Am 19. Juli 1897 in Elkhart Indiana, USA geboren, war H. S. Bender (1897 – 1962) der prägende Geist des nordamerikanischen Mennonitentums in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er beendete 1918 sein Studium am Goshen College und studierte danach Theologie am Garrett Biblical Institute und am Theologischen Seminar in Princeton. 1935 promovierte er in Heidelberg als Doktor der Theologie. 1923 heiratete er Elizabeth B. Horsch und ihnen wurden zwei Töchter geboren. Seine akademische Tätigkeit entfaltete Bender vor allem am Goshen College, wo er 1924 – 1962 teils als Professor für Bibel, Kirchengeschichte und Soziologie, teils als Dekan tätig war. 1927 gründete er die renommierte Fachzeitschrift Mennonite Quarterly Review. 1944 publizierte er den Epoche machenden Aufsatz The Anabaptist Vision und 1955 – 1959 erschienen die vier Bände der Mennonite Encyclopedia. Benders Leidenschaft war die Artikulierung einer ureigenen täuferisch-mennonitischen Identität, zu einer Zeit, als die fundamentalistisch-modernistische Kontroverse die evangelischen Kirchen in Nordamerika in zwei, ihnen teils wesensfremde Lager, polarisierte. Eine Orientierung auf das Täufertum des 16. Jahrhunderts, davon war er überzeugt, verleihe dem Mennonitentum ein reiches Erbe, geprägt durch das Bild einer Gemeinde von friedfertigen und entschiedenen Christusnachfolgern, die sich weder dem Fundamentalismus noch dem Liberalismus zu verschreiben hätten. Wenn auch nachfolgende Generationen von Historikern Benders Bild des Täufertums als allzu optimistisch sahen, so fällt ihm doch das Verdienst zu, eine neue Identität für die Mennoniten geschaffen zu haben. In den kritischen Jahren während und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese zuversichtliche Eigenidentität zum tragenden Element, welches viele Mennoniten zum Friedenszeugnis wie auch zu einer weltumspannenden Diensthaltung ermutigte, die vor allem durch das >MCC institutionelle Form erhielt.
Den paraguayischen Mennoniten ist Bender bekannt als Beauftragter des MCC, um die >Flüchtlinge in Deutschland zu betreuen und die Übersiedlung nach Paraguay und Brasilien zu organisieren. Auf der Welthilfskonferenz in Danzig 1930 plädierte er in einem Vortrag leidenschaftlich für den >Chaco Paraguays als einen Ort, wo sämtliche verfolgte Mennoniten der Welt eine Zuflucht finden könnten, wo sie in Frieden leben und sich nach ihrer Eigenart einrichten könnten. 1938 kam er für einen Monat zu Besuch in den Chaco, um der noch strauchelnden >Kolonie >Fernheim Mut zu machen. In einer Zeit, in der die >deutsch-völkische Spannung sich schon stark bemerkbar machte, plädierte auch er für eine biblisch fundierte >Wehrlosigkeit sowie für den Vorrang einer konfessionell-mennonitischen Identität. Viel Korrespondenz ist zwischen H. S. Bender und der >KfK oder der Verwaltung von Fernheim geflossen. In >Fernheim gehört sein Name zum historischen Inventar. In Filadelfia wurde eine Straße nach ihm benannt. Er starb am 21. Sept. 1962 in Chicago.
Gundolf Niebuhr
Albert Keim: Harold S. Bender 1897 1962, MQR, April 1964; Stichwort Bender, H. S. in: Cornelius J. Dyck und Dennis D. Martin: Mennonite Encyclopedia, V. Scottdale, Pa.: Herald Press, 1990.