Genossenschaft

Herders großes Handlexikon erklärt den Begriff “Genossenschaft” folgendermaßen: Jede Art sozialer, wirtschaftlicher und politischer Verbandsbildung auf dem Boden der Gleichberechtigung; im engeren wirtschaftlichen Sinn, Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl zur Förderung ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs. Wesentlich ist für die Genossenschaft, dass sie ein bestimmtes Ziel besser und mit größerem Nutzen für jeden Einzelnen erreichen kann. Die moderne Genossenschaftsbewegung entstand um 1840 in England; in Deutschland durch Schulze-Delitzsch und Raiffeisen begründet.
Im Zusammenhang mit den Mennoniten Paraguays denken wir in erster Linie an die “Siedlungs-Genossenschaften”, an die Cooperativas Colonizadoras.
In den fünf >Kolonien >Menno, >Fernheim, >Friesland, >Neuland und >Volendam war es durch die Jahre, in manchen Kolonien von Anfang an, die Genossenschaft, die das Siedlungsvorhaben unterstützte, lenkte, organisierte und vorantrieb.
In Paraguay wurde 1930 die Cooperativa Fernheim als erste Kooperative überhaupt gegründet und als zweite, nach Ideal Limitada in Villarrica, am 20. November 1944 in >Puerto Casado ins Register eingeschrieben, nachdem eine Kopie des argentinischen Genossenschaftsgesetzes unter Decreto Ley 13.633 als Richtlinie für Genossenschaften in Paraguay eingesetzt worden war. Im Jahre 1972 wurde das Gesetz Nr. 349 verabschiedet und 1994 von Gesetz Nr. 438 abgelöst, welches jeweils die Handhabung der Genossenschaften reguliert.
Landesweit gibt es heute eine Vielzahl von Genossenschaften in allen möglichen Wirtschaftsbereichen.
Die großen Cooperativas Colonizadoras gehören zu den Produktionsgenossenschaften und innerhalb von diesen zu den Mehrzweck-Genossenschaften, weil sie sich in den Bereichen der Primärproduktion, der Verarbeitung, des Transportes, der Vermarktung und des Kreditwesens und anderer mehr betätigen. Die einzelnen Genossenschaften haben sich zu Dachverbänden zusammengeschlossen, wie >FECOPROD, CREDICOP und anderen.
Heute gehören die mennonitischen Genossenschaften wie “Chortitzer” und “Cooperativa Fernheim” von der Mitgliederzahl und Wirtschaftsleistung zu den größten des Landes. Ihre Milchprodukte (Lácteos Trébol, Lácteos Coop, Lactolanda) und ihre Fleischprodukte (FrigoChorti, Carnes Chaco, Trazabeef) sind im Land und auch darüber hinaus bekannt. Daneben gehören aber auch die Verarbeitung und Vermarktung der Ackerbauprodukte (Baumwolle, Erdnüsse, Sesam u. a.), der Betrieb großer Einzelhandelsabteilungen zur Versorgung der Mitglieder mit Waren aller Art, der interne Zahlungsverkehr sowie die Vermittlung von Krediten an die Mitglieder zu wichtigen Aufgaben der Genossenschaften. Sie sind darüber hinaus mit mehreren Hundert Angestellten die größten Arbeitgeber in den Kolonien, wobei sie nicht nur den Mitgliedern und ihren Familienangehörigen, sondern auch der indianischen und nationalen Bevölkerung Arbeitsplätze in erheblichem Umfang anbieten.
Heinrich F. Wiens