Schon 1927 mussten Ernährungsmöglichkeiten für die Bewohner der >Kolonie >Menno im >Chaco gesucht werden. Ihre Vorfahren lebten im 16. Jahrhundert in Europa, seit Ende des 18. Jahrhunderts in Russland, von 1874 bis 1927 in Kanada und in Paraguay von 1927 bis 1980 fast nur von Ackerbauprodukten.
Was den Ackerbau für die Mennoniten im Chaco Paraguays so schwierig machte, waren die subtropischen Klimaverhältnisse (heiß, trocken, hohe Wasserverdunstungsrate). Dagegen herrschte in Kanada, Russland und Europa ein kühleres Klima. Man wusste bei der Einwanderung zunächst nicht, welche Pflanzen im Chaco gedeihen würden. Was die Menoniten in 400 Jahren gelernt hatten, funktionierte hier nicht. So war es notwendig, ab 1927 Versuchsfelder anzulegen, um den Anbau verschiedener Arten von Pflanzen, die im subtropischen Klima wachsen, auszuprobieren. Das waren: Melonen, Wassermelonen, Mandioka, Bohnen, Sorghum, Baumwolle, Kürbisse, Süßkartoffeln und vieles mehr.
Der begrenzende Wachstumsfaktor für die Pflanzen war und bleibt die hohe Wasserverdunstungsrate (bis zu 1.700 mm im Jahr) im Verhältnis zu den natürlichen Niederschlägen von durchschnittlich 850 mm im Jahr. In den ersten 15 Jahren wurden Ochsen als Zugkraft für die Ackerbaugeräte gebraucht. Diese Geräte stammten meistens aus Nordamerika. Manche Familien hatten sie sich auch aus Kanada mitgebracht oder sie waren gespendet worden. Nach 1945 wurden die Zugochsen allmählich durch Pferde ersetzt, diese wiederum in den Jahren 1965 bis 1975 durch Traktoren.
Bevor die Landwirtschaft mechanisiert wurde, gab es eine rege gegenseitige Hilfe unter den Bauern. Neben den Eltern waren die Kinder die Hauptarbeitskräfte beim Ackerbau. Dies war möglich, da der Unterricht in den Schulen damals in Menno nur sechs Monate dauerte. Die Kinder erlernten die Ackerbautechniken und die Arbeiten im Haushalt von den Eltern. Um die Baumwolle zu verarbeiten, wurde schon in der Ansiedlungszeit eine Entkernungsanlage in >Hoffnungsfeld aufgestellt, die später nach >Loma Plata gebracht wurde. In den 1950er Jahren wurde eine Baumwollentkernungsanlage der Marke Murray aus den USA und eine Ölpresse der Marke Krupp aus Deutschland gekauft. Das Speiseöl wurde aus Baumwoll- und Erdnusssamen gepresst. Die Baumwollsorten stammten aus den USA von der Queen-Company.
Später wurden Sorten aus Paraguay angepflanzt wie Reba B 50, Reba 279, L 100 und IAN 425. Die ersten Erdnusssorten mit Nüssen mit je drei roten Kernen stammten aus Argentinien. In den 1970er Jahren brachte man die Sorte Starr aus den USA, bei der eine Nuss zwei Kerne und damit mehr Öl enthielt als die früheren Sorten; denn es ging bei Erdnüssen in erster Linie um die Produktion von Öl. In den 1990er Jahren wandelte sich der Markt für Erdnüsse. Es wurden verstärkt Konfiserie-Erdnüsse nachgefragt, d. h. dass die Erdnüsse als Kerne und nicht als Öl verkauft wurden. Die Kerne der Sorten Starr zerbrachen beim Entkernen leicht, was in der Konfiserie nicht erwünscht ist. Nach fünfjährigem Vergleich von Sorten aus den USA, Argentinien, Israel und Paraguay entschied man sich 1996 für die Sorte Floverman INTA aus Argentinien, die bis heute angebaut wird.
Die Sorghumpflanzen wurden in den Anfangsjahren in Form von Heu als Viehfutter, die Rispen mit Körnern als Pferde-, Schweine- und Hühnerfutter verwendet, während die Körner gemahlen als Nahrung für die Menschen dienten. Heute heißt dieselbe Sorte Chaco 101 und wird nur für die Silageproduktion verwendet.
