Um den Lehrermangel in der >Kolonie >Fernheim zu beenden, wurde 1940 in >Filadelfia von Dr. Fritz >Kliewer und seiner Frau Margarete ein >Pädagogischer Kursus eingerichtet, der in zwei Jahren, aufbauend auf die zehnjährige allgemein bildende Schulausbildung, zum Lehrerberuf führen sollte. Ein zweijähriger und ein einjähriger Pädagogischer Kursus wurden durchgeführt, ehe diese Bildungsanstalt aus ideologischen und politischen Gründen geschlossen wurde.
Unter der Leitung von C. C. >Peters, der aus Kanada kam, wurde der Pädagogische Kursus 1947 mit neuem Lehrpersonal wieder aufgenommen. Das war erforderlich geworden, denn die neu gegründeten Siedlungen >Neuland und >Volendam brauchten dringend Lehrer. Als Peters 1952 Paraguay verließ, wurde die Lehrerausbildung erneut für zwei Jahre unterbrochen. Doch seit 1955 ist die Lehrerbildungsanstalt ununterbrochen in Betrieb gewesen.
Ab 1955 sprach man vom Lehrerseminar, obwohl inhaltlich noch keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen worden waren. Ab den sechziger Jahren setzte die finanzielle, personelle und materielle Förderung des Lehrerseminars von Seiten der Bundesrepublik über die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen ein, die zu erheblicher Verbesserung der Ausbildung beitrugen.
Von einschneidender Bedeutung war die teilweise staatliche Anerkennung des Lehrerseminars durch das Erziehungs- und Kultusministerium in Asunción. Fortan konnten die Absolventen des Lehrerseminars in Filadelfia durch ein Zusatzjahr an einer Escuela Normal in Asunción ein staatlich anerkanntes Lehrerdiplom erhalten. Als 1974 eine >Schulreform im ganzen Land durchgeführt wurde, die zur Folge hatte, dass alle Lehrerseminarstudenten über einen Bachiller-Titel (Abitur) verfügen mussten, ergriffen auch die Mennoniten die Gelegenheit, ihre Schul- und Lehrerbildung von Grund auf zu reformieren.
Im Jahr 1979 wurde von der >Allgemeinen Schulbehörde der Mennoniten in Paraguay in der Trägerschaft der fünf Kolonien (>Fernheim, >Friesland, >Menno, >Neuland und >Volendam) das bilinguale Lehrerseminar gegründet. Es hieß jetzt das Gemeinsame Lehrerseminar (Instituto de Formación Docente) und ist inzwischen in Deutsch in das Institut für Lehrerbildung (IfL) umbenannt worden. Diese bilinguale Lehrerbildungsanstalt ist staatlich anerkannt und bildet in drei Jahren Primarschullehrer aus. Die staatliche Anerkennung brachte es mit sich, dass das staatliche Lehrerbildungsprogramm voll übernommen werden musste. Dennoch werden nach wie vor Deutsch, Religion und Musik nach eigenen Lehrplänen unterrichtet, und auch in den übrigen Fächern werden die Studenten teilweise mit Hilfe von deutschen Lehrmaterialien ausgebildet.
Deutsch und Spanisch sowie ein staatlich anerkanntes Sekundarschulabschlusszeugnis sind Voraussetzungen, um am Institut für Lehrerbildung studieren zu können. Obwohl das Institut von Mennoniten geleitet wird, müssen die Studenten nicht zum mennonitischen Bekenntnis gehören. Lehrer aus der Bundesrepublik und Lehrer aus Asunción tragen als native speakers nicht nur zur Verbesserung der sprachlichen Ausbildung bei, sondern setzen auch pädagogische und didaktisch-methodische Impulse. Auf diese Weise erhalten die Dozenten des Instituts den Kontakt zur Außenwelt nicht nur auf Grund von Fachzeitschriften, sondern bleiben auch durch den täglichen persönlichen Gedankenaustausch auf dem Laufenden.
Jakob Warkentin
Jakob Warkentin: Das bilinguale Lehrerseminar in Filadelfia. In: Ders: Erziehung und Bildung im Raum der Schule, Asunción 2007, S. 286 ff.