Landbesitz

Für die Mennoniten war der Landbesitz schon über Jahrhunderte ein zentrales Thema. Sowohl in Preußen und Russland wie auch in Kanada und >Paraguay drehten sich die Siedlungsunternehmen um den Landkauf.
Als kanadische Mennoniten zu Beginn der 1920er Jahre den Blick auf Paraguay warfen, um neu anzusiedeln, suchte man nach geeignetem Siedlungsland und fand es mitten im wilden >Chaco. Die Hochkämpe schienen den Einwanderern für Ackerbau geeignet zu sein. So kaufte die >Kolonie Menno 55.815 ha Land von der Casado-Gesellschaft. Als Anzahlung gaben die Siedler ihr Land in Kanada, wo 17.805 ha verkauft wurden. Der Preis für das Land im Chaco wurde auf US$ 12.- pro ha festgelegt.
Als >Fernheim 1930 angelegt wurde, vermittelte das MCC den >Landkauf im Chaco; die Kolonisten waren die Vertragspartner, um das Land von der >Corporación Paraguaya zu erwerben, wonach jeder Familienvater 40 ha Land für U$20.- pro ha erhalten sollte. Die Verhandlungen liefen noch einige Jahre weiter, weil nicht alles Land gleich bezahlt werden konnte. 1937 wurde dann durch Vermittlung des MCC angeboten, dass Kolonisten je 100 ha für einen Dollar pro Hektar erwerben konnten; bei langjährigen Ratenzahlungen stieg der Preis auf 1,50 Dollar je ha.
Die Kolonie >Friesland wurde 1937 im Departamento San Pedro angelegt. Landsucher suchten ein geeignetes Landstück und fanden schließlich einen Landkomplex von 7.000 ha 45 km östlich von >Rosario, das in sieben Jahren abgezahlt werden konnte. Zu Beginn der 1960er Jahre kaufte Friesland das Land der Hutterer, deren Land an das der Kolonie grenzte, hinzu.
Die Kolonien >Neuland und >Volendam entstanden 1947/48. Das MCC vermittelte das Land, um diese >Flüchtlinge anzusiedeln. Im Chaco wurden 74.000 ha Land vom MCC für die neu zu gründende Kolonie Neuland zur Verfügung gestellt. In Ostparaguay war es ein Landkomplex von 13.000 ha, auf dem die Flüchtlinge ansiedelten und die Kolonie Volendam gründeten.
Die Kolonien >Sommerfeld und >Bergthal wurden in Caaguazú angelegt, Sommerfeld auf einem Landstück von 31.428,5 ha, das für 7,5 Dollar/ha erworben wurde. Die Kolonie Bergthal legte man auf einem Grundstück von 11.000 ha an.
Auch weitere Kolonien in Ostparaguay entstanden, indem gemeinsam ein Landkomplex erworben wurde (>Reinfeld 500 ha, >Rio Verde 20.526 ha, >Santa Clara 900 ha, >Nueva Durango 13.400 ha). Charakteristisch ist für alle Kolonien, dass im Laufe der Jahre Land hinzu gekauft wurde, sowohl von der Gemeinschaft als auch von einzelnen Bürgern derselben. Ein kurzer Streifzug durch die Geschichte des Landbesitzes der Kolonie Menno soll das Ringen um Land veranschaulichen.
In “Neue Heimat in der Chaco Wildnis”, 2. Ausgabe von 1997, berichtet M. Friesen auf Seite 167: Es hatten sich über 400 Familien für Paraguay entschieden. Jetzt musste man sich bemühen, das bewegliche und unbewegliche Vermögen loszuschlagen und in Paraguay neuen Besitz zu erwerben… Es wurden Vorträge über den Chaco gehalten, in denen Carlos Casado, zu der Zeit der größte Landeigentümer der Welt, die Vorteile des Landes hervorhob und es anstatt von drei bis fünf Dollar pro Hektar für 12 Dollar pro Hektar anbot. Außerdem sprach er den Einwanderern Mithilfe zu, wenn sie bei der Einwanderung und Ansiedlung in Not geraten würden.
Die interessierten Aussiedler mussten ihren Grundbesitz in Kanada auflisten, und dieses Land wurde zum Teil in bar bezahlt und der andere Teil als Zahlung für Land im Chaco gegeben. Damit “kaufte” man die ersten 30 Legua der Kolonie Menno, und sie wurden auf den Namen des Fürsorgekomitees geschrieben.
Auf diesem Land wurden im Jahr 1928 die ersten 14 Dörfer mit insgesamt 223 Wirtschaften angelegt. Bis zum Jahr 1943 war dieses der einzige Landkomplex der Kolonie Menno.
