Gemeinde

Das Gemeindeverständnis der Mennoniten ist auf die Täufer des 16. zurückzuführen. Die erste Täufergemeinde (>Täufer) entstand in Zürich, Schweiz, am 21. Januar 1525. Ihr Leitbild: Zurück zur Lehre und dem Leben der neutestamentlichen Gemeinde. Das Leben in der Nachfolge – da waren sich die meisten >Täufer einig – konnte nur im Kontext der Gemeinde gelingen. Hans Denk hat es in seinem Wahlspruch so formuliert: „Christum vermag niemand wahrlich zu erkennen, es sei denn, dass er ihm nachfolge im Leben“.
Die „Brüderliche Vereinigung“ von Schleitheim vom 24. Februar 1527 (>Schleitheimer Bekenntnis) legte die für jene Zeit revolutionären  Richtlinien einer freikirchlichen Gemeinde im Gegensatz zu den Staatskirchen fest. Dazu gehörten unter anderen: freiwilliger Gemeindeanschluss aufgrund der Glaubenstaufe, strickte Trennung der Gemeinde und dem Staat, strenge >Absonderung von der Welt und die >Gemeindedisziplin bzw. der Bann. Die brüderliche Liebe und die Verbindlichkeit der Glieder untereinander waren weitere praktische Merkmale.
Vom Süden wurde die Täuferbewegung nach dem Norden – Niederlande und Norddeutschland – verpflanzt wo die Täuferbewegung eine eigenständige Entwicklung – unabhängig von der Schweiz und Süddeutschland – nahm, mit denselben Grundprinzipien, aber mit Akzentverschiebungen in der Absonderung und in der Anwendung des Bannes. Letztere wurde im Norden viel schärfer praktiziert. >Menno Simons war ihr maßgebender Leiter und sein unerreichbares Ideal war „eine Gemeinde ohne Flecken und Runzel“. Menno hat die „Natur“ der „Kirche Christi“ unter folgenden Gesichtspunkten beschrieben: – Die Gemeinde Gottes ist eine Versammlung der Gottesfürchtigen und eine Gemeinschaft der Heiligen. – Die Gemeinde ist aus Gott durch Christum von rechtschaffenen Predigern und Christen aus dem Worte Gottes geboren. – Die unverkennbaren Merkmale der wahren Gemeinde Christi sind: Die unverfälschte Lehre des göttlichen Wortes; der schriftgemäße Gebrauch von Taufe und Abendmahl; der Gehorsam gegen Gottes Wort und die Heiligung des Lebens, die Liebe zum Nächsten, das unerschrockene Bekenntnis und das „drückende Kreuz Christi“, das um seines Namens willen getragen wird.
Diese Prinzipien haben die Täufer/Mennoniten über Preußen, Russland und teilweise Kanada und Mexiko bis nach Paraguay begleitet. Im Wandel der Zeit haben jedoch Lockerung, Umstellung und Akzentverschiebungen verschiedener Art stattgefunden. Manche Gemeindeprinzipien sind institutionalisiert worden. Die >Mennoniten in Paraguay kennzeichnet keine einheitliche Ausübung der täuferischen Gemeindeprinzipien. Die aufgeschlossenen Mennoniten kennzeichnet eine starke Lockerung in ihrer Beziehung zum „weltlichen“ Staat. Die Übernahme obrigkeitlicher Ämter, von Schleitheim so stark verurteilt,  ist vielfach zu einer christlichen Pflicht geworden. Im Gegensatz dazu wird bei den >traditionellen Mennoniten die räumliche >Absonderung praktiziert, und eine politische Beteiligung auf Landesebene ist undenkbar. Die >konservativen amerikanischen Mennoniten praktizieren wohl in reinster Form ihr Gemeindeleben nach den Richtlinien von Schleitheim. Während alle eingewanderten Mennoniten nach >Gesetz 514 vom Militärdienst befreit sind, trifft dies nicht auf die >spanischsprachigen mennonitischen Gemeinden zu. Die Entscheidung einer Verweigerung aus Gewissensgründen ist eine persönliche Entscheidung des Einzelnen und das Prinzip der Friedenslehre ist in den Gemeinden noch im Prozess der Entwicklung. Auch in der Ausübung der >Taufe hat eine Akzentverschiebung stattgefunden. An der Erwachsenentaufe wird allgemein festgehalten. Nicht immer ist die jedoch eine Erwachsenentaufe mit einer Glaubenstaufe aufgrund einer persönlichen Heilserfahrung identisch. Vielfach ist sie eine Bekenntnistaufe aufgrund eines Glaubensbekenntnisses oder das Resultat einer intensiven, gezielten christlichen Erziehung in Heim und Gemeinde. Der Bestand der Glieder in der Gemeinde bei den eingewanderten Mennoniten besteht – mit Ausnahmen – aus dem Nachwuchs der Jugend. Die meisten Personen werden im alter von 16 Jahren getauft.
Eduard T. Friesen/Gerhard Ratzlaff
Die vollständigen Werke Menno Simons, Pathway Publishing Corporation, Aylmer, Ontario, Kanada, 1965, S. 110-116; Stichwort „Gemeinde“ in: Mennonitisches Lexikon, 2. Band, Frankfurt am Main und Weierhof, 1937; Heinold Fast: Der linke Flügel der Reformation. Bremen: Carl Schünemann Verlag, 1962; Gerhard Ratzlaff: Ein Leib – viele Glieder. Die mennonitischen Gemeinden in Paraguay. Hg. Gemeindekomitee. Asunción: Makrografic, 2001, S. 97-100.