Schweineschlachten

Der Brauch des Schweineschlachtens wurde im >Chaco seit der Ansiedlung 1927 weitergeführt, wie die Vorfahren es von Kanada und Russland her gewohnt waren. Wohl jeder Bauer zog Schweine groß, welche hauptsächlich im Winter, wenn die Witterung kälter war, geschlachtet wurden. Es wurden pro Familie manchmal mehrere Schweine im Jahr bzw. in jedem Winter, geschlachtet, je nachdem wie groß die Familie war und wie viele Schweine sie gehalten hatte. Zum Schweineschlachten wurden gewöhnlich ein paar Nachbarn/Freunde eingeladen, die anschließend auch etwas vom “Frischen” mitbekamen. Für diese nachbarschaftliche “Hilfe” wurde nicht bezahlt; aber man lud sich gegenseitig dazu ein. Die ganze Familie wurde beim Schlachten eingespannt.
Bei einem großen Schwein nahm das Schlachten den ganzen Tag in Anspruch. Auch blieb für den nächsten Tag meist noch etwas zu tun wie aufräumen, Fleisch räuchern etc. Das Schwein wurde am Schlachttag ganz verarbeitet und das Fleisch so verarbeitet, dass möglichst nichts verdarb, was bei den klimatischen Bedingungen leicht geschehen konnte.
Die Familie traf am Vortag schon verschiedene Vorbereitungen: Messer schärfen, weitere Geräte reinigen und bereit legen, den großen gusseisernen Kochtopf (Mauergrapen) von ca. 80 – 120 l Kapazität reinigen und voll Wasser gießen, Brennholz zerkleinern, die Rinne für das Brühen ausheben, die Leiter und die Aufhänge-Vorrichtung vorbereiten etc. Schon frühmorgens vor dem Frühstück wurde Feuer unter dem “Mauergrapen” gemacht, damit das Wasser rechtzeitig heiß wurde für die Brühe und man möglichst früh mit dem Schlachten beginnen konnte. Man tötete das Schwein mit einer Flinte oder mit Axt und Messer. Zum Entfernen der Haare wurde eine flache Grube ausgehoben, etwas Stroh darin ausgebreitet, dann quer darüber eine Kette gelegt und letztendlich das Schwein mit dem Bauch nach unten darüber gelegt. Weiter wurde es dann gebrüht, damit sich die Borsten leichter ablösen ließen. Von zwei Männern wurden nun die Haare mit der Kette abgerieben, wobei das Schwein immer wieder gewendet werden musste. Anschließend wurde es auf eine Leiter gehoben, die auf beiden Enden in passender Höhe abgestützt war (etwa durch zwei Klötze oder Stühle), um es mit Messern sorgfältig von allen Resten zu befreien. Das Schwein wurde mit gespreizten Hinterbeinen durch ein Ortscheit (Querholz) aufgehängt, um es mit warmem Wasser abzuwaschen, die Eingeweide herauszunehmen und den Rücken mit Fleisch mit einer Säge abzutrennen. Die zwei Hälften wurden dann auf den Tisch gelegt, um sie zu zerkleinern.
Der Rücken und einige Teile von den Beinen wurden zerkleinert, als Knochenfleisch eingepökelt und so für längere Zeit haltbar gemacht. Kühlschränke gab es damals noch keine. Zur Mittagsmahlzeit bereitete man schon Schweinebraten mit Mandioka oder Süßkartoffeln für die Schlächter und die Familie vor.
Wichtig war beim Zerkleinern auch, das fette Fleisch in Streifen von etwa 8 cm Breite zu schneiden und “auszuschwarten” (mit einem scharfen Messer die Haut vom Schmalz trennen); während die größeren Stücke mit mehr magerem Fleisch in etwa doppelt so breite Streifen geschnitten wurden, um diese als Speck und Rauchfleisch einzusalzen und zu räuchern.
