Brandversicherung

Die Brand- oder Feuerversicherung auf Gegenseitigkeit kann als eine typisch mennonitische Einrichtung bezeichnet werden, die auf deren Gemeinschaftssinn zurückzuführen ist. Jedenfalls war sie in Preußen schon seit 1622 bekannt, und Horst Penner meint, dass die Mennoniten der Holländerdörfer sie schon aus Holland mitgebracht hätten. Zwingend für diese Maßnahme war die für Feuer sehr anfällige Bauweise der Häuser, bei der das strohgedeckte Wohnhaus, die Scheune und die Stallungen unter einem Dach lagen. Die Gegenseitigkeit bestand darin, dass alle zur Gemeinde gehörigen Mennoniten sich verpflichteten, im Falle eines Feuerschadens Hilfe zu leisten. Der zu leistende Beitrag wurde nach Hufen (= eine Hofstelle; in Preußen ca. 17 ha) berechnet. Doch der gegenseitige Beistand bestand auch in der Hilfeleistung beim Wiederaufbau des Hofes.
Von Preußen nahmen die Mennoniten die Brandversicherung mit nach Russland, und hier erwies sie sich als genauso notwendig. Manchmal brannten ganze Teile eines Dorfes nieder. Diese Brandversicherung erhielt hier durch detaillierte Regeln und Ordnungen einen solchen Wert, dass sie 1868 von allen Ausländerkolonien übernommen wurde.
Die von Russland nach Kanada ausgewanderten Mennoniten führten die Brandversicherung auch dort bald nach ihrer Ankunft ein, und sie hatte dort bis 1940 Gültigkeit. Dann wurde sie in die staatlichen Versicherungen einbezogen.
Als kanadische Mennoniten die Einwanderung nach Paraguay planten, ließen sie die Feuerversicherung auf Gegenseitigkeit in das Privilegium von 1921 (>Gesetz 514, Art.1, Abs.4) mit aufnehmen. Eine “Brandordnung” aus dem Jahr 1917 brachten sie nach Paraguay mit.
Die aus Russland eingewanderten Fernheimer wählten bald nach der Ankunft im >Chaco einen “Brandältesten” und jedes Dorf einen Brandschulzen. Sie beschafften sich dann die Brandordnung aus der Kolonie >Menno, arbeiteten sie etwas um, und am 1. September 1930 erschien sie unter dem Titel: “Brandordnung der aus Russland in Paraguay, Kolonie >Fernheim, eingewanderten Mennoniten.” 1956 und 1982 erschien jeweils eine Neufassung. Sie hieß jetzt “Brand- und Orkanversicherung”, da die Schäden durch Stürme oft größer waren als durch Feuer. Der Brandälteste hieß nun Brandinspektor.
Es gibt auch in Menno und in anderen Kolonien eine Sturm- und Brandversicherung und einen Brandältesten, und jedes Dorf hat dort seinen Brandschulzen, der verantwortlich ist, die Schäden zu begutachten, wenn es Sturm oder Brandschäden gegeben hat.
Peter P. Klassen
Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. 2. erweiterte Auflage. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e. V., 2001; A. Klaus: Unsere Kolonien – Studie und Materialien zur Geschichte der ausländischen Kolonien in Russland. Odessa, 1887; Horst Penner: Die ost- und westpreußischen Mennoniten. Karlsruhe, 1978.