Harbiner Gruppe

Als “Harbiner Gruppe” werden die Bewohner der vier Dörfer der Kolonie >Fernheim bezeichnet: Blumenort (Nr. 14), Orloff (Nr. 15), Karlsruhe (Nr. 16) und Schönau (Nr. 17), während man die Gegend, in der die Dörfer liegen, als “Harbiner Ecke” bezeichnet. Diese Dörfer entstanden 1932 und ihre Einwohner kamen aus Russland, von wo sie 1930 über den Amur nach China flüchteten (>Flucht über den Amur). Da sie in Harbin, China, über ein Jahr verbracht hatten, nannte man sie scherzhaft Harbiner – gelegentlich auch die Chinesen – und ihre Dörfer als Ganzes die Harbiner Gruppe oder auch Harbiner Ecke. Vom 11. bis zum 13. Mai 2007 veranstalteten die Nachkommen dieser Gruppe, darunter einige ehemalige Harbiner und Pioniere, das 75-jährige Jubiläum ihrer Ankunft im >Chaco.
Gerhard Ratzlaff
Joseph W. Fretz: Pilgrims in Paraguay. The Story of Mennonite Colonization in South America. Scottdale, Pennsylvania: Herald Press, 1953, S. 26; Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 1988, S. 94-95. Walter Quiring: Russlanddeutsche suchen eine Heimat: Die deutsche Einwanderung in den paraguayischen Chaco. Karlsruhe: Heinrich Schneider, 1932; Jubiläumskomitee der Harbiner Gruppe 2007 (Hg.): Die Flucht über den Amur: Ein Zeugnis von Gottvertrauen und Mut. Filadelfia, 2007.
Harder, Abram
Abram Harder (1893 – 1974) wurde am 19. Juli 1893 in Rosenort, Südrussland, geboren. Er gehörte dort der Mennoniten Brüdergemeinde an. Im Jahr 1936 kam er in die Kolonie >Fernheim. In Kaiserslautern war er bereits Leiter der >Mennonitengemeinde gewesen. In Fernheim wollte er wieder der MBG beitreten, doch da er an der Überzeugung festhielt, dass sowohl die Untertauchungstaufe als auch die Begießungstaufe biblisch seien, wurde ihm der Beitritt verwehrt. Daher schloss er sich der Mennonitengemeinde an und wurde dort zum Ältesten der Gemeinde gewählt. Dieses Amt hatte er bis 1944 inne.
Da Harder ursprünglich zur MBG gehört hatte, war es folgerichtig, dass sich unter seiner Leitung die Mennonitengemeinde an die Moralvorstellungen der MBG anpasste.
Es wurde jetzt auch in der Mennonitengemeinde auf die Bekehrung und das öffentliche Bekenntnis vor der Taufe besonderer Wert gelegt und das Leben der Heiligung betont. Dazu gehörte beispielsweise auch das Rauchverbot, Abstinenz vom Alkohol und Einschränkungen bei Jugendspielen. 1944 verließ er die >Kolonie Fernheim, da er nach Deutschland zurückkehren wollte. Er ging zunächst nach Friesland, wo er von 1944-1951 als Ältester der Mennonitengemeinde diente. Obwohl er mit der >deutsch-völkischen Bewegung sympathisierte, bemühte er sich als Gemeindeleiter um eine vermittelnde Position zwischen den sich bekämpfenden Gruppierungen. Abram Harder starb am 8. Mai 1974 in Kanada.
Jakob Warkentin
Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 1988, S. 321 f.