Von den schmalen Schmalzstreifen gab es Grieben, Schmalz und Rippenspeer. Weiter wurden auch Leberwurst und Rauchwurst “gestopft”. Diese Würste wurden mit demselben Fleischwolf ohne Messer gestopft. Später gab es auch extra Wurststopfer, wobei das gemahlene Fleisch durch eine kleine Handpresse in die Därme gepresst wurde. Damit ging es viel schneller als mit der Fleischmaschine.
Die Leberwurst, aus Leber und Fleisch von geringerer Qualität hergestellt, wurde zuletzt mit der Sülze, bestehend aus den Ohren und andern Teilen von Kopf, Füßen und Magen zusammen gekocht.
Vom geschlachteten Schwein wurde jeder Teil an seinem Ort in der Speisekammer, die zu jeder Wohnung gehörte, aufbewahrt. Insgesamt ergab es vom geschlachteten Schwein: Rauchfleisch, Rauchwurst, Knochenfleisch (Pökelfleisch), Grieben, Rippenspeer, Schmalz, Leberwurst, Speck, Schwarten, Sülze und Buntkäse. Der Kopf und die Füße mussten extra gereinigt und teilweise zu Sülze und “Buntkäse” mit Schwarten beigemischt, verarbeitet werden. Auch der Magen gehörte zur Sülze.
Der Dünndarm wurde für die Rauchwurst gereinigt und der Dickdarm für die Leberwurst. Rauchwurst oder Rauchfleisch wurden am selben Abend oder am nächsten Tag in einer offenen Tonne oder später auch in einer Räucherkammer geräuchert. Schwarten wurden später auch in die Bohnensuppe (weiße Bohnen, Winterbohnen) mit Nudeln und Knochenfleisch getan, welches eine ganz kräftige und wohlschmeckende Mahlzeit abgab.
Schmalz hielt sich bei der Hitze am längsten und die Hausfrau trachtete danach, dass dieses möglichst während des ganzen Jahres nicht ausging. Man brauchte es zum Braten und Backen anstatt Öl oder auch fürs Frühstücksbrot anstatt Butter, wenn diese fehlte.
Die Größe des Schweins wurde meist nach der Menge vom Schmalz eingeschätzt. Das Schmalz wurde heiß in “Schmalzdosen”, quadratische Dosen aus Blech von 18 l gefüllt. Diese Blechdosen waren im Chacokrieg als Munitionsgefäße benutzt und von den Bürgern aus Menno billig vom Militär erstanden worden. Es wurden aber auch Graniteimer zur Aufbewahrung von Schmalz benutzt. Ein mittelmäßig fettes Schwein ergab 1 – 2 Dosen voll Schmalz. Es gab aber auch Familien, die auf große und gut gemästete Schweine hielten und solche von vier oder mehr Dosen Schmalz schlachteten. Das sprach sich anerkennend in der >Kolonie herum. In Menno wurde die einmalige Menge von 180 l Schmalz von einem Schwein als Höchstmaß verzeichnet.
Nicht jede Familie im Dorf züchtete Ferkel. Meist gab es aber Nachbarn, die Zuchtsäue oder Eber hielten und Ferkel verkauften, so dass fast jede Familie sich zum Winter mit Schlachtschweinen versorgte. Seit einigen Jahrzehnten werden kaum noch Schweine für den Eigenbedarf gezüchtet bzw. geschlachtet. Es gibt wohl heute noch einige Schweinezüchter unter den Mennoniten, die ihre Schweine aber lebend verkaufen und sich Schweinefleisch, wie alle Bürger, die es essen wollen, auf dem Markt kaufen.
Mit der Zeit eröffnete auch die Kooperative eine Schlachterei, wo die Bürger einmal oder zweimal in der Woche Fleisch auf Anschreiben kaufen konnten. Als Tiefkühltruhen gekauft werden konnten, ging der Fleischhandel über auf die Kooperative oder Privathändler und viele Bürger schlachten als Familie oder mit den Nachbarn zusammen ein Rind und haben dann für ein paar Monate ihr eigenes Fleisch.
Andreas F. Sawatzky