Schlachthof

In den ersten Jahren im >Chaco wollte man durch die Viehhaltung die Milchversorgung für die Siedlerfamilien sichern. Auch der Bedarf an Fleisch wurde dadurch gedeckt. Da man keine Möglichkeit hatte, das Fleisch lange Zeit aufzubewahren, organisierten sich mehrere Familien oder sogar ein ganzes Dorf und bildeten einen “Fleischring” (>Schlachtring). Reihum musste jeder im Dorf ein Rind zum Schlachten stellen. Das Fleisch wurde an alle verteilt. Auch auf den Viehstationen wurden für den eigenen Bedarf Rinder geschlachtet.
Früher wurden nur einzelne Viehherden an Aufkäufer außerhalb des geschlossenen Rahmens der >Kolonie verkauft. Seit der Fertigstellung der >Ruta Transchaco wird das Schlachtvieh nach >Asunción gefahren, und heute werden jährlich Zehntausende Rinder über die Kolonie oder auch durch Privatunternehmer an Schlachthöfe verkauft.
Um am Schlachten, der Verarbeitung und Vermarktung des Fleisches selber zu verdienen, hatte man schon lange überlegt, einen eigenen Schlachthof im Chaco aufzubauen. So hatten bereits 1968 Abram W. Hiebert aus Menno und Cornelius Walde als Vertreter der Kolonien Kontakte mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Deutschland aufgenommen, um technische und finanzielle Hilfe von Deutschland für ein Schlachthofprojekt zu beantragen. Obwohl die Bundesregierung Techniker schickte, die östlich von Loma Plata ein Gelände mit ausreichenden Grundwasservorräten fanden, kam das Projekt schließlich nicht zustande. Die Frage der Eigenleistung, unterschiedliche Vorstellungen bezüglich der Verwirklichung des Projekts führten schließlich dazu, dass das Projekt zunächst nicht weiter verfolgt wurde.
Ende 1976 wurde auf einer Oberschulzensitzung in >Filadelfia über eine intensive Zusammenarbeit der Kolonien gesprochen, wo man auch konkret an ein gemeinsames Fleischprojekt dachte.
Anfang Januar 1982 bekam die Kooperative Chortitzer das Angebot von Banco de Fomento, eine kleinere Fleischfabrik zu kaufen. Man ging auf das Angebot ein. Seit 1982 finden sich auch in den Protokollen des Chortitzer Komitee immer wieder Punkte, die sich auf ein zukünftiges Fleischprojekt beziehen. Es lassen sich da folgende Schritte erkennen: Juni 1982: Man hat erkannt, dass durch Fleischhandel viel mehr Gewinne erzielt werden als durch Viehverkauf und sucht Kontakte mit Fleischexperten aus Kanada.
Dezember 1982: Ein Angebot ist da, Kredit für den Aufbau eines Fleischhandels zu erhalten. Die Haltung: abwarten, was sich entwickelt. Im Oktober 1983 wird das Fleischprojekt erneut aufgegriffen, jedoch nicht konkretisiert. Erst am 29. März 1996 wird es dann konkret, und der Oberschulze informiert: – Schlachthof: Das Projekt wegen dem Schlachthof soll weiter studiert werden und man einigt sich, eine Sitzung anzuberaumen, wo die Herrn Bernhard F. Wiebe und die Oberschulzen von Neuland und Fernheim eingeladen werden. Die Herren Bernhard F. Wiebe und Herr Peter Siemens soll gefragt werden, über das Projekt zu informieren.
Auf der Sitzung am 15. April 1996 wird dann über das Projekt “Schlachthof” beraten. Das Projekt wurde erklärt. Über verschiedene Punkte wurde informiert und diskutiert: Realisierbarkeit des Projekts, Kosten und Finanzen (möglicherweise US$ 8.000.000.-), Marktstudie und Transport, Standort, Qualität, Wasserstudie, Gründung einer Gesellschaft als juristischer Person.
Zum Standort wurde damals erwogen, den Schlachthof im Chaco in der Nähe von Mcal. Estigarribia aufzubauen. Wenn dieser Ort auch noch manche Schwierigkeiten wie die Versorgung mit Wasser, elektrischem Strom und Arbeitspersonal mit sich bringen würde, sah man doch größere Vorteile wegen Ausfuhr, Transport und Distanz. Die Sitzung beschloss, den Bürgern das Projekt vorzulegen, um anschließend weitere Schritte zu planen. Ein gemeinsames Fleischprojekt kam jedoch nie zustande.
Gelernt hatten die >Mennonitenkolonien Folgendes: Sollten sich in Zukunft wieder Möglichkeiten für Entwicklungsprojekte zum Wohle der Siedlung anbieten, dann müsste die Verwaltung mit den Bürgern zusammen sich erst ganz klar definieren, ehe man auf Verpflichtungen eingeht.
Das Projekt des gemeinsamen Schlachthofs wurde nach diesen Erfahrungen als abgeschlossen betrachtet, und in den letzten Jahren haben die drei Kooperativen aus dem Chaco, >Chortitzer Komitee (>FrigoChorti), >Fernheim (FRIGOCHACO) und >Neuland (Frigorífico Neuland) je ihren eigenen Schlachthof aufgebaut, um Fleisch zu verarbeiten und zu exportieren.
Uwe S. Friesen