Telefon

Die >Kolonien im >Chaco wie auch die in Ostparaguay wurden in einer Umgebung ohne Infrastruktur gegründet und entwickelten sich nur langsam. So war es auch mit der Kommunikation. Der schnellste Weg, eine Nachricht von Dorf zu Dorf zu bringen, war anfänglich der zu Fuß. Das war immer noch schneller als die Fahrt mit einem Ochsengespann. Um innerhalb des Dorfes eine Bekanntmachung weiterzugeben, war der so genannte “Zettel” das übliche Mittel. Er musste gelesen und an den nächsten Nachbarn weiterbefördert werden. In Fernheim waren solche Zettel bis in die siebziger Jahre üblich.
Da die Siedler von Europa her aber bereits Radio und Telefon kannten, war es nur eine finanzielle Frage, wie bald man mit dem Bau eines Telefonnetzes beginnen könnte. In >Fernheim erhielt man schon 1935 eine Kiste mit 20 Telefonapparaten als Spende von Deutschland. Aus Mangel an Geld und Technikern wurde der Aufbau eines Telefonnetzes jedoch verschoben, bis das >MCC sich Mitte der vierziger Jahre intensiver für die Entwicklung der Kolonien einsetzte. Eine Summe Geld und der entsandte Freiwillige Orval Myers ließen den Bau eines Telefonnetzes im November 1945 anlaufen. Als Myers seinen Einsatz beendet hatte, machte Vernon Neuschwander weiter. 1948 war das erste Netz fertig gestellt, die Schaltzentrale im Gebäude der Kolonie Fernheim untergebracht. Man arbeitete an der Verbindung mit der eben erst gegründeten Kolonie >Neuland. Im Laufe der nächsten 50 Jahre wurde das Netz langsam erweitert, mehr Apparate wurden angeschlossen, aber es blieb beim so genannten ruralen System, beim >“Schwarzen Telefon”, wie es oft genannt wurde. Man hatte immer mehrere Apparate an einer Leitung, die Zentrale musste verbinden, jeder Telefonbesitzer hatte sein vereinbartes Klingelzeichen.
Mit der Asphaltierung der >Ruta Transchaco gelangte auch die nationale Telefonbehörde in den >Chaco. Das alte Netz koexistierte noch ca. zehn Jahre mit dem neuen System. Es wurde im September des Jahres 2000 in Fernheim endgültig verabschiedet. Vieles wurde damit modernisiert, auch der Anschluss ans Internet wurde möglich. Die beschleunigte Entwicklung hat auch das Handy gebracht, so dass heute jede Person jederzeit erreichbar ist, wenn sie es denn wünscht. Leonhard Kliewer (>Mennoblatt, Juni 1960) befragte einen der Pioniere, wie es denn früher ohne Telefon gewesen sei: Weißt, damals waren wir viel glücklicher als heute. Man wusste, es war eben nicht schneller möglich, und man stellte sich darauf ein. (>Schwarzes Telefon)
Gundolf Niebuhr