Ein Landstück angrenzend im Norden, welches dem MCC gehörte, untersuchte man, da aber nur wenig Kampland darauf vorhanden war und die wenigen Kämpe noch zu klein waren, um Dörfer anzulegen, begann man südöstlich angrenzendes Land zu suchen. Nach Südosten hin wurde eine Fläche von etwa 20 Legua untersucht und gekauft: Die Viehstation Campo León. Das Geld dazu lieh man von der Banco Nacional.
Östlich wurden noch weitere 10 Legua mit ziemlich viel Kampland zum Kauf angeboten. Aus Mangel an Geld verzog sich der Kauf bis zum Jahr 1945. Das Landstück lag auch sehr günstig, um weitere Dörfer anzulegen. Daher suchte die Kolonie nach Möglichkeiten das Land zu kaufen.
Schwierigkeiten bei den Landkäufen waren, dass andere Leute Anspruch auf das Land erhoben, indem sie Eigentumsrechte geltend machten, Einwohner befanden sich auf demselben Land sowie Preisschwankungen.
1946 brauchte die Kolonie dringend weiteres Land. Ein großer Landkomplex im Süden, 63 Legua, wurde schon von etlichen ausgesandten Kundschaftern untersucht, und mit Interesse befürworteten sie diesen Kauf. Dieser Komplex lag jedoch weit entfernt, mehr als 100 km von der schon bestehenden Kolonie, und Wege und Transport stellten somit – bei den damaligen Wegverhältnissen – ein besonderes Hindernis in der Entwicklung solch entfernter Region dar. Trotzdem entschloss man sich, die Landfläche der Kolonie auf einen Schlag um 77,41 % zu vergrößern. Geld dazu wurde durch den Geschäftsreisenden Jacob A. Braun in den USA geliehen.
Der Zukauf von Land blieb auch weiter ein wichtiges Thema, und es wurden wiederholt größere und kleinere Landkäufe getätigt: 1952 – 44.996 ha, 1953 – 21.507 ha. Zwischen 1953 und 1970 sind keine Ländereien aufgekauft worden. Ab 1970 kaufte man dann wieder Land: 1973 waren es von der Casado-Gesellschaft 41.033 Hektar, 1988 – 44.000 ha und 1994 – 47.000 ha Land, die gekauft wurden. Auch später sind verschiedene kleine und größere Landstücke bis zu 19.360 ha gekauft worden. Daraus wird ersichtlich: In den ersten 25 Jahren ihres Bestehens hat die Kolonie Menno fast 50 % des heutigen (2008) Grundbesitzes gekauft.
Das Land der Kolonien darf grundsätzlich nur an Mitglieder der Kolonie und Kooperative weitergereicht werden, und es wird oftmals in Kreditform vergeben. Dabei bleibt rechtlich gesehen die Asociación Civil oder die Kooperative der Eigentümer, während das Mitglied durch Zession ein Nutzungsrecht erhält.
Schon seit vielen Jahren kaufen immer wieder Bürger aus den >Mennonitenkolonien Ländereien außerhalb des Koloniegebietes und auf “Privattitel”. Deshalb ist es schwierig, den gesamten Landbesitz der Mennoniten in Paraguay zu erfassen.
Uwe S. Friesen
Martin W. Friesen: Neue Heimat in der Chacowildnis. 2. Auflage. Asunción: Imprenta Modelo, 1997; Geschichtskomitee der Kolonie Menno (Hg.): Jacob A. Braun – Im Gedenken an jene Zeit, Mitteilungen zur Entstehungsgeschichte der Kolonie Menno. Asunción: Grafitec, 2001; Peter P. Klassen: Die Mennoniten in Paraguay. Reich Gottes und Reich dieser Welt. 2. erweiterte Auflage. Bolanden-Weierhof: Mennonitischer Geschichtsverein e.V., 2001, S. 241-248; Adolf K. Sawatzky: Menno informiert 20 (2007) 3, S. 3-5; Walter Quiring: Deutsche erschließen den Chaco. Karlsruhe: Heinrich Schneider, 1936; Walter Quiring: Russlanddeutsche suchen eine Heimat: Die deutsche Einwanderung in den paraguayi-schen Chaco. Karlsruhe: Heinrich Schneider, 1938; Gerhard Ratzlaff: Ein Leib – viele Glieder. Die mennonitischen Gemeinden in Paraguay. Hg. Gemeindekomitee. Asunción: Makrografic, 2001; W. Regehr: Mennoblatt 55 (1984) 22, S. 3; Jakob W. Siemens: Mennoblatt 10 (1939) 1, S. 5; (Schreiber unbekannt) Mennoblatt 58 (1987) 17, S. 4.