Chortitzer Komitee nennt sich seit 1936 das Verwaltungsorgan der >Kolonie >Menno im paraguayischen >Chaco. Mit Verwaltungsfragen über das geplante Siedlungsprojekt in >Paraguay beschäftigten sich die Mennoniten schon vor der Auswanderung aus Kanada. Dort wurde ein >Fürsorgekomitee gegründet, das aus je zwei Vertretern der drei Auswanderergruppen, den Chortitzern von der >Ostreserve, den >Sommerfeldern von der >Westreserve und den Saskatchewanern bestand. Der Vorsitzende wurde aus ihrer Mitte bestimmt, und in Paraguay wurde das Fürsorgekomitee dann als erste Siedlungsverwaltung gesetzlich registriert.
Die vielseitigen und schwierigen Anforderungen der Ansiedlung führten dazu, dass das Fürsorgekomitee die Bedürfnisse nicht befriedigen konnte. Die drei Gruppen waren außerdem hinsichtlich der Mitgliederzahl wie auch ihres Vermögens sehr unterschiedlich. Es gab in einer Gruppe mehr arme Leute als in der anderen, und die Siedler verarmten immer mehr, da die mitgebrachten Geldreserven bald aufgebraucht waren, da wenig oder nichts an Gütern hinzukam. Es ging wirtschaftlich sehr schwer voran, so dass man überlegte, wie die Situation verbessert werden könnte.
Nach vielen Sitzungen und Überlegungen einigten sich etwa 90 % der Siedler, die Sociedad Civil Chortitzer Komitee zu gründen. Sie wurde am 4. September 1936 durch das Gesetz Nr. 4.482 staatlich anerkannt und in Funktion gesetzt. Man hatte nun eine Kolonieverwaltung, bestehend aus fünf Mitgliedern, die in ihren >Bezirken für jeweils zwei Jahre gewählt wurden, und einem >Vorsteher, der jährlich von den Koloniebürgern gewählt wurde. Später wurde die Anzahl der Komiteemitglieder auf zehn und dann auf zwölf Personen erhöht. Der gewählte Leiter führte die Geschäfte der Kolonie und stand auch den Koloniesitzungen (Bürgerversammlungen) vor.
1960 wurde das Land, welches auf den Namen des >Fürsorgekomitees, das immer noch als juristische Körperschaft existierte, gekauft worden war, endgültig auf die Sociedad Civil Chortitzer Komitee übertragen.
Um den gesetzlichen Vorteilen einer Kooperative in Steuerabgaben gerecht zu werden, wurde 1961 laut Beschluss einer außerordentlichen Bürgerversammlung die Sociedad Cooperativa Colonizadora Chortitzer Komitee gegründet. Die Statuten wurden ausgearbeitet, dem nationalen Kooperativgesetz angepasst und von der Regierung juristisch anerkannt. Somit wurde der Vorsteher (seit den 1950er Jahren >Oberschulze) auch gleichzeitig Präsident der Kooperative Chortitzer Komitee, von den Bürgern Mennos gewählt. Heute beträgt sein Amtstermin drei Jahre.
Bei der Kooperativsgründung wurde beschlossen, dass dieselben Verwaltungsratsmitglieder der Sociedad Civil auch den Vorstand der Sociedad Cooperativa bilden sollten, um nicht zwei Verwaltungsgremien unterhalten zu müssen.
Die Aufgaben, die in den Bereich des Chortitzer Komitees fallen, haben sich im Laufe der Entwicklung der Kolonie verändert und vor allem erweitert. In den Aufgabenbereich der Kooperative fallen die auf die Wirtschaft bezogenen Aufgaben: die wirtschaftliche Betreuung der Siedlung, die Regelung der Reiseschulden der Siedler, die Versorgung der Siedler mit den notwendigen Verbrauchsartikeln (Konsumladen, Supermarkt), die Vermarktung der Erzeugnisse aus der Landwirtschaft, >Viehzucht und Industrie, die Landbeschaffung für die wachsende Bevölkerung von Menno, Beschaffung und Vergabe von Krediten an die Mitglieder der Kolonie, Einrichtung von >Viehstationen, die Bedürfnisse der Bürger und deren Probleme auf allen Gebieten wahrzunehmen und zu regeln. Die Sociedad Civil organisiert und verwaltet die Dienstleistungen für die Mitglieder. Dazu gehören: Bildung, Gesundheit, Wegebau und Kommunikation, Anlage neuer Dörfer, Sozialwesen, polizeilicher Ordnungsdienst, Umweltschutz, Indianerbetreuung, die Beziehungen nach auswärts und zu den andern Kolonien für gemeinsame Projekte.
Für die genannten Zweige sind im Laufe der Zeit Unterkomitees eingesetzt worden, die im Auftrage der Kolonieverwaltung den jeweiligen Betrieb verwalten, wobei der >Oberschulze bis heute in allen Bereichen die Hauptverantwortung trägt. Er leitet normalerweise auch die Verwaltungsrats- und Bürgerversammlungen. (>Auswanderungskomitee)
Uwe S. Friesen
Geschichtskomitee der Kolonie Menno (Hg.): Unter der heißen Sonne des Südens, 75 Jahre Kolonie Menno – Erste mennonitische Siedlung in Südamerika, 1927 – 2002. 1. Auflage, 2002; Martin W. Friesen: Neue Heimat in der Chacowildnis. 2. Auflage. Asunción: Imprenta Modelo, 1997, S. 564-586; Geschichtskomitee der Kolonie Menno (Hg.): Jacob A. Braun – Im Gedenken an jene Zeit, Mitteilungen zur Entstehungsgeschichte der Kolonie Menno. Asunción: Grafitec, 2001; Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. 2. erweiterte Auflage. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 2001, S. 90 u. 267-268.