Im Dezember 1985 eröffnete der >Christliche Dienst eine eigene >Kindertagesstätte in Asunción. Doch schon vorher hatten freiwillige Mitarbeiter des CD in mehreren Kinderheimen in Asunción Hilfsdienste geleistet. So wuchs bei den Mennoniten nach und nach der Gedanke, ein eigenes Kinderheim aufzubauen. Die Frage wurde dem >Gemeindekomitee vorgelegt. Nach einer Zeit der Überlegung entschied man sich für eine Kindertagesstätte anstelle eines Kinderheimes. In einem Kinderheim werden elternlose Kinder in voller Pflege vollzeitig aufgenommen. In der Kindertagesstätte dagegen werden die Kinder allein erziehender Mütter tagsüber aufgenommen und verpflegt. Für die Nacht gehen sie zu den Müttern, d. h. die Mütter bringen ihre Kinder morgens in die Kindertagesstätte und holen sie am Nachmittag um 18.00 Uhr wieder ab.
Die Kindertagesstätte fing zunächst in Zusammenarbeit mit der spanischsprachigen Gemeinde Emanuel auf der Venezuela 1.464 in Asunción an. Doch schon bald bezog man die Räumlichkeiten, die ihnen von Adolf Loewen, einem mennonitischen Geschäftsmann in Asunción, für diesen Zweck unentgeltlich für die Dauer von fünf Jahren zur Verfügung gestellt wurden. Inzwischen war auch die Kinderherberge (>Herberge für Straßenkinder) ins Leben gerufen worden. Man fand es daher zweckmäßig, ein Grundstück zu erwerben, auf dem beide Institutionen nebeneinander untergebracht werden könnten.
Aufgenommen werden Kinder allein erziehender Mütter unter folgenden Bedingungen: Die Kinder müssen aus armen Verhältnissen kommen. Die Mütter werden von Sozialarbeitern besucht und geprüft. Die Mütter der Kinder müssen eine feste Anstellung haben und einen entsprechenden Arbeitsausweis vorzeigen können. Kinder werden im Alter von sechs Monaten bis vier Jahren aufgenommen. Sie bleiben in der Tagesstätte bis zu ihrem 15. Lebensjahr, die Zeit, in der sie die Primarschule abschließen. Es ist das ernsthafte Anliegen des CD, den Kindern eine christliche Erziehung zu vermitteln. Zu diesem Zweck werden verschiedene Programme veranstaltet. Aus diesem Grund entstand dann 2001 die eigene christliche Schule PROED, die zur Zeit von der Vorschule bis zur 9. Schulklasse führt. In dieser Schule werden die Kinder von 7.00 bis 15.00 Uhr betreut. Da machen sie auch die Hausaufgaben. Danach übernimmt die Tagesstätte wieder die Betreuung bis zu der Zeit, wenn die Mütter sie abholen kommen.
Ein wichtiger Teil in der Kinderarbeit ist die erzieherische Arbeit mit den Müttern der Kinder. Mütter, deren Kinder in der Tagesstätte aufgenommen werden, sind verpflichtet, einmal wöchentlich, am Dienstagnachmittag, an einem Treffen in der Tagesstätte teilzunehmen. Hier erhalten sie Unterweisung in verschiedenen Themen: Erziehung, Gesundheit, Ehe, Familienplanung, Haushalt, christliche Erziehung u. a. m. Es wird mit ihnen gesungen und gebetet. Im Anschluss an diesen Teil des Programms, der für alle Mütter obligatorisch ist, soweit es von der Arbeitsstelle her geht, folgt ein systematisches Bibelstudium auf freiwilliger Basis, das zur Zeit von der nebenan liegenden spanischsprachigen Mennonitengemeinde organisiert wird. Die Früchte dieses geistlichen Bemühens sind darin sichtbar, dass in manchen Fällen verworrene Familienverhältnisse geregelt werden konnten und eine Anzahl Mütter sich hat taufen lassen.
Im Jahre 2006 wurden die Räumlichkeiten der Tagesstätte erweitert. 2007 betreute die Tagesstätte 90 Kleinkinder und 151 Schulkinder. Die 125 Mütter der Kinder arbeiten solidarisch zusammen. Sie helfen sich gegenseitig bei der Arbeitsuche, organisieren das Bringen und Abholen der Kinder und veranstalten Programme und Aktivitäten, um Geldreserven für Notfälle aufzubauen.
Gerhard Ratzlaff
Gerhard Ratzlaff: Ein Leib – viele Glieder. Die mennonitischen Gemeinden in Paraguay. Hg. Gemeindekomitee. Asunción: Makrografic, 2001, S. 313-315.