Das Prinzip der Absonderung bei den Mennoniten geht auf die Entstehung des Täufertums im 16. Jahrhundert zurück und ist begründet in ihrem Verständnis von der Gemeinde als einer Gemeinde, die nicht habe einen Flecken oder Runzel (Eph. 5, 27). So heißt es in der Brüderlichen Vereinigung, bekannt als >Schleitheimer Bekenntnis: Nun gibt es nie etwas anderes in der Welt und in der ganzen Schöpfung als Gutes und Böses, gläubig und ungläubig, Finsternis und Licht,
Christus und Bilial, und keines kann mit dem anderen Gemeinschaft haben (Fast 1962, 64). Die >Täufer bekannten sich als die reine neutestamentliche Gemeinde und alles, was sich außerhalb befand, war die Welt und die Finsternis, einschließlich die anderen Kirchen. Ihren kühnen Standpunkt begründeten sie mit der Bibel: 2. Kor. 6, 17-18; 2. Thes. 3, 6 und 14; Jes. 48, 20 u.a. Doch muss hier klar gestellt werden, dass nicht alle Täufer diese Ansicht über die scharfe Absonderung teilten.
>Menno Simons (1496 1561) ist ein starker Vertreter der Absonderung (vgl. Die vollständigen Werke Menno Simons II, S. 98-109; 635-640). Seine Haltung kommt besonders in Fragen der Gemeindedisziplin und in den Schriften von der Exkommunikation und dem Bann zum Ausdruck. Er fühlte den heiligen Auftrag, die reine Gemeinde ohne Flecken und Runzel inmitten dieser Welt herzustellen.
In den nachfolgenden Fluchten bzw. Wanderungen der Täufer/Mennoniten nach Preußen und Russland wurde das Konzept von der Absonderung von der sündigen Welt unter dem Druck der Verhältnisse (Verfolgung und sozialer Druck in Preußen einerseits, großzügige Privilegien und Freiheiten in Russland andererseits) auf eine soziale und räumliche Absonderung (in separaten >Kolonien) übertragen und bestand nicht mehr so stark in der Betonung eines heiligen Wandels, der in der Absonderung von einem sündigen Leben seinen Ausdruck findet.
Das Prinzip der Absonderung wird auch von den Mennoniten Paraguays betont, aber von den verschiedenen Gruppen sehr unterschiedlich gehandhabt. Als die ersten Mennoniten aus Kanada nach Paraguay kamen, taten sie dies u. a., weil die Welt (die englische Sprache und Kultur) zu stark in ihre Gemeinden eindrang. In Paraguay wurde ihnen durch >Gesetz 514 die Absonderung von der Welt, die in der räumlichen Trennung von der paraguayischen Gesellschaft bestand, zugesprochen, so dass sie in ihren Siedlungen ungehindert nach ihren Glaubensprinzipien leben konnten. Inzwischen hat sich die Auffassung von der Absonderung unter den Mennoleuten stark gewandelt, indem sie nun weniger Gewicht auf die räumliche Trennung legen.
Die Russlandmennoniten, die ab 1930 ins Land kamen, suchten nicht grundsätzlich die räumliche Trennung, obwohl sie die Möglichkeit, in einer räumlich getrennten Kolonie zu leben, dann doch freudig begrüßten und sie als ein überliefertes Glaubensgut schätzten. Die >Sommerfelder und >Bergthaler, die 1948 von Kanada nach Paraguay kamen, betonten wiederum die gemeindliche Geschlossenheit und die räumliche Trennung nach überlieferten Formen.
Die >mexikanischen Mennoniten, die ab 1969 von Mexiko nach Paraguay einwanderten, legen ebenfalls großen Wert auf die Absonderung durch räumliche und soziale Trennung und ein Leben in einer fest geschlossenen Gemeinschaft nach alt überlieferten Formen (etwa Kleidertracht) und Normen (>Rio Verde, >Nueva Durango).
Ganz anders macht sich das Prinzip der Absonderung bei den >konservativen amerikanischen Mennoniten bemerkbar. Sie legen weniger Gewicht auf räumliche Trennung von der nationalen Gesellschaft. Sie halten sich dabei, wie keine andere Gruppe in Paraguay, an das Prinzip von Schleitheim und fordern Trennung von der sündigen Welt und von weltlichen Geschäften. Daher haben sie neben der Gemeinde keine zusätzliche Kolonieverwaltung. Beteiligung an der Politik oder an geschäftlichen Unternehmen mit jemandem außerhalb ihrer Gemeinde kommt für sie nicht in Frage. Sie werden ihr Recht auch nicht vor einem weltlichen Gericht verteidigen.
Gerhard Ratzlaff
Heinold Fast: Der linke Flügel der Reformation. Bremen: Carl Schünemann Verlag, 1962, S. 60-71; Stichwort Absonderung in: Christian Hege u. Christian Neff (Hg.): Mennonitisches Lexikon. Erster Band. Weierhof [Selbstverlag] 1913, S.11-12; Die vollständigen Werke Menno Simons. Pfad-Weg Ausgabe, Pathway Publishing Corporation, 1965; Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 1988; Gerhard Ratzlaff: Ein Leib – viele Glieder. Die mennonitischen Gemeinden in Paraguay. Hg. Gemeindekomitee. Asunción: Makrografic, 2001, S. 161-192.