Flucht über den Amur

Die Flucht über den Amur ist ein äußerst dramatisches und aufregendes Kapitel in der Geschichte der Mennoniten. In der eiskalten Nacht vom 16. auf den 17. Dezember 1930 flüchteten aus dem mennonitischen Dorf Schumanowka, etwa 10 km nördlich vom Amur, dem Grenzfluss zwischen der Sowjetunion und China, 217 Personen auf 56 Schlitten über den zugefrorenen Fluss nach China. Nach längerem Aufenthalt in Harbin (>Harbiner Gruppe) kam diese Gruppe und andere mehr, etwa 370 Personen, am 12. Mai 1932 nach >Fernheim in den paraguayischen Chaco. Hier gründeten sie die Dörfer Blumenort (Nr. 14), Orloff (Nr. 15), Karlsruhe (Nr. 16) und Schönau (Nr. 17). Allerdings gab es nicht nur eine Flucht, sondern viele Fluchten über den Amur, die aus einzelnen Personen und kleineren und größeren Gruppen bestanden. Die Schumanowkaer Gruppe war die größte und letzte von allen. Im Laufe von etwa zwei Jahren waren es rund 1.300 deutschsprachige Personen, mehr als die Hälfte davon Mennoniten. Die meisten von ihnen gingen nach Paraguay, Kalifornien und Brasilien und einige blieben in China, bis der Kommunismus sie von dort verdrängte. Die Flucht über den Amur ist in vielen mennonitischen Zeitschriften und zahlreichen Büchern beschrieben worden (>Flucht über Moskau).
Gerhard Ratzlaff
Abram Friesen u. Abram J. Loewen: Die Flucht über den Amur: Ein mennonitisches Dorf flüchtet (1930) aus dem sowjetrussischen Sibirien in die chinesische Mandschurai. Steinbach, Manitoba, Kanada: Echo-Verlag, 1942; Peter Hildebrand: Odyssee wider Willen. Oldenburg: Heinz Holzberg Verlag, 1984; Abram Martens: Bibel und Pflug 38 (1991) 21/22/23; Mennonitische Volkswarte 2 (1936) 22, Steinbach, Manitoba, Kanada, S. 312-313; Abram Martens: Mennoblatt 3 (1932) 6, S. 5; Walter Quiring: Russlanddeutsche suchen eine Heimat: Die deutsche Einwanderung in den paraguayischen Chaco. Karlsruhe: Heinrich Schneider, 1932; Gerhard Ratzlaff: Vater Abram: Von der Ukraine über Sibirien und China nach Paraguay und Kanada. Eine mennonitische Lebensgeschichte. Ratzlaff [Selbstverlag], Asunción, Paraguay, 2004; Dick Thiessen: Beyond Those Mountains. Winnipeg: The Christian Press, 1985; John B. Toews: ”Die Flucht der russlanddeutschen Mennoniten nach China”. Mennonitische Geschichtsblätter, 1979; Benjamin H. Unruh: Fügung und Führung im mennonitischen Hilfswerk 1920 –1933. Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 1966.