1977 beendete der erste Agraringenieur aus der Kolonie Menno, Wilhelm Giesbrecht Wiebe, sein Studium. Er machte Versuche mit neuen Hybridsorten für Körner und Silageproduktion auf Bauernhöfen. Jahrelang wurde von den Firmen Dekalb und Pioneer aus den USA Saatgut importiert; später aus Argentinien und Brasilien von den Firman Dekalb, Pioneer und Morgan.
Mit Hilfe des >MCC wurde eine Versuchsstation in >Fernheim gegründet, auf der der nordamerikanische Agronom Robert >Unruh lange gearbeitet und Versuche zur Verbesserung der Landwirtschaft im Chaco durchgeführt hat. In Menno wurde die >Versuchsstation Isla Poí gegründet, wo Sortenvergleiche von verschiedenen Kulturen durchgeführt werden konnten. Da das Militärgelände Isla Poí ungenutztes Land hatte, fuhr Giesbrecht sowohl zum Landwirtschafts- als auch zum Verteidigungsministerium und bat um ein Stück Land, das zum Wohle der Gesellschaft in Form von Forschungen und Beratung in der Landwirtschaft genutzt werden sollte. Es wurde auf demselben Landkomplex ein Ausstellungs- und ein Versuchsgelände aufgebaut, die beide bis heute einen wichtigen Einfluss auf die Agrarentwicklung der Zone haben.
Es kamen die 1980er Jahre, als die Waldrodung für Weide und die Mechanisierung voll im Gange war und infolgedessen die Milchproduktion stark anstieg. Man brauchte mehr und mehr Grund- und Kraftfutter für die Kühe. Dr. Fred Miller von der Firma Texas A & M und der Botschafter der USA kamen in die Kolonie und erklärten, wie man einen eigenen Sorghumhybrid züchten und Saatgut produzieren könnte, anstatt ihn von den USA zu importieren. Wilhelm Giesbrecht nahm die Gelegenheit wahr und fuhr nach Texas A & M, um Sorghumhybridzüchtung zu erlernen. Da dieses Verfahren von vielen nicht verstanden wurde, durfte die Züchtung nicht im Auftrag der Gemeinschaft gemacht werden, sondern sollte in privater Form durchgeführt werden.
Von 1975 bis 1980 wurden 15 neue Erdnusserntemaschinen der Marke Lilliston aus den USA importiert. Heute kommen sie aus Brasilien. 1980 wurden je eine Erdnussschälmaschine, eine Reinigungsmaschine und ein Samensortierer der Marke Andrea aus Brasilien und eine neue große Ölpresse der Marke Krupp aus Deutschland importiert. Die Erdnussproduktion stieg seit Mitte der 1970er Jahre stark an und der Markt wandte sich zu Erdnusskernen für Konfiterie anstatt für Öl. 1990 wurde eine neue Erdnussschälmaschine der Marke Graciano aus Brasilien importiert. 1995 wurde die Bezahlung nach Samenqualifikation für die Bauern eingeführt, und im selben Jahr wurde der Saatguthandel in Menno aufgebaut.
Von 1978 bis 1985 wurden neue Baumwollerntemaschinen vom System Picker der Marke International aus den USA importiert. Da durch dieses System viele Baumwolle von schlecht entwickelten Feldern nicht geerntet werden konnte, wollte man im Chaco das Strippersystem zum Ernten selbst entwickeln. Leider blieb dieses Projekt damals auf der Strecke; heute wird es im Chaco angewandt. 1984 – 1995 wurden sechs weitere Erntemaschinen aus Brasilien importiert. Die Baumwollproduktion stieg auch stark an und es gab immer wieder Felder, die mit den Picker-Maschinen nicht abgeerntet werden konnten. Dafür hatte John Deere in den USA das so genannte Strippersystem entwickelt, das alles, was an der Baumwollpflanze ist, abrupft und dann die Baumwolle mittels eines Reinigers vom Pflanzenmaterial trennt. So konnte auch die Baumwolle von den schlecht entwickelten Feldern vollständig geerntet werden. Allerdings hatte die Baumwolle mehr Pflanzenmaterial in den Fasern, so dass mehr Reinigungsmaschinen bei der Entkernungsanlage eingesetzt werden mussten. 1998 wurde bei der Entkernungsanlage ein Saugwerk eingerichtet, mit dem Baumwolle direkt vom Kasten eines Anhängers abgeladen werden kann, und zusätzlich wurde auf dem Hof der Entkernungsanlage noch ein Saugwerk eingerichtet, mit dem die Baumwolle abgeladen, in Module gepackt und so aufbewahrt wird.
