Fürsorgekomitee

In Kanada hatten sich die >Chortitzer und >Sommerfelder aus Manitoba sowie die >Bergthaler aus Saskatchewan entschlossen, ein gemeinsames Auswanderungsziel ins Auge zu fassen: Paraguay. Um verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten möglichst vorzubeugen, sollte schon in Kanada eine Einheit gebildet werden. Nach der Rückkehr der >Chacoexpedition von 1921 wurde am 9. Dezember 1922 ein Auswanderungskomitee gegründet, in dem die drei an der Auswanderung interessierten Gruppen von je zwei Vertretern repräsentiert wurden. Unter dem Namen Fürsorgekomitee beauftragte man das Komitee, die Verhandlungen zur Auswanderung in die Wege zu leiten. Aus Russland war der Name schon bekannt, dort wurde er aber für ein staatliches Organ benutzt. Hier war es eine rein mennonitische Organisation, die zum Zweck der Auswanderung nach Paraguay gegründet wurde.
Da Familien von drei Gemeinden nach Paraguay auswandern wollten, wurde empfohlen, dass diese als eine einheitliche Gemeinde in Paraguay einwandern würden und der Landtitel auf den Namen des Fürsorgekomitees eingetragen werden sollte.
Die Wirtschaftskrise nach dem Ersten Weltkrieg wirkte sich auch auf die kanadischen Mennoniten aus und führte zur Verzögerung des Auswanderungsprojektes. Das Fürsorgekomitee hatte in dieser Zeit die Aufgabe, die finanziellen und geschäftlichen Verhandlungen zwischen den Auswanderergruppen und der Siedlungsgesellschaft >Corporación Paraguaya zu führen. Mit ihr wurde auch der Kaufvertrag für das Land ausgehandelt.
Während der Zeit der Auswanderungsvorbereitungen versuchte man, die drei Gruppen zu verschmelzen, was aber nicht gelang. So wurden die weiteren Befugnisse des Fürsorgekomitees erst in Paraguay bestimmt, nachdem am 13. Juli 1928 das Statut des Fürsorgekomitees als Grundlage einer bürgerlich- gesellschaftlichen Verwaltungsinstitution im Rahmen der staatlichen Gesetzgebung und der gesetzlichen Anerkennung festgelegt worden war.
Zu den Befugnissen des Fürsorgekomitees gehörten Aufgaben wie: Die Kolonisation im >Chaco voranzutreiben; den Siedlern materielle und moralische Unterstützung zu geben und Handelsgeschäfte zu unternehmen.
Aufgrund der ungleichen Vertretung der Siedler im Komitee – etwa 30 % der Siedler hatten vier der sechs Vertreter gestellt, die anderen zwei repräsentierten die restlichen 70 % – gab es Verstimmungen, so dass die größere Gruppe sich entschloss, ein neues Verwaltungskomitee – das >Chortitzer Komitee – zu gründen. Danach löste sich das Fürsorgekomitee langsam auf, und nach ein paar Jahrzehnten wurde auch das Land, welches auf den Namen des Fürsorgekomitees gekauft worden war, auf den Namen des Chortitzer Komitees übertragen.
Uwe S. Friesen
Martin W. Friesen: Neue Heimat in der Chacowildnis. 2. Auflage. Asunción: Imprenta Modelo, 1997, S. 21, 173 ff., 201 u. 567ff; Abram W. Hiebert u. Jacob T. Friesen: …eine bewegte Geschichte… die zu uns spricht – Materialien zur Entwicklungsgeschichte der Kolonie Menno – Ein Beitrag zur 75. Gedenkfeier. Hg. Chortitzer Komitee Loma Plata, Colonia Menno. 2002; Peter P Klassen.: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. 2. erweiterte Auflage. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 2001, S. 89-90, 240-244 u. 267; Walter Quiring: Deutsche erschließen den Chaco. Karlsruhe: Heinrich Schneider, 1936, S. 163; Walter Quiring: Russlanddeutsche suchen eine Heimat: Die deutsche Einwanderung in den paraguayischen Chaco. Karlsruhe: Heinrich Schneider, 1938, S. 63.