Epp, geb. Ratzlaff, Katharina

Katharina Epp (1902 – 1984) wurde am 16. August 1902 (>Alter Stil) im Dorfe Steinfeld, Sagradowka, in Südrussland geboren. Ihre Eltern waren Abram und Katharina >Ratzlaff, geb. Fast. Im Jahre 1909 zogen ihre Eltern nach Sibirien in die Kulundische Steppe, wo eine große mennonitische Kolonie entstand, zuerst Barnauler, dann Slawgoroder Ansiedlung genannt.
Mit 20 Jahren erlernte sie in ihrem Geburtsort Steinfeld den Beruf des Trajchtmoakas (>Knochenarzt, wörtl. “Zurechtmacher”), dann in Slawgorod den Beruf der Hebamme und ab 1927 besuchte sie die Medizinschule in Halbstadt. Wegen des vordringenden Kommunismus musste sie ihr Studium frühzeitig abbrechen. Am 22. November 1929 heiratete sie Johann Epp und im Mai 1930 verließ das junge Ehepaar fluchtartig Lichtfelde, Molotschna, und begab sich nach Schumanowka an den Amur, wo sich Katharinas Eltern und Geschwister 1927 angesiedelt hatten. Im Dezember 1930 waren auch Katharina und ihr Mann auf der höchst dramatischen >Flucht über den Amur nach Harbin, China. Nach einer langen “Odyssee wider Willen” kamen sie schließlich im Mai 1932 in den paraguayischen >Chaco, wo sie mit anderen Siedlern das Dorf Karlsruhe in der Kolonie >Fernheim gründeten. Dem Ehepaar wurden in Paraguay sechs Kinder geboren.
Da es zu dieser Zeit noch keinen Arzt, weder in >Fernheim noch in >Menno, der Nachbarkolonie, gab, waren hier nun Frau Epps Kenntnisse als Hebamme und Trachtmoakasche gefragt. Ihren Beruf als “Hebamme / Volksheilerin / Beraterin” hat sie mit großer Hingabe und Aufopferung ausgeübt. Im Volksmund hieß sie “Dokta Apsche” (Frau Dr. Epp), bei den Mennos meist “Mumtje Apsche”. In der Zeit von 1932 bis 1943 hat Frau Epp 205 Geburten schriftlich festgehalten und sie verliefen glücklich bis auf einen Fall, wo die Mutter starb. Tage und Nächte war sie unterwegs und linderte körperliche und seelische Schmerzen. Ihre Patienten hatten ein unbegrenztes Vertrauen zu ihr. Als geschulte Ärzte in die >Kolonie kamen, wurde sie von der Last der Arbeit nach und nach befreit. Katharina Epp starb am 15.10.1984 in Filadelfia.
Gerhard Ratzlaff
Johann Epp: Mennoblatt 63 (1992) 12, S. 6-7; Katharina Epp: Mennoblatt 8 (1937) 5/6, S. 5; Abram Friesen u. Abram J. Loewen: Die Flucht über den Amur: Ein mennonitisches Dorf flüchtet (1930) aus dem sowjetrussischen Sibirien in die chinesische Mandschurai. Steinbach, Manitoba, Kanada: Echo-Verlag, 1942; Cornelius W. Friesen: Mennoblatt 51 (1980) 14, S. 5-6; Gerhard Ratzlaff: Vater Abram: Von der Ukraine über Sibirien und China nach Paraguay und Kanada. Eine mennonitische Lebensgeschichte. Asunción, Paraguay, [Selbstverlag], 2004; Gerhard Ratzlaff: “Katharina Ratzlaff Epp (1902-1984): Eine Frau, die diente und segnete”. In: Jahrbuch für Geschichte und Kultur in Paraguay, Jahrgang 6, 2005; Ruth Unrau: Der Bote 41 (1987) S. 10 und 12; übersetzt aus dem Englischen von Ingrid Janzen Lamp; Regine Breuninger de Guenther: Geburtshilfe in der Anfangszeit der Kolonie Menno: Von der Ansiedlung 1927/28 bis zur Entstehung des Krankenhauses Ende der 1940er Jahre. Hg. Geschichtskomitee der Kolonie Menno. Loma Plata, Paraguay, 2004, S. 35.