Dollarkredite

Dollarkredite waren Kredite, die das >MCC aufnahm bzw. die durch Sammlungen in einzelnen nordamerikanischen Mennonitengemeinden zusammenkamen, um den Mennoniten bei Flucht, Unterbringung in Aufnahmelagern in Deutschland, Auswanderung und Wiederansiedlung (Ausrüstung und Landkäufe) im >Chaco zu helfen. Diese Kredite wurden den mennonitischen Siedlern der Kolonien >Fernheim (1930) und >Friesland sowie später >Neuland und >Volendam (1947) gewährt, ohne dass es formelle Kreditanträge bzw. -verträge gegeben hätte. Dadurch hat es bei der Rückzahlung mitunter Unstimmigkeiten zwischen dem MCC als Kreditnehmer und Vermittler und den Kolonien als den eigentlichen Empfängern gegeben. Diese Dollarkredite wurden von den mennonitischen Siedlern als Zeichen großzügiger brüderliche Hilfe betrachtet.
Großzügig verhielt sich das MCC auch hinsichtlich der Tilgung der Schuld. Zwei Beispiele verdeutlichen dies: 1. Friesland, den 16. Januar 1953, Komiteesitzung von 19.30 bis 23.30 Uhr, Punkt 2: Die alte Reiseschuld: Das MCC ist der Meinung, dass diese Schuld stets eine Dollarschuld sein sollte. Die Kolonie aber habe die vereinbarte Gesamtschuld in einigen Jahren getilgt, jedoch stets nur mit dem Kurs 1US$ = G. 3,05 abgerechnet. Nach eingehender Besprechung fragt Br. Orie O. Miller: Seid Ihr als Komitee der Meinung, die Kolonie Friesland hat die alte Reiseschuld bezahlt? – Das Komitee (alle): Ja. – Orie O. Miller: Dann ist unsere Antwort auch: Ja, sie ist bezahlt. 2. Asunción, im Jahre 1957 fragt Orie O. Miller den Volendamer Oberschulzen Jakob >Redekopp: Seht Ihr den Landkauf des MCC für Euch als eine Dollarschuld? JR: Nein, eine Guaraní-Schuld! – Orie O. Miller: Dann soll es für uns auch so sein. (Kurs beim Kauf des Landes 10 Jahre zuvor: 1US$ = G. 3,05 und zur Zeit des Gesprächs 1US$ = G.130.-).
Dollarkredite erhielten die Kolonien auch, um ihren wirtschaftlichen Fortschritt in Gang zu setzen.
Die Zeit der Ansiedlung blieb über zwei Jahrzehnte von dem Gefühl bestimmt, dass ein Überleben im Chaco und auch in den beiden Kolonien in Ostparaguay fast nicht möglich war, da die Produktion kaum für den eigenen Bedarf reichte und der Absatzmarkt in Asunción nur schwer erreichbar war. So herrschte bei vielen Siedlern die Neigung zur Abwanderung vor.
Man sah nur einen Ausweg: Die Erhöhung der Produktion und die Verarbeitung der Rohprodukte, um einen Mehrwert zu erzielen und den Lebensstandard zu erhöhen.
1953 schickte Fernheim schließlich den Oberschulzen Heinrich >Dürksen und Kornelius >Walde in die USA und nach Kanada. Sie sollten eine Anleihe von 100.000.- US$ aufnehmen. Es gelang ihnen nur mit Mühe, in oft kleinen Beiträgen, z. T. von Einzelpersonen eine Summe von 76.000.- Dollar zu sammeln mit einer Rückzahlungsfrist von 13 Jahren. Damit konnten eine Reihe von Investitionen gemacht werden: Eine große Dampfmaschine als Energiequelle für die Industrieanlage, eine Ölpresse und Molkereimaschinen. Dies gab der Wirtschaft wichtige Impulse und wirkte ermutigend. Der Kredit wurde pünktlich zurückgezahlt!
Auch Friesland und die anderen Kolonien verhandelten mit dem MCC, um Zugang zu Krediten zu erhalten. Das MCC war grundsätzlich dazu bereit, Kredite zu vermitteln, drängte aber seinerseits darauf, dass die Kolonien Kooperativen bildeten, die einerseits Verhandlungspartner sein, andererseits aber auch die notwendige Zusammenarbeit unter den Siedlern garantieren sollten.
Auf einer Bürgerversammlung in Friesland am 12. November 1947 erklärte C.A. >DeFehr als Vertreter des MCC: Hier in Paraguay aber muss – durch Förderung von Handel und Industrie – der Lebensstandard der mennonitischen Kolonien gehoben werden. Dies kann jedoch nur wirkungsvoll geschehen, wenn alle Kolonien – Menno, Fernheim (incl. alle >Flüchtlinge, später Neuländer), Volendam und Friesland – wie ein Mann dabei sind. Auch müsste dann eine Verwaltungsspitze in Asunción geschaffen werden. Das MCC ist der Meinung, dass nur – und dies gelte besonders auch für Friesland – auf kooperativer Basis noch irgendeine bessere Zukunft zu suchen ist. Und dieser Zusammenschluss ist die Vorbedingung des MCC für jede Hilfe. Das große Ziel aber ist: Der Zusammenschluss aller Kolonien in einer großen Kooperation, denn nur in der Einigkeit liegt die Stärke! Auf dieser Sitzung stimmten die Friesländer für die Gründung einer eigenen Kooperative.
Ähnliches geschah in Neuland, Volendam und Menno: Jede Kolonie besaß Anfang der fünfziger Jahre zur Lösung wirtschaftlicher Fragen und Kanalisierung von Krediten ihre Kooperative, auch wenn die Idee, eine für alle Kolonien gemeinsame Kooperative zu bilden, Utopie blieb. Aber auch die Privatinitiative konnte jetzt gefördert werden. Dies geschah durch nordamerikanische christliche Geschäftsmänner über MEDA (>Mennonite Economic Development Associates, >Millionenkredit).
Alfred Fast sen.
Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. 2. erweiterte Auflage. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 2001.