Ediger, Johann

Homöopathischer Arzt mennonitischer Abstammung aus Russland, der von der >Corporación Paraguaya verpflichtet wurde und 1929 in den >Chaco kam, um die Chacosiedler zu betreuen.
In seinen Jugendjahren war Ediger schwer erkrankt, und da man ihm im Krankenhaus nicht helfen konnte, entließ man ihn, damit er zu Hause sterben könne. Durch eine längere strikte homöopathische Behandlung wurde er gesund. Darauf begann er seine Studien auf diesem medizinischen Gebiet, welche er in Deutschland erweiterte. In Russland nahm er anschließend noch das Medizinstudium in Charkow auf, welches er 1912 mit dem Titel eines Feldschers abschloss.
In den 1920er Jahren kam er mit seiner Familie aus Russland nach Deutschland, wo er in Lössnitz im Erzgebirge wohnte. Dort erfuhr er auch von der Auswanderung der Mennoniten aus Kanada nach >Paraguay, so dass er sich um die Möglichkeit bewarb, dort als Arzt tätig zu werden.
Bereits im Jahre 1927 hatte er sich an den Vorstand des mennonitischen Siedlerlagers in >Puerto Casado gewandt und sein Interesse bekundet, sich im Chaco der mennonitischen Siedlung anzuschließen. Er wolle ganz besonders durch Homöopathie in diesem Staate, der ein Friedensstaat zu werden verspreche, ein Fundament legen und hier aufklärend zur Selbstbehandlung wirken, auch bei komplizierten Krankheiten. Ediger gab nämlich an, sich schon seit fünfundzwanzig Jahren mit der homöopathischen Heilmethode befasst und dabei schon viele Erfolge mit dieser “giftfreien” Medizin erzielt zu haben.
Auf Einladung von Samuel >McRoberts schiffte er sich mit seiner Familie im Oktober 1929 in Hamburg ein. In Asunción traf er sich mit dem amtierenden Staatspräsidenten zu einem Gespräch. Dabei ging es darum, eventuell weitere mennonitische Siedler, die aus Russland kommenden Flüchtlinge, in Paraguay aufzunehmen. Ediger war in diesem Zusammenhang auch Vertrauter von B. H. >Unruh, der sich in Deutschland für die Russlandflüchtlinge einsetzte. Sein Einsatzort war Hoffnungsfeld auf dem Weg in die neu angelegte >Kolonie >Menno, wofür er von der Corporación Paraguaya verpflichtet worden war. Er wohnte mit seiner Frau und zwei Kindern in der Nähe von >Hoffnungsfeld auf einem Kamp; 100 Acker Land hatte die Corporación Paraguaya ihm zur Verfügung gestellt. Dort widmete er sich auch mit Begeisterung dem Ackerbau, nach dem Motto: Regenwetter ist Pflanzwetter.
Weil die Corporación Paraguaya ihm die Reise finanziert hatte, sollte er alle 14 Tage eine Rundreise durch Menno machen, um die Siedler gesundheitlich zu betreuen. Er behandelte, anfangs kostenlos, Kranke aus Menno und etwas später auch aus Fernheim mit seinen homöopathischen Mitteln. Außer ihm gab es in beiden Kolonien keinen Arzt und deshalb wurde er auch wiederholt in Krankheitsfällen aufgesucht. Einen Vertrag oder eine Abmachung zwischen den Mennoniten und Herrn Ediger hat es trotzdem nie gegeben.
G. Schartner aus >Fernheim schreibt im >Mennoblatt vom November 1931: Die ersten Kranken wurden von Herrn Dr. Ediger aus Hoffnungsfeld behandelt. Öfters hat er trotz der großen Entfernung seines Wohnortes von unserer Kolonie dieselbe per Auto besucht, den Kranken Medizin verabreicht und gute Ratschläge bezüglich des Verhaltens während des Klimawechsels erteilt. Am meisten zu schaffen machte den Siedlern eine sehr verbreitete Augenkrankheit, so dass Leute zu ihm sagten: Wenn diese Krankheit nicht verschwindet, wandern wieder alle aus.
Die Typhuserkrankung war in Menno kein gesundheitliches Problem mehr, als Ediger kam. Mehrere Fernheimer kannten Ediger noch von Russland her. Hier wurde er nun zur Hilfe gerufen, als die >Typhusepidemie ausbrach und auch da viele Opfer forderte.
Sehr durchgesetzt hat sich in den Kolonien die homöopathische Behandlungsmethode nicht. Herr Ediger blieb auch nicht sehr lange im Chaco, sondern kehrte bald nach Deutschland zurück. Sein Sohn Hans wohnte später mit seiner Familie in Argentinien, wo er in der Kriegsmarine tätig war.
Die beinahe einzige Erinnerung an die kurze Zeit, in der der Homöopath Ediger im Chaco gewirkt hat, war, dass der kleine Bittergraskamp, auf dem die Familie gewohnt hatte, noch lange Jahre “Edigerkamp” genannt wurde.
Uwe S. Friesen/Rudolf Dyck
Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. 2. erweiterte Auflage. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 2001, S. 53-54 u. 323; Walter Quiring: Deutsche erschließen den Chaco. Karlsruhe: Heinrich Schneider, 1936, S. 147; Regine Breuninger de Guenther: Geschichte des Gesundheitswesens der Kolonie Menno von 1927 – 1980. [Masch. Schrift]; G. Schartner: Mennoblatt 2 (1931) 11, S. 1.