Löwen, Abram J.

Abram J. Löwen (1898 – 2000) war im der >Kolonie >Fernheim als “Schreiber-” oder auch als “Dichter-Löwen” bekannt. Geboren ist er am 12. April 1898 in Orenburg; er starb am 8. März 2000 in Abbotsford, Kanada.
In Orenburg am Ural geboren, hat Abram J. Löwen seine Kindheit teils in dieser Siedlung, teils in Neu-Samara verlebt. Sein Vater Jakob Löwen war Lehrer. Als er das Jugendalter erreichte, zog die Familie nach Sibirien in die eben gegründete Slawgoroder Siedlung. Hier verlebte er seine Jugendjahre und leistete seinen >Forsteidienst, als der Erste Weltkrieg tobte. Als der Bürgerkrieg ausbrach, wurde er von der Weißen Armee rekrutiert. Kurz bevor diese aufgerieben wurde, hatte er sich zu Verwandten nach Neu-Samara abgesetzt, wo er sich dann für einige Monate versteckt hielt, bis er die Rückreise nach Sibirien antreten konnte. Kurz nach der Rückkehr heiratete er Helena, geb. Löwen. Er absolvierte einen pädagogischen Kursus mit der Absicht, Lehrer zu werden. Nach einem Jahr in diesem Beruf stellte er fest, dass dies nicht seine Laufbahn sein würde. Mitte der 1920er Jahre bekam er das Angebot, einen Kursus in Buchführung zu belegen. Damit hatte er seinen Beruf gefunden, den er bis zur Pensionierung ausübte.
Von seinem Vater hatte er die Liebe zur Dichtung geerbt. Schon als Jugendlicher übte er sich bei Gelegenheit in dieser Kunst. Im Oktober 1929 begab sich die Familie auf die Flucht. In Mölln entstanden einige längere Gedichte, welche das Schicksal der Flüchtlinge schilderten und ziemliche Verbreitung fanden. Sie wurden in der Möllner Tageszeitung veröffentlicht. Er hat sie sorgfältig aufbewahrt und viel später nochmals in Druck gegeben.
In >Fernheim verlebte er die Ansiedlungsjahre hauptsächlich in der Rolle des Kolonieschreibers, wie man diesen Dienst nannte, d. h. als Sekretär des Oberschulzen wie auch als einer der Buchführer der Kooperative, später auch als Mitglied des Aufsichtsrates. Während dieser Jahrzehnte schrieb er unermüdlich Beiträge für >“Der Bote” und >“Die Mennonitische Rundschau” in Kanada wie auch fürs >Mennoblatt. Er war ein aufmerksamer Beobachter der Weltgeschichte und ein Liebhaber der Natur. Daher rührt wohl auch eine gewisse Neigung zur Romantik in seinen Schriften. Mit Vorliebe befasste er sich mit Reiseberichten, Fluchtgeschichten, Aufsätzen über die Zeitgeschichte und er schrieb religiöse Besinnungen über die Natur und das Schicksal des Menschen. 1969 starb seine erste Frau. 1975 heiratete er ein zweites Mal, verlegte seinen Wohnsitz nach Kanada und nutzte die Zeit des Ruhestands, um zu schreiben und zu publizieren. Bis ins hohe Alter blieb er bei guter Gesundheit wie auch klarer Erinnerung. Er war einer von wenigen Menschen, die als schon Erwachsene die Oktoberrevolution und auch noch den Fall der Berliner Mauer miterlebten, den er in einem seiner letzten Gedichte beschreibt. Seine veröffentlichten Werke sind: Die Flucht über den Amur, 1946; Immer weiter nach Osten, 1980; Wechselvolle Pfade, 1980; Ein jegliches hat seine Zeit, 1981; Vor vielen wie ein Wunder, 1983; Schicksalswege, 1985; Schauen und Erleben, 1987.
Gundolf Niebuhr.
Gundolf Niebuhr (Hg.): Mein Leben sei ein Wandern – Abram J. Löwen. Gesammelte Werke, Filadelfia, 1997 (erhältlich als CD-ROM beim Hg.).