Für die Pickerernte musste der Reihenabstand 90 – 100 cm betragen, bei den Strippern brauchte er nur 70 – 100 cm breit zu sein. Beim Strippersystem von heute kann der Reihenabstand 30 – 50 cm betragen. Heute hat man 200.000 Pflanzen/ha anstatt 100.000 Pflanzen/ha wie früher. Heute ist eine Pflanzenhöhe von 60 – 100 cm und nur sechs Kapseln pro Pflanze erwünscht anstatt 12 – 15 Kapseln pro Pflanze wie früher.
Der Transport der Ernten vom Bauernhof zur Verarbeitungsfabrik wurde bis 1980 mit Wagen und Pferden bewerkstelligt, von 1980 bis 2000 mit Traktoren und Anhängern, und heute mit Lastkraftwagen.
In den Jahren 1927 – 1980 wurden die Pflüge, Scheibeneggen und andere Geräte von Ochsen oder Pferden gezogen. In dieser Zeit waren die Ackerfelder klein und von Winderosion wenig gefährdet. Mit der Mechanisierung wurden die Felder größer, mehr Wasser wurde gespeichert und die Erträge erhöhten sich. Plötzlich ließ die Fruchtbarkeit des Bodens nach, die Winderosion verstärkte sich, die Krankheiten im Boden vermehrten sich, die Erträge ließen nach und niedrige Preise zwangen die Bauern, vom Ackerbau zur Fleischproduktion überzugehen. Die >Versuchsstation Isla Poí entwickelte neue Produktionsmethoden und vermittelte diese in vielen Beratungsveranstaltungen an die Bauern weiter, aber der Degradationsprozess im Ackerbau war nicht mehr aufzuhalten.
1981 entdeckte man den Buschboden als für den Ackerbau geeignet. Er ist toniger, fruchtbarer, hat eine höhere Wasserspeicherkapazität, ist aber versalzungsgefährdeter als der sandige Kampboden. Minimale >Bodenbearbeitung löste das Problem zum Teil. Die Bodenbedeckung mit Pflanzenrückständen und die Einführung der Direktsaat lösten 1996 die Probleme auf dem Kamp- wie auch auf Buschboden am besten. Ein Schritt weiter zum sicheren Ertrag erfolgte 2005: Die Aussaat erst dann zu machen, wenn der Boden 1, 5 – 2 m tief feucht ist.
Plagen und Krankheiten sind im Chaco fast dieselben wie es sie in anderen subtropischen Gebieten gibt: Ameisen, Blattraupen, Bodenpilze, Blattfleckenkrankheiten, Spinnmilben, Erdwürmer, Nematoden, Kapselraupen u.a.
In den Jahren 1927 bis 1950 gab es keine sicheren Mittel, mit denen man die Plagen und Krankheiten bekämpfen konnte. Man war einfach vom Gleichgewicht der Natur abhängig. Erst in den Jahren 1950 – 1975 konnten Spritzen eingesetzt werden, die Pumpen hatten, die die Bekämpfungsprodukte durch die Düsen besser und effektiver auf die Pflanzen brachten. Diese Pumpen wurden von der Achse des Fahrzeuges angetrieben, welches von Pferden gezogen wurde. In diesen Jahren sind manche Menschen an den Folgen von Vergiftungen gestorben.
Von 1980 bis 1990 wurden viele Spritzen der Marke Jacto aus Brasilien importiert, die von Traktoren gezogen und angetrieben werden. Heute arbeiten viele Bauern mit dem integrierten Pflanzenschutzsystem. Gewisse Plagen (Spinnmilben, Dysdercus) erscheinen oft zu den Zeiten, in denen es sowieso schon trocken und belastend für die Bauern ist. Und oft erscheinen Plagen in überraschenden Mengen, so dass eine harte Aktion erforderlich ist. Nichts ist im >Chaco so sicher wie die Unsicherheit, d. h. es gibt sowohl zu viel als auch zu wenig Regen, zu viele Plagen und Unkraut und sehr viele harte Überraschungen.
Wilhelm W. Giesbrecht
Martin W. Friesen: Neue Heimat in der Chacowildnis. 2. Auflage. Asunción: Imprenta Modelo, 1997; 50 Jahre Kolonie Fernheim: Ein Beitrag in der Entwicklung Paraguays. Hg. Kolonie Fernheim. Asunción: Imprenta Modelo 1980, S. 62-98; Gerhard Ratzlaff: Robert und Myrtle Unruh: Dienst an der Gemeinschaft mit nachhaltiger Wirkung. Asunción, Paraguay, 2007.