Wilhelm Klassen gehörte zu den Pionieren in >Fernheim, die an der Front standen. Er setzte sich bis aufs Äußerste für die Dorfgemeinschaft ein, auch bei Todesgefahr (Balzer Agnes/Dück Liselotte, Schönbrunn, Filadelfia 2005, S. 37 – 38). Er gehörte auch zum ersten Gemeindevorstand der im Oktober 1930 gegründeten >Evangelisch Mennonitischen Bruderschaft. Zudem war er in der Jugendarbeit tätig, im eigenen Dorf sowie in der Gemeinde (Klaus Löwen, Vom Werden und Wachsen der EMB, S. 34, 51 – 52). Vor allem aber war er mit Leib und Seele Lehrer und Erzieher. Seine Gesprächsthemen hatten meist schulische Aspekte zum Inhalt.
Er brachte schon eine 17-jährige Erfahrung aus Russland mit, wo er auch seine pädagogische Ausbildung erhalten hatte. Von Anfang an ging sein Bestreben dahin, dem Bildungswesen ein hohes Niveau zu geben. In Zusammenarbeit mit den Kollegen Johann Vogt und Julius >Legiehn startete er schon 1931 die erste >Zentralschule in Schönwiese, wo bereits eine Primarschule für die drei Dörfer Schönbrunn, Schönwiese und Friedensruh geführt wurde.
Lehrer Wilhelm Klassen war maßgeblich daran beteiligt, dass das gesamte Schulwesen während der Gründungsjahre der >Kolonie mit einem bewundernswerten Schwung aufgebaut wurde, mit Lehrerkonferenzen, pädagogischen Wochen, Schülerfesten und kulturellen Veranstaltungen.
Seine methodische und pädagogische Richtung war bestimmt und eindeutig und er vertrat sie auch unbeugsam vor jüngeren Opponenten, die naturgemäß mit neueren Ideen auftraten.
Nicht warten, bis ein anderer etwas tut! Selber Hand ans Werk legen! Das war ein von ihm ausgelebter viel zitierter Grundsatz.
Er hatte Weitsicht und war erstaunlich furchtlos und konsequent. So stellte er sich auch gegen die >deutsch-völkische Bewegung, obzwar ihm das manche Kritik eintrug.
Aufgrund seiner Einstellung verlor er seinen Leiterposten an der Zentralschule.
1944 eröffnete er, wiederum in Schönwiese, wo sich noch die alten Räumlichkeiten befanden, zusätzlich eine von der Primarschule weiterführende 1. Klasse der Fortbildungsschule mit 17 Schülern. Dabei erhielt er die Unterstützung der EMB Gemeinde und noch mancher Eltern aus den anderen Gemeinden, die die völkische Bewegung ablehnten.
Er vertrat zu allen Zeiten fest seinen Standpunkt und verfolgte unbeirrt seinen einmal eingeschlagenen Weg. Erst nach 50-jähriger Lehrtätigkeit schied er aus dem Schuldienst aus. Er starb im Jahre 1973.
Agnes Balzer
David Boschmann: Pionierlehrer der Kolonie Fernheim. Hillsboro, Kansas, 1989; Peter P. Klassen: Die deutsch-völkische Zeit in der Kolonie Fernheim, Chaco, Paraguay 1933-1945. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V. 1990; Peter P. Klassen und Peter Wiens (Hrsg.): Jubiläumsschrift zum 25jährigen Bestehen der Kolonie Fernheim, Chaco Paraguay. Winnipeg: Echo-Verlag, 1956; Agnes Balzer u. Liselotte Dück: Schönbrunn. Filadelfia 2005.