Evangelische Mennonitengemeinde Tres Palmas

Die evangelische Mennonitengemeinde Tres Palmas wurde im Januar 1966 von 22 Personen gegründet. Sie kamen aus der Kolonie >Bergthal. Die traditionsgebundene Lebensführung und die konservative Gemeindeform in Bergthal befriedigte eine Anzahl von Gliedern nicht mehr. Mit einer neuen Lebenseinstellung begannen einige Familien in Bergthal eine Sonntagsschule für Kinder, und die Erwachsenen versammelten sich zu wöchentlichen Bibel- und >Gebetsstunden. Zuspruch und geistliche Nahrung erhielten sie weiter durch die deutschsprachigen Radiosendungen von >HCJB aus Quito, Ecuador. Die Initiative für diese Arbeit ging von Agathe (Aggie) Braun und ihren Geschwistern Jack (Landbesitzer), Käthe (Krankenschwester), Annie (Missionarin), Netie und Helen aus.
Agathe hatte im >Hospital Mennonita Km 81 vom 12. Oktober 1958 bis zum 5. März 1960 einen >Christlichen Dienst (CD) verrichtet und war dadurch für die Mission begeistert worden. Anschließend besuchte sie für zwei Jahre das mennonitische Bibelseminar in Montevideo (>Seminario Evangélico Mennonita de Teología). Nach ihrer Rückkehr fing sie in Bergthal mit den Kindern eine Sonntagsschule an und mit den Eltern hielt sie Bibel- und Gebetsstunden ab. Mit dem traditionell geführten Unterricht in der Schule der >Kolonie gab sich die am Bibelkreis beteiligte Gruppe nicht mehr zufrieden. Sie errichteten eine eigene Schule, um ihren Kindern einen zeitgemäßen Unterricht zu bieten. Mehr und mehr fühlte die kleine, noch nicht als Gemeinde organisierte Schar die Notwendigkeit, einen eigenen Prediger zu haben. Die Arbeit und die Ansprüche wuchsen. Im März 1964 kam Prediger Frank Kroeker aus Kanada, der zu der Zeit im >Chaco als Missionar unter den Indianern auf der Missionsstation La Esperanza diente, in die Kolonie und besuchte die Bibelgruppe. Ihm trugen die Gläubigen ihre Sorge vor. Diese Sorge teilte Kroeker brieflich seiner Missionsbehörde in Kanada mit, die ihn darauf am 26. Mai 1964 als ihren Missionar und Prediger für die noch unorganisierte Gemeinde entsandte. Da Kroeker von Kanada aus der >Evangelical Mennonite Church angehörte, ergab es sich, dass die neue Gemeinde in Bergthal sich im Laufe von etwa zwei Jahren zu einer EMC-Gemeinde entwickelte, der ersten in Paraguay.
Nach den Regeln und der Lebensweise der Bergthaler Gemeinde war eine zweite Gemeinde mit eigener Schule in der Siedlung inakzeptabel, so dass die neue Gemeinde sich entschloss, diese außerhalb von Bergthal zu bauen. Nördlich von Bergthal, auf der linken Seite des Flusses Yukyry (das Land gehörte der Compañía Forestal Hispano-Paraguay) bauten sie die Schule, die im Juni 1964 mit 16 Schülern den Unterricht mit Frank Kroeker als erstem Lehrer begann. In Tobatí (>Tres Palmas) war ebenfalls eine kleine Schule für die Kinder der dort beschäftigten Eltern gegründet worden.
Währenddessen wuchsen die Spannungen zwischen der alten und der neuen Gemeinde. Unter diesem Druck entschloss sich die kleine Gemeinde mit 10 Familien im Jahr 1970 einmütig, die Kolonie >Bergthal zu verlassen und nach Lucero überzusiedeln. Auch die Schule wurde vom Yukyry nach Lucero verlegt. Da die Siedler von Lucero und von Tobatí nur durch einen kleinen Fluss voneinander getrennt waren, schlossen sie sich auf schulischer wie auch gemeindlicher Ebene zusammen und gingen gemeinsam voran, wenn sie auch aus verschiedenen Gemeinden und Siedlungen kamen und manche Unterschiede aufzuweisen hatten. Im Laufe der Zeit haben die Siedler sich einander angeglichen und zueinander gefunden.
