Regehr, Walter

Walter Regehr (1935 – 1992) wurde 1935 in Gnadenfeld, Molotschna, geboren. Er war sechs Jahre alt, als sein Vater zusammen mit anderen Männern des Dorfes nach Sibirien verschickt wurde, wo er bald darauf verstorben ist. Mit seiner Mutter und Schwester Lily flüchtete er 1943 aus seinem Heimatdorf nach Deutschland und kam 1947 nach Paraguay, wo sie zunächst in Wiesenfeld, >Fernheim, wohnten.
In Russland hatte Regehr die 1. Klasse besucht, die folgenden Schuljahre auf der Flucht wurden durch häufigen Ortswechsel oft unterbrochen. In >Filadelfia, Fernheim, besuchte er die Zentralschule von 1949 bis 1952. Anschließend wurde er mit 17 Jahren in >Neu-Halbstadt als Hilfslehrer angestellt.
Durch die Vermittlung von Dr. Gerhard >Dollinger erhielt er 1957 einen Studienplatz am Pädagogischen Institut in Karlsruhe. Nach dem bestandenen Volksschullehrerexamen ging er an die Universitäten Göttingen und München, wo er die Fächer Germanistik, Geographie und Pädagogik belegte und 1965 sein Studium mit dem Magisterexamen abschloss.
Nachdem er 1966 die Schweizerin Verena Gerber geheiratet hatte, gingen sie nach Paraguay, wo beide als Lehrer an der >Zentralschule in >Neu-Halbstadt, >Neuland, arbeiteten. 1967 ließ er sich in seiner Heimatgemeinde taufen und wurde zwei Jahre später als >Prediger gewählt.
Durch zunehmende Kontakte mit den Indianergemeinschaften im paraguayischen >Chaco gewannen Walter und Verena Regehr die Überzeugung, sich durch ein Ethnologiestudium in Basel für eine eventuelle Arbeit mit den Indianern besser qualifizieren zu sollen. Daher gingen beide 1973 in die Schweiz, und 1977 schloss Regehr sein Studium an der Universität in Basel mit der Promotion ab.
Zusammen mit ihren beiden Töchtern Ursula und Vera gingen sie 1977 nach Neuland zurück, wo Regehr zunächst wieder an der Zentralschule in Neu-Halbstadt, aber auch am >Lehrerseminar in Filadelfia arbeitete. Bald jedoch bekam er von der katholischen Kirche ein Angebot, als Ethnologe und Geograph in einem Projekt zur Landsicherung für Indianer zu arbeiten. Nachdem ihr Lebensunterhalt finanziell durch die Organisation Dienste in Übersee in Stuttgart gesichert war, trat Walter vollzeitig für einige Jahre in diesen Dienst ein.
Nach Beendigung des genannten Projektes war er bemüht, durch den Aufbau eines Viehzuchtbetriebs eine Lebensgrundlage für sich und seine Familie zu schaffen, damit er anschließend frei und unabhängig sich weiterhin für seine Mitmenschen im Chaco einsetzen könnte. Er wollte dazu beitragen, dass den Bedürftigen und Benachteiligten in der Gesellschaft >Gerechtigkeit widerfahre. Dabei lagen ihm die Indianer besonders am Herzen. Durch Landsicherung, so meinte er, könnte eine günstige Voraussetzung für die Selbsthilfe geschaffen werden. In vielen Gesprächen mit Indianern versuchte er deren echte Wünsche und Bedürfnisse herauszufinden, um ihnen dann Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Einen sehr großen Dienst leistete er der Indianergemeinschaft, indem er sich energisch für die Krankenversicherung für Indianer (AMH) einsetzte, die seit vielen Jahren erfolgreich arbeitet und inzwischen auch staatlich anerkannt ist.
Nachdem er viele Informationen über die Indianer gesammelt hatte, wollte er einiges davon zu Papier bringen, um auf diese Weise zum Verständnis der verschiedenen Ethnien in dieser Region beizutragen. Doch dafür blieb ihm keine Zeit mehr. Mitten in seinen Plänen wurde er durch eine heimtückische Krankheit im Mai 1992 aus dem Leben gerissen.
Walter Regehr war stets ein überzeugter Christ und engagierter Mitarbeiter sowie ein hoch motivierter Freund und Förderer der Indianer. Er war ein Naturfreund, dem der Naturschutz sehr am Herzen lag, als viele davon noch nichts hören wollten. Er war ein qualifizierter Wissenschaftler, bevorzugte aber das praktische Handeln. Das Wohl seiner Mitmenschen lag ihm am Herzen, daher kämpfte er für Recht und Gerechtigkeit und stellte seine Fähigkeiten und Kräfte in den Dienst der Gemeinschaft, unabhängig von Konfession und Rasse.
Jakob Warkentin
Walter Regehr: Die lebensräumliche Situation der Indianer im paraguayischen Chaco. Humangeographische und ethnologische Studie zur Subsistenzgrundlage und Siedlungsform akkulturierter Chacovölker. Basler Beiträge zur Geographie, H. 25.Basel, 1979; Verena Regehr: Mennoblatt 63 (1992) 17, S. 8; Jakob Warkentin: Mennoblatt 63 (1992) 12, S. 8 f.