Allgeier, Wilhelm

Wilhelm Allgeier (1937 – 1991) wurde am 19. Juni 1937 in Nikolaifeld, Russland, geboren. Nachdem er bereits in Deutschland einige Jahre zur Schule gegangen war, beendete er seine schulische Laufbahn schließlich in >Volendam. Wilhelm Allgeier war einer der ersten Volendamer, der eine staatliche Lehrerausbildung anstrebte. Er hat einige Jahre als staatlich anerkannter Lehrer an der >Zentralschule von Volendam gearbeitet und ist früh in die Verwaltungsarbeit der >Kolonie Volendam eingetreten. Schon zu seiner Studienzeit in >Asunción war er Angestellter in der Vertretung der Kolonie Volendam, deren Vorsitz er später übernahm. Hier leistete er Arbeit für die ganze Gemeinschaft der Mennoniten in Paraguay.
Der >Nationale Weizenplan (ab 1965) war ihm ein persönliches Anliegen und in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium und der Zentralstelle für >Entwicklungshilfe aus Deutschland verhalf er diesem Projekt zum Durchbruch und trug somit maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung der Kolonie Volendam bei.
Von 1974 bis 1990 war er >Oberschulze der Kolonie und arbeitete für das Wohl der Kolonie. Sein größtes Verdienst liegt ohne Frage auf wirtschaftlicher Ebene.
Weit über die Grenzen der Kolonie hinaus genoss Allgeier großes Ansehen. Angefangen von der Bevölkerung auf dem Lande über Arbeitskollegen und Freunde in Asunción bis in die Regierungskreise hinein. In der Kolonie wurde er “Onkel Willi” genannt und von der Landbevölkerung respektvoll mit “Don Guillermo” bezeichnet. Allgeier starb am 24.02.1991.
Uwe Neufeld
Abram Regier: Mennoblatt 62 (1991) 7, S. 8; Adelheid Derksen: Mennoblatt 62 (1991) 10, S. 7.
Allgemeine Schulbehörde
Der unmittelbare Anlass für die Gründung der Allgemeinen Schulbehörde für die Mennoniten in Paraguay war die allgemeine >Schulreform in Paraguay, vor allem die Bestimmung, dass in Zukunft nur noch Schüler, die einen Bachilleratoabschluss hatten, ins >Instituto de Formación Docente eintreten konnten. Nach langen und intensiven Beratungen wurde von Vertretern der >Kolonien >Fernheim, >Friesland, >Menno, >Neuland und >Volendam am 27. November 1974 das Statut für die praktische Arbeit dieser Behörde mit folgender Zielsetzung angenommen:
a. Die Allgemeine Schulbehörde soll der verstärkten Zusammenarbeit der beteiligten Kolonien auf schulischem und kulturellem Gebiet dienen, deshalb wird dem gemeinsamen Vorteil der Gemeinschaft grundsätzlich der Vorrang eingeräumt gegenüber einem Einzelinteresse einer Kolonie.
b. Ihr Aufgabenbereich erstreckt sich auf alle schulischen und kulturellen Gebiete, die von den an der Allgemeinen Schulbehörde beteilig-ten Kolonien als gemeinsame Projekte angesehen werden.
c. Sie unterhält Verbindung zum Erziehungsministerium in Asunción und zu anderen schulischen und kulturellen Institutionen im In- und Ausland.
d. Sie will von ihrem christlichen Standpunkt aus dazu beitragen, dass die >Mennonitenkolonien ihre Aufgabe auf schulischem Gebiet auch gegenüber der übrigen Landesbevölkerung besser wahrnehmen können.
Im Auftrag der Allgemeinen Schulbehörde erstellte Peter Sawatzky (früher Neuland, heute Kanada) auf empirischer Grundlage einen Schulentwicklungsplan, der auch die anderen Ethnien im paraguayischen >Chaco berücksichtigte. Bei der Grobplanung verfolgte man folgende Zielsetzung: Die Planung des Schulwesens muss den besonderen Bedürfnissen der einzelnen Gruppen und des betreffenden Gebietes stärker Rechnung tragen. Sie geht davon aus, dass alle Kinder gleichwertig, nicht aber gleichartig (einheitlich) sind. Kinder der verschiedenen (ethnischen) Gruppen sollten ihre eigenen Schulen besuchen, damit sie die Gegenwart von ihrer Vergangenheit – Geschichte – her verstehen und akzeptieren lernen. Allerdings wird dies auch bedeuten, dass die eine Gruppe die Geschichte der anderen zu verstehen sucht. Wichtig ist, dass jeder das Anderssein des anderen im Leben akzeptiert und schätzt. Selbstverständlich schließt das nicht aus, dass der eine die Schule des anderen besucht. Es wäre sogar zu empfehlen.
Zu den gemeinsamen Projekten der Allgemeinen Schulbehörde gehören inzwischen das Institut für Lehrerbildung in Filadelfia (>Instituto de Formación Docente) , die >Berufsschule in Loma Plata und das >Bildungszentrum für Ernährung und Hauswirtschaft in Neu-Halbstadt. Um den Ansprüchen aller drei Kolonien im Chaco gerecht werden zu können, hat jede der drei Chacokolonien eine interkoloniale Bildungsinstitution erhalten (>Berufsbildung). Dem Proporzdenken ist damit Rechnung getragen worden, die bildungspolitische Praxis ist dadurch jedoch nicht optimal realisiert worden.
Jakob Warkentin
Jakob Warkentin: Die deutschsprachigen Siedlerschulen in Paraguay im Spannungsfeld staatlicher Kultur- und Entwicklungspolitik. Münster u. a.: Waxmann Verlag, 1998, S. 366 ff.