Sepe Lhama

Der erste Lengua-Christ, Sepe Lhama, gehörte zu den Nordlengua (>Enlhet).
Als die >Kolonie >Fernheim 1930 gegründet wurde, war Sepe Lhama ein junger Mann, der seinem Wunsch, Schamane zu werden, nachging. Zur Zeit des >Chacokrieges 1932 – 1935 zog er sich in den weiten, dornigen Busch in der Nähe von >Yalve Sanga zurück und wurde nur selten gesehen. Sein Jagdgebiet und das des Cacique >Antonio war sehr groß. Es umfasste die Kämpe von Yalve Sanga.
Schon 1931 kam Sepe Lhama in das mennonitische Dorf Nr. 4, Wiesenfeld. Dort erlebten er und seine Sippe zum ersten Mal das Weihnachtsfest. Sie erhielten am Heiligabend als Geschenk Hamburger und “Zwieback”. Sepe Lhama erzählte, dass sie Misstrauen den weißen Menschen gegenüber hatten. Sie dachten, dass diese sie vergiften wollten. Auf Befehl seines Vaters (Mauntla), der Häuptling der Sippe war, mussten sie alle Hamburger und Zwieback wegwerfen.
In Gnadenheim Nr. 3 machte Sepe Lhama Bekanntschaft mit Gerhard Benjamin >Giesbrecht, dem Lehrer des Dorfes. Als die Familie Giesbrecht 1937 nach >Yalve Sanga, der neuen Missionsstation, zog, um dort als Missionare unter den Lengua-Indianern zu arbeiten, stand Sepe Lhama eines Tages am Fenster des Missionshauses. Missionar Giesbrecht schreibt: Tief überzeugt bin ich heute noch davon, dass der Herr einen Mann unter den Lenguas erwählt und berufen hatte, für sein Volk Bahnbrecher zu sein. Dieser Mann im Lendenschurz wurde mein Freund und mein Bruder (G. B. Giesbrecht, “Missionsgeschichte” unveröffentl. Manuskript, S. 63).
Zusammen mit Sepe Lhama machten die Missionare G. B. Giesbrecht und Bernhard >Epp Reisen zur >anglikanischen Mission Maclhavaya. Eine sehr bescheidene Grammatik, ein kleines Wörterbuch und ein rotes Gesangbuch in der Sprache der Lenguas schenkten ihnen die englischen Missionare. Sepe Lhama konnte weder lesen noch schreiben.
Eines Tages kam es im Lengua-Lager Yalve Sanga zu einer Auseinandersetzung zwischen Sepe Lhama und dem Schamanen. Sepe Lhama nahm seine Flinte und verließ ganz schnell den Missionshof (Die beleidigte Person verlässt bei den Lenguas für eine Zeit ihren Wohnort). Er ging aber nicht alleine in die Dunkelheit der Nacht. Missionar Giesbrecht folgte ihm und hörte den Indianer weinen. Als sie miteinander redeten, knieten sie im hohen Bittergras nieder und beteten. Sepe Lhama durfte sich bekehren. Er “wechselte sein Inneres”, er sagte zu Gott, ich will dir folgen. Auch seine Frau wurde ihm eine treue Lebensgefährtin. Sie blieb es, bis sie im Alter von etwa 85 Jahren als erblindete Frau starb.
Es waren acht Jahre Missionsarbeit ins Land gegangen, als sich Sepe Lhama bekehrte. 1945 meldete er sich zur Taufe. Er sagte: Darf ich getauft werden? Ich will Jesus nachfolgen. Bald folgten seinem Beispiel noch sechs junge Lengua-Männer, die am 24. Februar 1946 auf ihren Glauben an Jesus Christus getauft wurden.
Sepe Lhama hatte Führertalent, war intelligent und von gesundem, starkem Körperbau. Alles wies auf eine vorteilhafte Stellung hin, die er in seinem Stamm als Schamane hätte haben können. Durch den Glauben an Jesus konnte sein Führertalent, sein weises Verhalten, seine Teilnahme an der Bibelschule und an anderen Kursen, geheiligt werden. Er war ein Vorbild in Pünktlichkeit und Aufrichtigkeit; denn was er sagte, hielt er gewiss.
Sepe Lhamas Herz schlug für sein Volk, dem er Gottes Wort predigte, und viele durften sich durch seine Wortverkündigung bekehren. Wenn Disziplinararbeit in der Gemeinde zu tun war, verglich er diese mit dem Lausekraut: Ich gehe Lausekraut aushacken.
Sepe Lhama liebte seinen Garten. Er war Besenbinder und hat für seinen Lebensunterhalt wohl Tausende von Besen gebunden und diese in den Kooperativen verkauft. Soviel bekannt ist, hat Sepe Lhama seinen Lebensunterhalt immer auf seinem Land verdient. Er hat auch kein Gehalt erhalten, weder von seiner Gemeinde noch vom Missionskomitee. Er sorgte für die eigene Familie. Seinen drei Söhnen gab er die Namen Matthäus, Markus und Lukas. Er selbst hieß Johann oder Sepe Lhama.
Als seine erblindete Frau starb, wurde nach alter Sitte sein gut gebautes Haus dem Erdboden gleichgemacht und die Bäume um sein Haus abgehackt. Sie ließen den alten Mann, ihren Prediger, ohne Dach, ohne eine Kochstelle. Alleine saß er für mehrere Jahre unter einem Grapefruchtbaum ohne ein Dach und ohne ein schützendes Zimmer. Sepe Lhama hat seine Mitmenschen nicht verurteilt. Er wusste um seine Kultur, dass alte Menschen so abgetan wurden. Trotz dieser schweren Erfahrung hielt er sich an Gottes Wort, war treu im Besuchen der Versammlungen und predigte und betete weiter.
Als Sepe Lhama zu Grabe getragen wurde, sagte sein Freund Enrique Ekkert, ein Lengua-Bruder: Wäre ich doch gestorben, und nicht Sepe Lhama. Sepe Lhama und Enrique Ekkert wurden 1976 für den Predigtdienst ordiniert. Sie sind schon beide vom Herrn Jesus in sein ewiges Reich gerufen worden. (>Indianerkulturen, >Interethnisches Zusammenleben)
Gerd G. Giesbrecht
G. B Giesbrecht.: “Missionsgeschichte” [Masch. Schrift] 1977, Mappe 1 S.63; Gerd G. Giesbrecht: Ich sah der Lengua Hütten. Erfahrungen und Beobachtungen in der Missionsarbeit. Asunción, 2000, S. 147; Hans Wiens: Daß die Heiden Miterben seien: Die Geschichte der Indianermission im paraguayischen Chaco. Hg. Konferenz der Mennoniten-Brüdergemeinden Paraguays. Asunción, 1989, S. 55.