Mennonitenheim in Asunción

Wahrscheinlich ist das Mennonitenheim der Ort, der den Mennoniten Paraguays unter allen mennonitischen Einrichtungen am besten bekannt ist. Tausende haben hier im Laufe der Jahre Unterkunft und Hilfe verschiedener Art gefunden. Vielleicht geben die Mennoniten sich selber nicht Rechenschaft darüber, welch große Bedeutung dieses Heim über eine Zeit von mehr als 60 Jahren für die mennonitischen Gemeinden in Paraguay gehabt hat.
Gegründet wurde das Mennonitenheim vom >MCC im Jahre 1943. Es hieß damals MCC-Heim und hatte folgende Funktionen: Es diente als Büro für das MCC und als Heim für das MCC-Personal. Weiter bot das Heim allen Mennoniten aus den >Kolonien eine Unterkunft, wo sie zu günstigen Preisen Kost und Quartier erhielten und Begleitung und Hilfe in Krankheitsfällen. Für die in Asunción lebenden Mennoniten diente das Mennonitenheim als geistliches und gesellschaftliches Zentrum.
Frank J. >Wiens resümiert die Dienstleistungen des Mennonitenheims 1951 in einem Bericht an das MCC folgendermaßen: Als Heim für MCC-Arbeiter und Büro des MCC, als Gästehaus für durchreisende Mennoniten, ein Heim für mennonitische Mädchen, die in Asunción arbeiten. Man ist ihnen bei der Suche nach geeigneten Arbeitsplätzen behilflich.
Spezielle Dienste: Dienste an Kranken, Sonntagsgottesdienste, Chorübstunden, Bibelstunden, Nähverein, Jugendstunden und soziale Zusammenkünfte, Sprachunterricht, Hilfe für Auswanderer nach Kanada bei der Beschaffung ihrer Dokumente, Postdienst und Bestellung von ausländischen Waren für die Kolonien und deren Einfuhr.
Mit dem Erstarken der mennonitischen Gemeinden und Kolonien in Paraguay zog sich das MCC schrittweise zurück und übergab seine Aufgaben an die Mennoniten in Paraguay. Das MCC-Heim wurde an die Mennoniten Paraguays verkauft. Auf der Jahresversammlung des >Gemeinde- und >Oberschulzenkomitees am 19. und 20. Februar 1980 wurden die Richtlinien für den Verkauf (bzw. Kauf) des Mennonitenheims zwischen den Mennoniten Paraguays und dem MCC zusammen ausgearbeitet und festgelegt: Das Mennonitenheim soll allen Mennoniten Paraguays dienen.
Die Funktionen des Mennonitenheims bleiben dieselben wie bisher. Darin eingeschlossen sind: Krankenschwesterndienst, Postdienst und der Gebrauch des Saales und des Sportplatzes für die Asuncióner Mennonitengemeinschaft.
Ein Verwaltungskomitee wurde aus sechs Mitgliedern gebildet, drei aus dem Oberschulzenrat, zwei aus dem Gemeindekomitee und der Leiter des Asuncióner Mennonitenrates. Dieses Komitee wählt unter sich den Vorsitzenden. Heute untersteht das Mennonitenheim dem Oberschulzenrat (>ACOMEPA). Zimmer mit einem reduzierten Preis sollten immer für weniger bemittelte Besucher zur Verfügung stehen. Die Dienstfunktion des Heimes für alle Mennoniten sollte auch weiter im Zentrum des Mennonitenheims stehen.
Am 9. Oktober 1980 wurde das Eigentumsrecht auf die Mennoniten Paraguays (>Asociación de las Colonias Mennonitas del Paraguay) überschrieben. Seither gehört das Mennonitenheim allen Mennoniten Paraguays und soll allen in gleicher Weise dienen.
Der Verkaufspreis wurde auf US$ 405.000 festgelegt mit einem mäßigen Zinssatz, rückzahlbar im Laufe von 15 Jahren. Die Zahlungen gingen aber nicht an das MCC. Das Geld blieb in Paraguay und wurde für missionarische und karitative Zwecke verwendet: Indianer im Chaco, >Hospital Mennonita Km 81 u. a. m. Im Jahre 1995 wurde die letzte Rate pflichtgetreu gezahlt. Alle Zahlungen waren durch das Mennonitenheim erwirtschaftet worden. Mit diesen Zahlungen unterstützte das MCC auch andere gemeinnützige Projekte der Mennoniten in Paraguay, so dass das Geld im Land blieb. Im Laufe von etwa 40 Jahren diente das Heim den Mennoniten Asuncións als geistliches und soziales Zentrum. Nach dem Gottesdienst am Sonntagnachmittag waren alle Gottesdienstbesucher zu einem Imbiss und einem Kaffee ins Mennonitenheim eingeladen (ausgenommen der 5. Sonntag des Monats), der vom Personal des Mennonitenheims vorbereitet wurde und auf Kosten des Mennonitenheims (früher des MCC) ging. Anschließend an das Essen und das gesellige Miteinander mit Plauderstündchen folgte ein Abendprogramm mit Vorträgen oder kulturellen Darbietungen. Auf dem Hof des Mennonitenheims versammelte sich die mennonitische Jugend während der Woche zu Sport (Volleyball) und Spiel. Hier fanden auch die Frauen- und Jugendstunden statt. Im Mennonitenheim war Leben – jeden Tag und jeden Abend in der Woche.
Doch seit den achtziger Jahren und ganz besonders mit dem Bau der eigenen Schule, des >Colegio Alemán Concordia, verlagerte sich nach und nach das geistliche, kulturelle und gesellschaftliche Zentrum der Mennoniten Asuncións. Als dann im Jahre 1985 die neue geräumige Kirche (die alte war inzwischen zu klein geworden) neben der Concordia Schule eingeweiht wurde, gingen alle religiösen, sozialen und kulturellen Aktivitäten der Asuncióner Mennoniten, die bis dahin im Mennonitenheim stattgefunden hatten, auf dies neue Mennonitenzentrum über.
Das Heim hat als Gästehaus eine Aufnahmekapazität von bis zu 160 Personen pro Tag. Die Statistik aus dem Jahre 2006 gibt 15.005 Übernachtungen während eines Jahres an. Das ergibt im Durchschnitt 41Gäste täglich. Damit ist das Heim zu 26,7 % ausgelastet. Es hat Jahre gegeben, in denen die Besucherzahl höher lag.
Gerhard Ratzlaff
Gerhard Ratzlaff: Ein Leib – viele Glieder. Die mennonitischen Gemeinden in Paraguay. Hg. Gemeindekomitee. Asunción: Makrografic, 2001, S. 335-359; Willard H. Smith: Paraguayan Interlude: Observations and Impressions. Scottdale, Pennsylvania: Herald Press, 1950; Robert Geigley: Mennoblatt 14 (1943) 12, S. 4-5.