Umweltschutz

Die Umwelt des >Chaco mit seinem dornigen Busch und harten Klima wirkte fremd und fast schockierend auf die Menschen, die hier ansiedelten. Diese hatten nicht viel Sinn für die Natur und ihre Schönheit. Dieser Umwelt etwas abzuringen um zu überleben, war schier unmöglich. So entwickelte sich anfänglich bei vielen Siedlern eine feindselige Haltung der Chaconatur gegenüber, die sich bis heute noch erhalten hat, wenn auch vielleicht mehr unbewusst als bewusst. Die Chacoumwelt war immer klarer Sieger, der Mensch der Unterlegene. Der Siedler fühlte sich machtlos. Dieser natürlichen Übermacht konnte man sich erst durch die Präsenz des ersten Bulldozers Mitte der fünfziger Jahre richtig entgegenstellen. Damit begann eine Epoche, in der der Mensch anfing Sieger über den Chacowald zu werden. Wege wurden gebaut, um den Transport der Produkte zu erleichtern. Die Anbauflächen und Weiden wurden langsam vergrößert.
Niemand hatte Bedenken, dass man zu viel roden würde. Begriffe wie Umweltschutz, ökologisches Gleichgewicht usw. waren fremd. Durch die darauf folgende Mechanisierung der Landwirtschaft und die intensivierte Viehzucht begann nun eine Epoche, die man den wirtschaftlichen Fortschritt nannte. Der Mensch war seitdem nicht mehr der Unterlegene, sondern der Stärkere. Der wirtschaftliche und soziale Einfluss der mennonitischen Chacosiedlungen kann jedoch nicht von ökologischen Auswirkungen getrennt gesehen werden, denn Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt stehen im direkten Zusammenhang. Die drängendsten Umweltprobleme, die durch menschliche Einwirkung entstanden: Winderosion der Felder, Überweidung, die zu Verminderung der Nutzbarkeit der Weiden führt, radikale Rodung, deren Auswirkung auf das Klima und die Vegetation noch nicht genau abzusehen sind, verstärkte Versalzung der Böden. Allerdings sind auch schon eine Reihe von Gegenmaßnahmen in Angriff genommen worden, um die negativen Folgen dieser Eingriffe zumindest zu mildern: Direktsaat verhindert Erosion, verbesserte Weidepflege, Rodung nach staatlich genehmigten Rodeplänen, bei denen 25 % des Waldes unangetastet bleibt, sowie Erhaltung von Schonstreifen u. a. m.
Auch in der Tierwelt ist der Wandel des Ökosystems beobachtbar: Der Ñandu oder Pampastrauß (Rhea americana) ist aus den Bittergraskämpen in die Weiden verdrängt worden, wo er mit den Rinderherden gut zusammenlebt und sich stärker vermehrt. Säugetiere, die ein größeres Waldgebiet beanspruchen, um zu überleben, sind größtenteils verdrängt worden. Zum Teil wurden sie auch gejagt, weil sie als Schädlinge für die Viehhaltung angesehen wurden. Dazu gehören der Jaguar und der Puma. Für die gelegentliche Fleischversorgung wurden auch Pekaris (Wildschweinart) und Spießhirsche gejagt. Wildschweine, Riesengülteltier, Ozelot werden heute nur noch am äußeren Rand oder außerhalb der Kolonien angetroffen. Spießhirsche und Füchse haben sich an die Veränderungen der Natur angepasst. Auch Vögel gelten allgemein als Anzeiger für Veränderungen in der Natur. Das Vorhandensein oder Verschwinden von Vogelarten in einem Gebiet gibt Aufschluss über kaum wahrnehmbare Wandlungsprozesse in der Umwelt. Der Uhu (Ñacurutú – Buho virginianus), die Moschusente (Caraina moschuata) und der Königsgeier (Sarcoramphus papa) sind im Gebiet der >Kolonien recht selten geworden. Andererseits hat sich der aus Afrika stammende Kuhreiher (Ardeola ibis) in den offenen Viehweiden heimisch gemacht.
Im zentralen Chaco hat es von Anfang an Naturliebhaber gegeben, die Interesse an Naturbeobachtung und Naturschutz zeigten. Es waren einzelne Personen, aber sie hinterließen positive Spuren für die Gegenwart. Lehrer und Naturliebhaber bildeten die ersten Naturschutz-Vereine in den sechziger Jahren. Das Jagdgesetz wurde 1967 ins Deutsche übersetzt. 1975 legte man die ersten Schutzgebiete in den Kolonien fest. Heute hat jede Kolonie ihre eigenen Naturschutzgebiete. Bei der Auswahl dieser Gebiete hat die Ressource Wasser immer eine wichtige Rolle gespielt. In den achtziger Jahren wurden die Lerninhalte in den Schulen um das Thema Umweltschutz erweitert. Die landwirtschaftlichen >Beratungsdienste haben seit den neunziger Jahren verstärkt unter der Zielsetzung der umweltschonenden Produktionstechniken gearbeitet. Die Beratungsdienste fördern und begleiten auch die Anpassung der gegenwärtigen Produktionsmodelle und -projekte an die nationalen Forst- und Umweltgesetze. Die jüngere Generation hat ein verstärktes Umweltbewusstsein aufgebaut.
Rosali Goerzen