Die Initiative zur Errichtung einer Kinderherberge für die Straßenkinder Asuncións geht auf das Ehepaar Peter und Elsie Dürksen zurück. Das Ehepaar wohnte nicht in >Asunción, doch die Not der armen Kinder auf den Straßen Asuncións war Peter Dürksen bei seinen Geschäftsreisen nicht verborgen geblieben. Sie legte sich ihm aufs Herz. Für sie wollte er etwas tun.
Ein kleiner Freundeskreis wurde gebildet, der dieses Anliegen weiter fördern sollte. Nach einiger Zeit des Suchens wandte man sich an den >Christlichen Dienst mit folgendem Angebot: Der Freundeskreis ist bereit, die Kosten für eine Arbeit mit Straßenkindern zu übernehmen, wenn der CD das Projekt verwaltet. Dieses Angebot legte der CD dem >Gemeindekomitee vor.
So kam es zu einem Abkommen zwischen dem Gemeindekomitee auf der einen Seite und dem Freundeskreis auf der anderen. Dieses Abkommen sah vor, dass der Freundeskreis sich für die Betriebskosten verantwortlich macht, während der CD die Arbeit führt, überwacht und die notwendigen Freiwilligen für diese Arbeit zur Verfügung stellt. Am 5. Mai 1993 fand dann auf der Calle Mcal. Estigarribia 1.366 (fast Paí Pérez) die Einweihung der ersten Kinderherberge statt. Die Arbeit wuchs und ein neues Gebäude wurde notwendig.
Der Freundeskreis erwarb ein 7.000 m2 großes Grundstück zu einem Preis von US$ 225.000 und bot an, dieses kostenlos dem Gemeindekomitee zu übertragen, wenn der CD diese Arbeit als eines seiner Dienstfelder aufnehmen würde. Der Freundeskreis verpflichtete sich, auch weiter einen festen jährlichen Beitrag für diese Arbeit zur Verfügung zu stellen. Das Gemeindekomitee ging auf diesen Vorschlag ein und ein neues Abkommen wurde geschlossen. Mit Spenden aus dem In- und Ausland wurden die notwendigen Bauten errichtet. So konnte die neue, schöne und geräumige Herberge im Beisein vieler CD-Freunde, der Gemeindeleiter, CD-Vertreter und vieler Gäste am 20. Februar 1997 eingeweiht werden.
Als man die Arbeit mit den Straßenkindern begann, dachte man an eine vorübergehende Bleibe für die Kinder und für besondere Notfälle. Das heißt, die Kinder durften zu jeder Zeit einkehren, sich hier ausruhen und verweilen, man würde ihnen eine Mahlzeit servieren und sie könnten auch ein Nachtquartier erhalten. Sie hatten die Freiheit, zu jeder Zeit wieder auf die Straße zu gehen. Doch schon nach drei Monaten stellte man fest, dass dies nicht die Lösung für das traurige Los der Kinder war. Der Einfluss der Straße auf die Kinder war zu stark. Eine Verhaltensänderung bei den Kindern durch gelegentliche Besuche und bei Notfällen in der Herberge war kaum zu erwarten.
Dann bot man ihnen eine ständige Übernachtung an. Doch der Einfluss der Straße war immer noch stärker als der sporadische Liebesdienst der CD-Arbeiter. Man ging dazu über, sie für die ganze Woche aufzunehmen, Tag und Nacht, und nur am Wochenende fuhren sie zu ihrer Familie in die Elendsviertel. Doch alles, was in einer Woche aufgebaut worden war, wurde an einem Wochenende wieder zerstört. Immer noch hatte man nicht die entsprechende Lösung gefunden, diesen Straßenkindern von Asunción zu helfen. Man lernte aus den Erfahrungen und ging noch einen Schritt weiter. Von nun an durften die Kinder nur an jedem zweiten Sonntagnachmittag, wenn sie es wünschten, zu ihren Familien, Verwandten und Freunden zu Besuch fahren. Damit ist für diese Kinder die Kinderherberge El Abrigo (Das Obdach) zu ihrem Heim geworden, in dem sie allseitig betreut werden. Und so wurde der Einfluss der Herberge stärker als der Einfluss der Straße. Bei alledem ist man dennoch bemüht, die Beziehungen zu den Familien der Kinder aufrecht zu erhalten.
Im Jahre 2000 hatte die Herberge 57 Kinder, die ganzheitlich betreut wurden. Betreut werden die Kinder der Herberge El Abrigo von mehreren angestellten Personen, die folgende Posten bekleiden: ein Leiter, eine Psychologin, ein Sozialarbeiter, eine Krankenschwester, zwei Erzieher als Schichtleiter, zwei Erzieher und zwei Köchinnen und 15 Freiwillige, die teils aus Paraguay, teils aus verschiedenen anderen Ländern kommen.
Inzwischen sind eine Anzahl Jugendlicher, nachdem sie 18 wurden, aus der Herberge entlassen worden. Nicht alle fanden sich in der Welt zurecht. Aus diesem Grund wurde 2004 ein Übergangsheim für die heranwachsenden Jugendlichen, je eines für Mädchen und eines für Jungen, organisiert (2007, fünf Jungen und drei Mädchen). Ein Ehepaar leitet die Jugendlichen dieser beiden Heime an, sich gezielt auf Beruf, Arbeitsstelle und Wohnmöglichkeiten vorzubereiten.
Gerhard Ratzlaff
C. D. Infoblatt, Winter 3/2000; Gerhard Ratzlaff: Ein Leib – viele Glieder. Die mennonitischen Gemeinden in Paraguay. Hg. Gemeindekomitee. Asunción: Makrografic, 2001, S. 317-325.