Friesen, Martin W.

Martin W. Friesen (1912 – 2000) wurde am 1. Oktober 1912 in Manitoba, Kanada, geboren. Seine Kindheit verlebte er im Dorf Osterwick im südlichen Manitoba östlich vom Red River, in dem Gebiet, wo heute der Ort New Bothwell liegt. Er besuchte im Winter 1919/20 die deutsche Gemeindeschule der Chortitzer Mennonitengemeinde, später die englische Regierungsschule. 1927 wanderte er mit seinen Eltern Martin C. >Friesen und dessen Frau Elisabeth aus nach Paraguay, um im >Chaco eine neue Heimat zu finden.
Er siedelte und wohnte mit seinen Eltern im Dorf Osterwick in Menno. In Osterwick wurde Friesen am 21. Mai 1934 von seinem Vater getauft und in die >Mennonitengemeinde von >Menno aufgenommen.
Am 26. Juli 1938 heiratete er Elisabeth Thiessen, die mit ihren Eltern Jacob W. und Lena Thiessen im Nachbardorf Kleinstädt wohnte. Sie hatten neun Kinder, sechs Mädchen und drei Jungen.
Friesen wurde 1935 im Alter von 22 Jahren Lehrer in Osterwick. Im Januar 1937 wurde er mit 24 Jahren zum Kolonieschreiber ernannt. Amtsschreiber blieb er bis Ende 1946.
In den Jahren 1947/48 war Friesen Lehrer in Hoffnungsau, im Südosten der >Kolonie, wo eine Gruppe von Mennoleuten ein neues Dorf auf gemeinsamer wirtschaftlicher Basis aufbauen wollte. Von Hoffnungsau riefen die Bürger von Ebenfeld ihn, um in ihrer Schule von 1949 bis 1951 Lehrer zu sein, bevor er da mit einem Jünglingskursus anfing. Nach einigen Jahren hat Friesen sich von seiner Arbeit als Volksschullehrer zurückgezogen, um sich ganz dem Kursus für die “höhere Bildung” zu widmen, woraus dann nach einigen Jahren die Vereins- und Zentralschule (>Colegio Loma Plata) entstand. An dieser Schule war er bis 1970 als Lehrer tätig, viele Jahre davon als Leiter. Als Martin W. Friesen sich von der Schule verabschiedete, war sie schon fester Bestandteil von Menno geworden und wurde von der Gesellschaft weitgehend akzeptiert, ein Verdienst, das vor allem Martin W. Friesen zuzuschreiben ist.
Neben seinem aktiven Mitwirken an der Erneuerung und Erweiterung des Schulwesens von Menno hatte Martin W. Friesen noch manche anderen Aufgaben zu bewältigen. Er war jahrelang Vertreter der Kolonie und Gemeinde in fast allen überkolonialen Institutionen. Er arbeitete im Komitee für Indianer, im Komitee für Km 81, war Schreiber für das Gemeindekomitee und arbeitete auch für das MCC. Pionierarbeit hat Lehrer Friesen parallel zu den Schularbeiten auch geleistet, indem er mit Jugendstunden und mehrstimmigem Jugendgesang anfing und so zu einem Durchbruch auf diesem Gebiet beitrug.
Vom 29. Oktober 1946 bis Ende der 1990er Jahre diente Friesen als Diakon in der Mennonitengemeinde von Menno.
Friesen führte auch das Standesamt, Registro Civil, von 1938 bis 1996.
Ende der 1940er Jahre wurde das Projekt, eine >Druckerei für die Arbeit in Menno anzuschaffen, eingeleitet. Wie bei anderen Neuerungen musste auch hier schwere Pionierarbeit geleistet werden. Mit Unterstützung von Ältesten Martin C. Friesen konnte eine Druckmaschine, Baujahr 1880, aus Nordamerika importiert werden. Sie wurde im Sommer 1951/52 auf dem Hof der Familie Martin W. Friesen in Ebenfeld aufgestellt und in Betrieb genommen.
Seit 1966 arbeitete M. W. Friesen im Auftrage der Kolonieverwaltung als Geschichtsschreiber der Kolonie Menno. Werke, die er verfasst hat: “Kanadische Mennoniten bezwingen eine Wildnis”, “Neue Heimat in der Chacowildnis”, “Die mennonitische Kolonisation im paraguayischen Chaco – unter Gesetz No 514”.
Weiter hat Martin W. Friesen längere und kürzere Theaterstücke verfasst, die sich mit Themen aus der Geschichte der Kolonie Menno befassen. Dazu gehören: “Aules wea soo aundasch, dann kaume noch dee Russlända”, “Dee goode oole Tiet”, “Dee Ütwaundra”, “Een tjleenet Museum vom mennonitischen Plautdietsch” u. a. Auch die Herausgabe des Monatsblattes “Im Dienste der Gemeinschaft”, das 1968 zum ersten Mal erschien, gehörte bis 1988 zu seinen Aufgaben.
Erst im hohen Alter, als die Parkinsonkrankheit ihm die Schreibfähigkeit nahm und auch sein Augenlicht matt wurde, zog er sich mehr und mehr von seinen intellektuellen Aufgaben zurück.
Friesen berechnete nicht, was sein Wirken ihm einbringen würde, sondern: Was bringt es meinen Kindern, meinen Schülern, den jungen Menschen ein, wenn ich mich für sie einsetze? Es ginge vor allem um die geistigen Werte, die da vermittelt würden, meinte er, um die Fähigkeiten der jungen Personen zu entwickeln, um somit einen vielseitigen Beitrag zur Förderung des technischen und geistig-kulturellen Lebens der Gemeinschaft zu liefern. Dass hiermit Kosten verbunden waren, war ihm bewusst, und die müssten in Kauf genommen werden, meinte er.
Friesen blieb demütig, lobte nie sein eigenes Wirken in Menno. Vielmehr schätzte er sich als einen Mann ein, der viel geistige Arbeit im Dienste für die Gemeinschaft zu bewältigen habe.
Martin W. Friesen starb am 17. Oktober 2000 im Hospital von >Loma Plata im Alter von 88 Jahren, von denen er 58 Jahre im Ehestand und drei Jahre als Witwer gelebt hatte. Er hat die längste Zeit seines Wirkens der Schule und der Geschichte der Kolonie Menno gewidmet, so dass die Familie ihn oft entbehren musste.
Uwe S. Friesen
Geschichtskomitee von Menno zum 80. Jubiläum der Kolonie Menno (Hg.): Glaube und Schule unserer Väter. 2007; Martin W. Friesen: Ein paar Streiflichter auf unser Ehe- und Familienleben, Briefe von Martin W. Friesen, Archivos Friesen; Martin W. Friesen: Ein kurzer Blick in den Rückspiegel meines Lebens, Archiv Friesen; Martin W. Friesen: Mennoblatt 43 (1972) 12, S. 4.