Pozo Azul hieß ein >Siedlerlager der kanadischen Mennoniten im paraguayischen >Chaco. Einige Familien zogen im Februar 1927 ins Chacoinnere, um einen provisorischen Stützpunkt auf dem Weg zum Siedlungsland zu errichten. Pozo Azul – blauer Brunnen oder blaue Quelle – wurde der Ort bei Km 165 benannt, weil die Lagune am Ort klares und kühles Wasser führte. Zum Ende des Chacowinters 1927, als der Regen längere Zeit über Pozo Azul ausgeblieben war und immer wieder heiße Nordstürme über die Gegend strichen, senkte sich der Wasserspiegel der Blauen Quelle und mittels Bohrungen wurde nach Trinkwasser gesucht. Klar wurde, dass an dem Ort keine Quelle vorhanden war, wie man vorher vermutet hatte.
Man errichtete Häuser aus Lehmziegeln für die angereisten Familien und ein Lagerhaus aus Wellblech – Mehlhaus oder auch Gemeindespeicher genannt – um die Waren, die von >Puerto Casado aus in die Wildnis gebracht wurden, trocken zu lagern. Die Pfeiler und der Dachstuhl bestanden aus Rundholz (Baumstämmen) aus dem Wald. Für das Dach standen Wellblechtafeln zur Verfügung; auch Draht und Nägel hatte man mitgebracht.
Etwa 30 Familien wohnten in Pozo Azul. Die Familien suchten ihre Wohnplätze am Buschrand, säuberten sie und schlugen ihre Zelte auf. Dann richteten sie sich ihre einfachen, aber gut funktionierenden Kochherde ein. Man hob schmale Erdrinnen aus und legte die aus Kanada mitgebrachten Herdplatten über die Rinne und kochte wie auf einem fertigen Ofen. Weitere Siedlerfamilien folgten bald, und es wurden auch feste Bauten von Lehmziegeln und Chacoholz errichtet.
Die Firma Carlos Casado beauftragte ihren Angestellten Siebert, mit einigen paraguayischen Arbeitern zusammen Wohnhütten und Korrals zu bauen und Zäune herzustellen. Es sollte nach und nach eine neue Estancia eingerichtet werden. Immer wieder wurde ein Rind zur Nahrungsversorgung geschlachtet. Herr Siebert und die Arbeiter der Casadogesellschaft blieben in der Nähe des Mennonitenlagers.
In Pozo Azul wurden ab August 1927 Versuchsfelder mit tropischen Kulturen angelegt, und sie gediehen ausgezeichnet. Man nannte die Anlage >Gemeindegarten, und alle drei Gemeindegruppen waren an den Versuchsanlagen beteiligt. Samen und Pflanzen wurden von der Siedlungsgesellschaft zur Verfügung gestellt. Die Siedlungsgesellschaft sandte den Agronomen Erik Lindgren, der in der Nähe von Asunción wohnte und dort eine Chacra hatte, nach Pozo Azul, wo er den Einwanderern beratend zur Seite stehen sollte. Auf den Versuchsfeldern gediehen Mandioka, Süßkartoffeln, Bohnen, Erdnüsse, Ananas, Bananen, Baumwolle, Mais, Wassermelonen und vieles andere mehr.
Die jungen Leute von Pozo Azul hatten mit der Arbeit eine gute Abwechslung.
In Pozo Azul starben innerhalb einiger Monate 16 Einwanderer, größtenteils an den Folgen der Typhuskrankheit. Zu diesen Verstorbenen gehörte auch der Prediger Jacob A. Bergen, der auf vielen Begräbnissen den Angehörigen und Freunden Trostworte zugesprochen hatte.
In den folgenden Monaten des Jahres 1927 zogen immer mehr Familien von >Puerto Casado in den Chaco.
Heute gehört das Landstück um das ehemalige Siedlerlager einer Aktiengesellschaft von Bürgern der >Kolonie >Fernheim. Ein Grundstück von ca. fünf Hektar ist abgezäunt worden und steht unter Naturschutz sowie unter Denkmalschutz und dient der Kolonie >Menno als Museum bzw. Erinnerungsstätte an die Zeit, als hier Siedlerfamilien auf dem Weg ins Chacoinnere Unterkunft fanden.
Uwe S. Friesen
Martin W. Friesen: Kanadische Mennoniten bezwingen eine Wildnis, 50 Jahre Kolonie Menno – erste mennonitische Ansiedlung in Südamerika. Neu überarbeitete Ausgabe. Loma Plata: Druckerei Friesen, 2004; Martin W. Friesen: Neue Heimat in der Chacowildnis. 2. Auflage. Asunción: Imprenta Modelo, 1997.