionsarbeit der Mennoniten Brüdergemeinde eine portugiesisch sprechende Gemeinde, die Nova Alianza, entstanden.
Korny Neufeld
Gerhard Ratzlaff: Historia, fe y prácticas menonitas: Un enfoque paraguayo. Asunción: Instituto Bíblico, 2006, S.212-221.