Zur Krisenzeit für die Gemeinde wurde das Jahr 1983 und die darauf folgenden Jahre. Wohnungen, die Sägemühlen, Möbelfabriken, Zäune und Weiden wurden ein Opfer des großen Wassers des Wasserkraftwerkes von Acaray. Viele Bewohner verloren dadurch ihre Verdienstmöglichkeit und verließen die Kolonie. Die Frage wurde akut, ob die Kolonie und damit auch die Gemeinde noch weiter bestehen könne. Mit dem Boot mussten die Kinder über den See zur Schule gebracht werden. Mit dem Boot fuhren die Leute auch zum Gottesdienst. Tags ließ sich das bei gutem Wetter schon machen, nicht aber nachts und bei starkem Regen. Alle gemeinsamen abendlichen Veranstaltungen fielen damit weg. Um das Transportproblem zumindest teilweise zu lösen, wurden das Schulgebäude und die Kirche von Lucero nach Tres Palmas verlegt, wo der größere Teil der Gemeindeglieder ansässig war. Neben Tres Palmas war noch Florida als ein weiteres Dorf entstanden. Doch damit war das Problem nur teilweise gelöst. Die Isolierung von Tres Palmas kam erst zum Abschluss, als die Regierung 1993 – 1994 einen Weg und eine Brücke zwischen Lucero und Tres Palmas baute. Zu Beginn des Jahres 2008 hatte die Gemeinde 85 Glieder.
Gemeindeleiter waren im Laufe der Jahre: Frank Kroeker (1964 – 1966 und 1968 – 1971); Jakob Braun (1972 – 1981); Frank Kroeker (1982 – 1983); Herbert Siemens (1984 – 1993); Berthold Friesen (1994 – 1999); Ernst Reger (ab 2000).
Ein reger Missionsgeist ist dieser Gemeinde eigen. Noch bevor es zur Gemeindegründung kam, bemühte sich Jack Braun, den auf seinem Landkomplex lebenden Indianern geistlich, wirtschaftlich und sozial zu helfen. 1970 kaufte die Gemeinde 11 km nördlich der Kolonie 600 ha Land, um dort die zerstreut lebenden Indianer anzusiedeln und ihnen geistlich, kulturell und wirtschaftlich zu helfen. So entstand hier die Indianersiedlung Santa Teresa. 1974 wurde die Siedlung durch den Zukauf von Land noch einmal um 300 ha erweitert. Neben der Gemeindearbeit hilft man den Mbya-Guaraní-Indianern auf medizinischer, schulischer und wirtschaftlicher Ebene. Die EMC aus Kanada unterstützt dieses Unternehmen finanziell.
In der Paraguayersiedlung Syriká, 10 km westlich von Tres Palmas, hat die Gemeinde ein Gemeindegründungsprogramm begonnen. Das Hospital im Dorf Lucero wird von der Gemeinde unterhalten, dient den Bürgern der Kolonie und wird zugleich als Missionskrankenhaus betrieben. In Lucero befindet sich außerdem ein Freizeitlager, wo jährlich Freizeiten für Jugendliche, die aus verschiedenen Ortschaften und Gemeinden Paraguays kommen, durchgeführt werden.
Die Verkündigung des Evangeliums in mehreren Sprachen über Radio war ein besonderes Anliegen der Gemeinde. Dies geschah zunächst über den Sender ZP-19 in Caaguazú. 1993 entstand in Bergthal die >Evangelische Mennonitengemeinde Neues Leben mit seelsorgerlicher Unterstützung der Gemeinde in Tres Palmas. Seit 1999 hat die Gemeinde in Zusammenarbeit mit anderen ihren eigenen Sender, >Radio Mensajero, der kulturelle und christliche Sendungen ausstrahlt. (>Confraternidad Evangélica Menonita del Paraguay).
Gerhard Ratzlaff
Gerhard Ratzlaff: Ein Leib – viele Glieder. Die mennonitischen Gemeinden in Paraguay. Hg. Gemeindekomitee. Asunción: Makrografic, 2001, S. 153-160; Sue Barkman: Ever-Widening Circles: EMC Missions Silver Jubilee 1953 – 1978. Steinbach, Manitoba: Evangelical Mennonite Conference, 1978, S. 89-130.