Der Begriff Scharwerk kommt von scara, Schar bzw. Haufen und war ursprünglich die Arbeit, die von Leuten oder einer Schar von Leuten für einen Herrn getan wurde. Scharwerksdienste, die schon aus der Zeit Karls des Großen (747 – 814) nachgewiesen sind, wurden in verschiedenen Arbeiten ausgeführt: Dienste bei der Feldbestellung, bei der Ernte oder Verarbeitung derselben, Straßenbau, Bau von Burgen und Befestigungen. Die Arbeiten wurden nach Zeitaufwand oder auf festgelegte Aufgaben begrenzt.
Scharwerksdienste wurden in den Dorfgemeinschaften der Mennoniten Preußens und Russ-lands geleistet, wo es vor allem um den Wegebau, die Erstellung von Schutzdeichen sowie um die Verbesserung der Orte ging. Die Zeit des Scharwerksdienstes wurde von den Vorgesetzten festgelegt. Befreiung vom Scharwerk musste damals schon mit Geld oder Sachleistungen bezahlt werden.
Bei der Ansiedlung der Mennoniten im >Chaco und in Ostparaguay war man immer wieder auf gegenseitige Hilfe und Beistand der Gemeinschaft im Dorf und in der >Kolonie angewiesen.
In Scharwerksarbeit öffnete man die Legua-Grenzen und die Hauptverkehrswege der Kolonie Menno. Der Unterhalt der schon bestehenden Dorfstraßen wurden als Scharwerk durchgeführt. Diese Arbeit verteilte man auf die Wohnstellen im Dorf, so dass jeder Bürger je nach Größe seiner Wirtschaft daran beteiligt sein musste. Wenn sich jemand weigerte, was bei der geschlossenen Kontrolle selten vorkam, war das sehr leicht festzustellen, so dass die Gesellschaft einen großen Druck ausüben konnte. Wenn es ein Dorf für notwendig hielt, einen neuen Weg anzulegen, musste die Arbeit durch den Komiteemann gut geheißen werden, und die Einwohner der Ortschaft hatten die Arbeit zu verrichten. Später blieb der Weg jedoch Kolonieeigentum.
Scharwerksarbeit wurde in den verschiedenen Kolonien unterschiedlich intensiv durchgeführt und verlangte von den Bewohnern Dienstbereitschaft und Disziplin. Aber immer wieder, wenn es darum ging, Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Kirchen, Wege und auch Häuser für die Bewohner eines Dorfes zu errichten, war die gegenseitige Hilfe und das gemeinsame Vorgehen unerlässlich. Mit der zunehmenden wirtschaftlichen Unabhängigkeit der einzelnen Bürger und den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinschaft sind die Scharwerksarbeiten praktisch überflüssig geworden. Die früher gemeinsam erledigten Arbeiten werden von einzelnen Leuten oder kolonieeigenen Betrieben gegen Entgelt oder Auflagen, welche die Bürger verpflichtet sind zu zahlen, erledigt.
Uwe S. Friesen
Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. 2. erweiterte Auflage. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 2001, S. 279-284; Jakob Redekopp: Volendam – Der Weg in der Wildnis von 1947 – 1995. Lage: Logos Verlag, 1995, S. 41 u. 54; Robert Stein: Die ländliche Verfassung Ostpreußens am Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Bd.I. Sonderschrift Nr. 92 des Vereins f. Familienforschung in Ost- und Westpreußen e.V., 1997.