Viehdiebstahl

Die Problematik des Diebstahls in den >Mennonitenkolonien entstand aus dem Unterschied in Einkommen und Lebensstandard, der sich schon seit den ersten Ansiedlungsjahren zwischen den Mennoniten und der Landesbevölkerung in der Umgebung zeigte. Da die Mennoniten als tüchtig und arbeitsam galten, dauerte es nicht lange, bis sie in ihrer jeweiligen >Kolonie große Erfolge erzielten. Die Landesbevölkerung lebte in einfachen und oft sehr ärmlichen Verhältnissen. Dies führte mit der Zeit zu Neid und Habsucht bei den einheimischen Nachbarn. Eine Art, wie sich dieser Neid in den Jahren seit der Ansiedlung der Mennoniten gezeigt hat, war und ist bis auf den heutigen Tag der Diebstahl, insbesondere der Viehdiebstahl. Es wurden manchmal ganze Rinderherden gestohlen, noch verbreiteter war jedoch das Schlachten der Rinder. Die Diebe nahmen dann entweder das Fleisch mit, das ihnen nutzbar schien, oder sie schnitten einfach gewisse Teile des Rindes heraus, manchmal nur die Rippen. Bei solchen Diebstählen, die in der Regel des Nachts geschahen, wurden meistens auch viele Zäune einfach durchgeschnitten.
Im Jahre 1992 wurden beispielsweise in der Kolonie >Friesland um die 600 Rinder gestohlen. Für die Friesländer entwickelte sich daraus ein wirklich großes Problem, für welches man dringend nach einer Lösung suchte. Wie sollten die Bestohlenen sich verhalten? Zur Waffe greifen war gegen ihr Glaubensprinzip. Von der Verwaltung in Friesland bemühte man sich, den Diebstahl zu stoppen, indem man diesbezüglich Kontakt zu Abgeordneten der Landesregierung aufnahm und mit diesen zusammen nach einer Lösung suchte. Der erste Schritt dieser Zusammenarbeit war das Einschalten der nationalen Polizei. Doch auch diese konnte den Diebstahl nicht absolut stoppen.
Im Jahre 1995 verließen viele Mennoniten aus Sicherheitsgründen >Paraguay. Hiervon betroffen waren besonders die Kolonien >Río Corrientes, >Agua Azul und >Nueva Durango.
Im >Chaco hatte sich das Problem des Viehdiebstahls schon früher bemerkbar gemacht. Mitte der fünfziger Jahre wurde die damals neu gegründete Siedlung >Paratodo im Süden der Kolonie Menno von einer Welle des Viehdiebstahls heimgesucht. Da der Viehbestand dort noch nicht groß war, bedeutete jeder Diebstahl für den Siedler einen schweren Schaden. Bei einem Bauern wurden nachts die Milchkühe aus dem Korral gestohlen, und obwohl der Bauer dies bemerkte, konnte er nichts machen, da die Diebe bewaffnet waren und die Angst zu groß war, selber zu Schaden zu kommen, wenn man sich blicken ließ. Auch sie erwogen, nach Nordmenno zurück zu ziehen, blieben aber trotz allem, um ihre Siedlung weiter aufzubauen.
Bis zum heutigen Tage ist der Viehdiebstahl in den Mennonitenkolonien ein Problem, wenn auch von Kolonie zu Kolonie verschieden. Generell beobachtet man aber eine Verbesserung in dieser Hinsicht. Das ist wohl der guten Zusammenarbeit mit der nationalen Polizei, aber auch den diversen >Nachbarschaftshilfe-Projekten zu verdanken.
Beate Penner
Informationsblätter der Kolonie Friesland, 1992-1995; Andreas T. Friesen: Jubiläumsschrift PARATODO – 1948 – 1998. Loma Plata: Druckerei Friesen, 1998.