Glaubensbekenntnisse

Die mennonitischen Einwanderer aus Kanada brachten den alten noch aus Preußen und Russland bekannten Katechismus mit. Dieser wurde bis in die sechziger Jahre vor allem für den Taufunterricht intensiv genutzt und galt als Richtschnur in dogmatischen Fragen.
Die mennonitischen Einwanderer aus Russland waren weder stark an einen Katechismus noch an ein spezifisches Glaubensbekenntnis gebunden. Die preußischen Mennoniten hatten ja 1893 ihr Bekenntnis erneuert und damals auch die Verpflichtung zur Wehrlosigkeit aufgegeben. Dieses Bekenntnis ist so aber nicht von der mennonitischen Kirchengemeinde Russlands übernommen worden. Die Mennoniten Brüdergemeinde hatte 1902 ein Glaubensbekenntnis erarbeitet, in dem sie ausdrücklich betonte, Abendmahls- und Bekenntnisgemeinschaft mit der >Mennonitengemeinde zu pflegen.
Offensichtlich haben geschriebene Glaubensbekenntnisse in den ersten 40 Jahren der Einwanderung nach Paraguay keine große Bedeutung gehabt. Während der Krise um die >deutsch-völkische Bewegung in Fernheim verfasste eine Gruppe, mehrheitlich aus der >Evangelisch Mennonitischen Bruderschaft, ein Manifest, in dem sie sich zur täuferischen Lehre, insbesondere der >Wehrlosigkeit, bekannte. Diese Haltung wurde nach Kriegsende wieder von dem Rest der deutsch-mennonitischen Gemeinden bewusst betont und gefördert. Die dispensationale Theologie der so genannten Plymouth Brethren ist in den deutsch-mennonitischen Gemeinden besonders durch Erich Sauer und Hans Legiehn gefördert worden. Legiehns Glaubenslehre ‘Unser Glaube ist der Sieg’ galt über Jahrzehnte als Leitfaden für Lehre und Dogmatik.
Mit dem stärkeren Anschluss an die nordamerikanischen und europäischen mennonitischen Gemeindeverbände, General Conference und Mennonite Brethren Conference, kam es auch zu einer Übernahme der dort erarbeiteten neueren Glaubensbekenntnisse. Dieser Zustand wird nicht als ganz zufrieden stellend empfunden, da auch die Mängel eines übersetzten und in einem anderen Kontext erarbeiteten Glaubensbekenntnisses spürbar sind. Die indianisch-mennonitischen Gemeinden haben bisher keine eigenen Glaubensbekenntnisse erarbeitet, sondern suchen sich prinzipiell allgemein bestehenden evangelikalen Bekenntnissen anzuschließen. Die täuferische Identität ist da bisher nur schwach entwickelt.
Auch die spanischsprachigen mennonitischen Gemeindeverbände sind den Weg der Einwanderermennoniten gegangen und haben sich die spanischen Übersetzungen der nordamerikanischen Bekenntnisse zu Eigen gemacht. Neue Ansätze in dieser Frage gibt es von Seiten der >Mennonitischen Weltkonferenz und von ICOMB, dem weltweiten Verband der Mennoniten Brüdergemeinden. Im Rahmen der Weltkonferenz arbeitet man an einer kurzen bekenntnismäßigen Zusammenfassung gemeinsamer globaler mennonitischer Glaubensartikel. Im Rahmen von ICOMB ist mit Vertretern der fünf Kontinente ein kleines globales Glaubensbekenntnis erarbeitet worden. Dieses hat in den 17 Mitgliedskonferenzen bisher guten Anklang gefunden.
Dennoch wird zunehmend kontextuelle Theologie unter den Mennoniten Paraguays betrieben. Fragen nach Amtsverständnis und Ordination, politischer Beteiligung und >Wehrlosigkeit, Ehescheidung und Wiederverheiratung sind in Studienkonferenzen vom Mennonitischen Friedenskomitee, vom Ältestenrat der Vereinigung der Mennoniten Brüdergemeinden aufgenommen und bearbeitet bzw. den Trägergemeinden zur Annahme vorgelegt worden.
Alfred Neufeld