Waisenamt

Die Erbschaftsregelung, die den größten Teil in der Arbeit des Waisenamts ausmacht, gehört rechtmäßig in den Bereich der Rechtssprechung, d. h. zur Aufgabe der Justiz.
Als ein Staat im Staate ergab sich für die mennonitische Gemeinschaft schon in Russland die Notwendigkeit, sich auch mit dieser Aufgabe zu befassen. Das führte zur Gründung des Waisenamts. Dessen Tätigkeit erstreckt sich auf Erbschaftsregelung und Hilfestellung bei auftretenden Fragen und Schwierigkeiten auf dieser Linie. Als Grundlage für diese Arbeit diente in Süd-Russland die 1807 ausgearbeitete “Teilungs-Ordnung”. Sie wurde mehrmals erweitert, bis sie schließlich 61 Punkte umfasste. Um die Waisen-Gelder besser verwalten zu können, gründete man 1904 im Halbstädter Bezirk die “Halbstädter Waisenkasse”. Die Verwaltung dieser Kasse erwies sich oft als recht schwierig. Deshalb hat man in Fernheim eine andere Regelung getroffen, indem man das vorhandene Geld in “Werte” umrechnet und dieses in der betreffenden Familie belässt. Das von Russland mitgebrachte Büchlein “Teilungs-Ordnung” ließen die Mennoniten 1930 in Karlsruhe, Deutschland, neu auflegen. Diese Richtlinien waren auch in den folgenden Jahrzehnten in >Fernheim gültig. Erst 1988 wurde eine neu bearbeitete und stark gekürzte Ausgabe “Verordnungen über Teilungsordnung und Vormundschaft” herausgegeben. Erarbeitet wurde der Inhalt von dem Waisenältesten David D. Hein, dem Gehilfen Hans G. Dück, dem >KfK-Leiter Peter F. Wiens, dem Kolonieschulrat Peter P. >Klassen und dem Kolonieschreiber Theodor A. Neufeld.
Da es auch immer mehr Ehescheidungen und Mischehen gibt, sind die Mennoniten genötigt, manche Regelungen aus den paraguayischen Verordnungen zu übernehmen. Das betrifft in erster Linie das Anlegen von Testamenten. Neu ist, dass jede Person ihr eigenes Testament anlegt und in demselben nur über 20 % ihres Gesamtvermögens bestimmen kann. Auch den “Verordnungen” wurden in den folgenden Jahren weitere Bestimmungen hinzugefügt. Wenn auch eine bestimmte Anpassung an das Landesgesetz angestrebt wird, so bleibt doch, gestützt auf das >Gesetz Nr. 514, das Recht, Erbschaftsregelungen – noch – nach den bisherigen Richtlinien durchzuführen.
David Hein